Open Europe
Open Europe ist eine der britischen Conservative Party (den Tories) nahestehende Denkfabrik in London mit einem Büro in Brüssel.
Open Europe setzt sich für ökonomische und politische Reformen in der EU ein. Diese Reformen sollen nach eigener Darstellung den Prinzipien der Subsidiarität, Transparenz und Eigenverantwortlichkeit folgen.[1] Für solche Reformen soll durch eigenständige Forschung, Öffentlichkeitsarbeit, sowie durch Kontakte in allen politischen Parteien, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft mobilisiert werden.[2] Gegründet wurde Open Europe als privates Unternehmen von britischen Geschäftsleuten, die die Denkfabrik auch finanzieren.
Open Europe Berlin (OEB) ist vom britischen Pendant formell unabhängig, arbeitet aber eng mit London zusammen. OEB hat die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH und wird hauptsächlich durch eine Spende des britischen Unternehmers und Spieleerfinders Tom Kremer finanziert.[3] Von 2010 bis 2015 war der Schwede Mats Persson Direktor von Open Europe. 2015 wurde er im Zuge der EU-Reformdebatte politischer Berater von Premierminister David Cameron. Persson war auch Mitgründer von Open Europe Berlin und im Vorstand vertreten.
Ziele
Die Denkfabrik steht in weiten Teilen der Europapolitik der Conservative Party des Vereinigten Königreiches nahe. Nach eigenen Aussagen sei es angesichts einer schwachen, wirtschaftlichen Entwicklung, dem zunehmenden globalen Wettbewerb und der demographischen Krise in Europa, dringend notwendig ein neues Modell der europäischen Zusammenarbeit zu finden, das mit der wirtschaftlichen Realität und den Präferenzen der Bürger in Einklang steht. Für die zukünftige Entwicklung der EU entwirft Open Europe das Programm einer schlankeren, nach außen blickenden EU, die den internen und globalen Freihandel erleichtert zugleich demokratisch, transparent sowie für ihr Handeln verantwortlich ist. Flexible Integration stellt für die Denkfabrik einen weiteren Schwerpunkt der zukünftigen Entwicklung Europas dar. Die EU soll flexibel genug sein, um Kompetenzen an ihre Mitgliedsstaaten zurückfließen zu lassen und diese in unterschiedlichem Ausmaß in die EU zu integrieren.[3]
Die Denkfabrik geht davon aus, dass die EU einen kritischen Moment in ihrer Entwicklung erreicht hat. Globalisierung, Erweiterungen, gescheiterte EU-Referenden und die Eurokrise würden der Vorstellung „einer immer engeren Union“ entgegenstehen. Europa habe jedoch das Potential die Herausforderungen zu meistern.[4]
Die Arbeit ist darauf ausgerichtet, „die Grundsätze einer marktwirtschaftlichen Ordnungspolitik […] als Kern einer europäischen Ordnungspolitik durchzusetzen“. Aus Sicht von Open Europe soll eine europäische Ordnungspolitik auf marktwirtschaftliche Basis erreicht werden, indem der Freihandel nach innen und außen gefördert und die Überregulierung eingedämmt wird. Geldverschwendungen offenlegen, für stabiles Geld eintreten und eine europäische Ordnungspolitik anstatt Interventionismus sind weitere Ziele der europakritischen Organisation.[1] Der Direktor von Open Europe Berlin, Michael Wohlgemuth, hat zudem in einem Aufsatz gemeinsam mit dem deutschen „Wirtschaftsweisen“ Lars Feld mehr direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild in der EU gefordert.[5]
Auszeichnung
Am 10. Juli 2012 hat der Think Tank von der britischen Publikumszeitung Prospect die Auszeichnung Think Tank des Jahres in der Kategorie „internationale Angelegenheiten“ erhalten.[6]
Kritik
In einem Leserbrief an die FAZ warf Jo Leinen, Präsident der Europäischen Bewegung International (EMI), der Denkfabrik vor, mit dem Werben für ein „offenes Europa“ insgeheim eine nationalistische und eigene britische Sicht von Europa zu verbreiten. Dies habe nichts mit dem Gründungsgedanken der EU als einem gemeinsamen Rechtsraum gemeinsam, in dem die gleichen Rechte für alle gelten und alle Mitgliedsstaaten füreinander einstehen. Mit der im Herbst 2012 eröffnete die Denkfabrik eine Filiale in Berlin werde nun versucht, eine EU-feindliche Stimmung auch in dem größten Land der EU entstehen zu lassen.[7]
Bernd Hüttemann, Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland (EBD), wirft der Denkfabrik vor, sie vertrete nicht die neutrale britische Position, sondern die parteipolitische Meinung der europaskeptischen Konservativen in Großbritannien, und gibt Open Europe eine Mitschuld am Brexit-Votum der Briten. So habe Open Europe der britischen Regierung das „Rosinenpicken“ in der Europäischen Union beigebracht. Es sei außerdem nicht nachvollziehbar, aus welchen Quellen sich Open Europe finanziere und wer im Hintergrund die Leitlinien vorgebe, so Hüttemann.[8]
Weblinks
Einzelnachweise
- Zielsetzung. (Nicht mehr online verfügbar.) Open Europe, archiviert vom Original am 21. September 2013; abgerufen am 2. Februar 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Open Europe Berlin. Lobbypedia, abgerufen am 17. Januar 2013.
- Neue Denkfabrik will europäische Ordnungspolitik ausarbeiten. In: FAZ. 29. Oktober 2012, S. 13 (PDF; 570 kB [abgerufen am 2. Februar 2014]). PDF; 570 kB (Memento des Originals vom 4. Februar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Our Vision. Open Europe, abgerufen am 17. Januar 2013.
- Lars Feld, Michael Wohlgemuth: Mehr Schweiz wagen! In: FAZ. Nr. 93, 22. April 2013, S. 18 (PDF; 222 kB [abgerufen am 2. Februar 2014]). PDF; 222 kB (Memento des Originals vom 21. Juni 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Think Tank of the Year Awards 2012. Prospect, 11. Juli 2012, abgerufen am 17. Januar 2013.
- „Raffiniert anti-europäisch“: EMI-Präsident Jo Leinen zur Büro-Eröffnung von Open Europe Berlin. Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland, 11. Januar 2013, abgerufen am 17. Januar 2013.
- Deutsche Welle (www.dw.com): Denkfabrik Open Europe: Absage für Brexit-Vordenker | Deutschland | DW | 21.09.2017. Abgerufen am 5. Oktober 2017.