Oflag VI-A
Oflag VI A war während des Zweiten Weltkriegs ein Offizierslager, ein Kriegsgefangenenlager für Offiziere in Soest. Es befand sich auf dem Gelände der 1938 errichteten Infanteriekaserne, der späteren belgischen Kaserne „Colonel BEM Adam“ (franz.) bzw. „Kolonel SBH Adam“ (fläm.).
Geschichte
Nutzung 1938–1945
Die Gebäude des Lagers wurden ab 1938 im Zuge des Ausbaus der Wehrmacht als Infanteriekaserne gebaut. Bereits vor Vollendung der Gesamtanlage wurden die Gebäude ab dem 15. November 1939 als Kriegsgefangenenlager für polnische Soldaten genutzt, die nach dem Überfall auf Polen in deutsche Gefangenschaft geraten waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Lager den Namen Stalag VI E, wobei „VI“ den Wehrkreis angibt. Nach dem Sieg über Frankreich verengte sich die Rolle des gewöhnlichen Kriegsgefangenenlagers auf die eines speziellen Lagers für Offiziere.
Ab dem 31. Juli 1940 waren ca. 1500 französische Offiziere interniert. Insbesondere an ihre Anwesenheit erinnert die heute unter Denkmalschutz stehende, von internierten Offizieren mit christlich-patriotischen Motiven ausgemalte Kapelle in einem der Kasernengebäude.[1]
Außer französischen Offizieren waren zeitweise auch niederländische Offiziere und Kadetten sowie ca. 1500 belgische Offiziere interniert. Die Lagerinsassen, zum Zeitpunkt etwa 5000, darunter auch russische Kriegsgefangene, wurden am 6. April 1945 durch alliierte Truppen befreit.
Das Oflag VI-A ist einer der Schauplätze des Romans „Haut und Knochen“ von Georges Hyvernaud.
Nutzung 1945–1951
Die Alliierten nannten das Lager „Camp Vantelot“. Bis 1946 diente es zur Unterbringung von Displaced Persons. Von 1946 bis 1951 wurde der Gebäudekomplex dann als „O-Lager“ für Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten verwendet.
Nutzung 1951–1994
1951 wurden die Gebäude des ehemaligen Lagers von den Belgischen Streitkräften in Deutschland übernommen, die die Anlage nach „Colonel BEM Adam“ benannten. Bei Colonel Armand Arthur Gabriel Adam handelt es sich um den ranghöchsten belgischen Kriegsgefangenen, der 1943 durch die Gestapo in Lüttich erschossen worden war.[2] Soest war bis Anfang der 1990er Jahre der größte belgische Garnisonsstandort östlich des Rheins, mit mehreren Kasernen in der Stadt.[3] Die belgische Garnison bestand bis 1994.
Seit 1994
Nachdem längere Zeit in der Stadt Soest Unklarheit darüber herrschte, was mit dem Kasernengelände geschehen sollte,[4] wird der Gebäudekomplex seit 1997 u. a. von einer Kunstinitiative unter dem Namen „Künstlerhaus Bem Adam“ benutzt.[5] Auch findet sich nun hier das „Museum der belgischen Streitkräfte in Deutschland“, eine Gedenkstätte an das Kriegsgefangenenlager sowie die erwähnte Gedenkkapelle.
Literatur
- Leo de Hartog: Officieren achter prikkeldraad 1940–1945. Hollandia, Baarn 1983, ISBN 90-6045-207-0.
- Gisela Rogge: Das Oflag VI A: gefangen in Westfalen: die Geschichte der französischen Kriegsgefangenen in Soest. Hrsg.: Geschichtswerkstatt Französische Kapelle e. V. Soest. Bad Sassendorf 1999.
- Georges Hyvernaud: Haut und Knochen. Roman, übersetzt von Julia Schoch; Suhrkamp, Berlin 2010 ISBN 978-3-518-22456-4.
- Raymond Gangloff: Cinq ans d'Oflags. La Captivité des officiers francais en Allemagne 1940–1945. Paris 1987.
- Georges Hyvernaud: Carnets d'Oflag. Paris 1999.
- Mechtild Brand: Weggesperrt : Kriegsgefangenschaft im Oflag VI A Soest. Essen : Klartext, 2014 ISBN 978-3-8375-0942-7.
Weblinks
Einzelnachweise
- Siehe geschichtliche Informationen auf der Website der „Französischen Kapelle“ sowie Informationen unter NS-Gedenkstätten.de
- Siehe niederländische Wikipedia: nl:Armand Arthur Gabriel Adam.
- Liste der einzelnen Standorte in Soest (Memento des Originals vom 29. Oktober 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Website des „Museums der Belgischen Streitkräfte in Deutschland“ in Soest.
- Unter anderem wurde das Gelände mehrere Jahre für das Musikfestival „Die Börde bebt“ genutzt. Aufsehen in der Stadt erregte insbesondere der Vorschlag von Muhammad Salim Abdullah zu Beginn der 1990er Jahre, das Gelände evtl. für eine Islamisch-Christliche Akademie zu nutzen.
- Website des Kunsthauses