Neues Theater (Leipzig)
Das Neue Theater war der Vorgängerbau des Leipziger Opernhauses. Der spätklassizistisch-historistische Bau stand von 1868 bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg an der Nordseite des Augustusplatzes.[1]
Geschichte
Es wurde in den Jahren 1864–1868 von Carl Ferdinand Langhans an der Nordseite des Augustusplatzes erbaut. Detailplanung und Bauleitung lag in den Händen des Leipziger Architekten Otto Brückwald. Zur Eröffnung am 28. Januar 1868 wurde Goethes Iphigenie auf Tauris gegeben. Das Neue Theater bot 1700 Sitz- und 300 Stehplätze und war für Schauspiel, Oper und Ballett gedacht. Da sich das Haus als ausgezeichnet für die Oper, für das Schauspiel jedoch als ungeeignet erwies, zog das Schauspiel ganz in das Alte Theater am Fleischerplatz (Theaterplatz, heute Richard-Wagner-Platz), während das Neue Theater zur Leipziger Oper avancierte.
1935–1938 wurden Zuschauerraum, Bühne und Orchestergraben umgebaut. Im Zweiten Weltkrieg, am 4. Dezember 1943, zerstörte ein alliierter Luftangriff das Gebäude. Bis zum Vortag der Zerstörung war die Bühne noch bespielt worden. Die Ruine wurde 1950 abgetragen und an gleicher Stelle nach mehreren Wettbewerben und Vorprojekten von 1956 bis 1960 die neue Oper errichtet, die, obwohl im damaligen Zeitgeschmack erbaut, in einigen Merkmalen an das Neue Theater erinnert.
Als Ausweichquartier der Oper diente von 1945 bis 1960 das Haus Dreilinden im Leipziger Stadtteil Lindenau.
- Foyer bei der Eröffnung 1868
- Im Saal des Neuen Theaters
- Blick von der Bühne in den Zuschauerraum (ca. 1930)
Skulpturenschmuck
Der bei Luftangriffen 1943 weitgehend zerstörte Bau besaß einen bemerkenswerten Skulpturenschmuck.[2] Das Giebelfeld über der Vorhalle, darstellend Die Poesie, an der sich die andern Künste begeistern, modellierte der Bildhauer Hugo Hagen, ebenso die große Giebelakroterie Apollo, Klio und Kalliope, die Seitenakroterien sind Werke von Eduard Lürssen. Die seitlichen Giebelreliefs Bacchuszug und Ceres als Kulturbringerin modellierte August Wittig, die Mittelakroterien darüber und auch von der Rückfront stammen von Emil Schiele. Bildhauer Lürssen schuf überdies drei Paare geflügelter Viktorien sowie Metopen an der Rückwand der Vorhalle, die von je zwei Genien begleiteten Musen Polyhymnia, Erato, Terpsichore, Urania und Euterpe darstellend. Die Akroterien des quadratischen Mittelbaus, große, von Greifen gehaltene Kandelaber, sind wiederum Werke von Bildhauer Wittig, der auch die zum Bau gehörenden acht großen Kandelaber, die von weiblichen Genien getragen werden, modellierte. Zum Theaterbau gehörte überdies eine Brunnengruppe Amor mit dem Delfin spielend von Bildhauer Lürssen. Mit Ausnahme der in Kunststein ausgeführten Reliefs waren die Skulpturen alle in Berlin aus bronziertem Zinkguss hergestellt worden.
Die Skulpturenelemente, die die Bombenangriffe überstanden hatten, wurden beim Abriss der Ruine abgetragen.
In der Vorhalle fanden 1868 die Büsten von 15 Dichtern aus alter und neuer Zeit Aufstellung, sämtlich von Bildhauer Hermann Knaur modelliert: Sophokles, Aristophanes, Plautus, Hans Sachs, Shakespeare, Calderón, Lope de Vega, Corneille, Goldoni, Molière, Oehlschläger, Friedrich Hebbel, August Wilhelm Iffland, August von Kotzebue und Adolf Müllner.[3]
- Ruine des Neuen Theaters um 1947
- Abbruch der Ruine im Juli 1950
- Teile des Tympanon-Frieses, ehemals am Frontgiebel (2013)
Uraufführungen (Auswahl)
- 1902 – Orestes von Felix Weingartner
- 1927 – Jonny spielt auf von Ernst Krenek
- 1930 – Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny von Bertolt Brecht und Kurt Weill
- 1931 – Die Blume von Hawaii von Paul Abraham
- 1937 – Viola von Ludwig Schmidseder
- 1943 – Catulli Carmina von Carl Orff
Siehe auch
Literatur
- Birk Engmann: Bauen für die Ewigkeit: Monumentalarchitektur des zwanzigsten Jahrhunderts und Städtebau in Leipzig in den fünfziger Jahren. Sax-Verlag, Beucha 2006, ISBN 3-934544-81-9.
- Friedrich Hofmann: Ein Bürgertempel der Kunst. In: Die Gartenlaube. Heft 49, 1866, S. 771–774 (Volltext [Wikisource]).
- Im Foyer eines Kunsttempels. In: Die Gartenlaube. Heft 10, 1872, S. 160–162 (Volltext [Wikisource]).
Weblinks
Einzelnachweise
- Annette Menting: Leipzig. Architektur und Kunst. Reclams Städteführer. Reclam, Stuttgart 2015.
- Illustrirte Zeitung, Nr. 1249, 8. Juni 1867, S. 397
- Illustrirte Zeitung, Nr. 1303, 20. Juni 1868, S. 438