Nukleare Festkörperphysik
Die nukleare Festkörperphysik ist ein Teilbereich der Experimentalphysik, bei dem kernphysikalische Messmethoden benutzt werden, um Eigenschaften von Festkörpern zu untersuchen. Ihre Messmethoden umfassen einen weiten Bereich verschiedener Effekte. Zum einen werden radioaktive Isotope verwendet, deren Kernstrahlung gemessen wird. Zum anderen werden stabile Isotope über die Wechselwirkung des Kerns mit elektromagnetischer Strahlung oder Teilchenstrahlung untersucht. Gemein ist allen diesen Methoden dabei nur, dass Eigenschaften bzw. Wechselwirkungen des Atomkerns für die Messung genutzt werden.
In der Forschung werden die Messmethoden der nuklearen Festkörperphysik von der Festkörperphysik und Festkörperchemie verwendet, um z. B. Informationen der lokalen Struktur in Kristallen zu erhalten. Dabei werden ausgewählte radioaktive Isotope als Messsonde verwendet, die in speziellen Einrichtungen, wie z. B. ISOLDE am CERN, hergestellt werden. Andere Methoden nutzen Teilchenstrahlung, um Streuung oder Kernreaktionen zu untersuchen. Dies erlaubt, abhängig von der konkreten Methode, qualitative Messungen von Elementkonzentrationen bis hin zur Messung quantitativer Tiefenverteilungen.
Messmethoden der nuklearen Festkörperphysik
Grundsätzlich können Methoden unterschieden werden in makroskopische und atomar-mikroskopische Methoden. Makroskopische Methoden beziehen sich auf Effekte, die z. B. über ein ganzes Kristallgitter gemittelt sind, wie z. B. die Neutronenbeugung. Atomar-mikroskopische Methoden beziehen sich auf die lokale Struktur um das Sondenatom herum. Der Effekt ist räumlich stark begrenzt und kann beispielsweise auch in isolierten Molekülen gemessen werden.
Makroskopische Methoden:
- Neutronenstreuung
- Tracerdiffusion
- Rutherford-Rückstreuung (Rutherford Backscattering, RBS)
- Kernreaktionsanalyse (NRA)
- weitere Methoden der Ionenstrahlanalytik z. B. PIXE und SIMS
Atomar-mikroskopische Methoden:
- Mößbauer-Effekt
- Gestörte Gamma-Gamma-Winkelkorrelation (Perturbed Angular Correlation, PAC)
- Kernspinresonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR)
- Kernorientierung (Nuclear Orientation, NO)
- Myon-Spin-Rotation, -Relaxation, -Resonanz (µSR)
- Gitterführungseffekt (Channeling)
Kernphysikalische Messmethoden finden auch Anwendung in der Medizin:
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
- Tracer-Methoden mit Radioisotopen
Literatur
- Günter Schatz, Alois Weidinger, Alois, Manfred Deicher: Nukleare Festkörperphysik - Kernphysikalische Messmethoden und ihre Anwendungen. 4. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, Freiburg 2010, ISBN 978-3-8351-0228-6.