nebenan.de
Das Netzwerk nebenan.de ist eine Internet-Plattform der Good Hood GmbH, Berlin, die Dienstleistungen zu Aufbau und Förderung von sogenannten Nachbarschaften anbietet. Darunter versteht der Betreiber, der mehrheitlich der Hubert Burda Media gehört,[2][3][4][5] Online-Communities, deren Teilnehmer tatsächlich in einem bestimmten Ort oder Stadtteil wohnen. Ein Benutzerkonto erhält man nur in der (nachgewiesenen) eigenen Nachbarschaft; nur mit dieser und angrenzenden Nachbarschaften kann man in Kontakt treten. Das Netzwerk wurde von einem sechsköpfigen Gründerteam rund um Christian Vollmann aufgebaut und Ende 2015 in Betrieb genommen.[6] Die Plattform finanziert sich durch Einnahmen aus lokaler Werbung, aus freiwilligen Beiträgen[7] und aus Gebühren für sogenannte Organisationsprofile.
nebenan.de | |
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Soziales Netzwerk | |
Sprachen | Deutsch |
Betreiber | Good Hood GmbH, Köpenicker Straße 154, 10997 Berlin |
Redaktion | Christian Vollmann, Till Behnke, Matthes Scheinhardt, Ina Remmers, Michael Vollmann, Sven Tantau |
Benutzer | 1,6 Millionen (August 2020)[1] |
Registrierung | ja |
Online | 2015 |
https://nebenan.de/ |
Geschichte
Bereits 2011 ging in den USA das Nachbarschaftsnetzwerk nextdoor online.[6] Basierend auf dieser Idee entschloss sich der nebenan.de-Unternehmensgründer Christian Vollmann zur Gründung eines deutschen sozialen Nachbarschaftsnetzwerks.[7] Zusammen mit fünf anderen Personen, darunter sein Bruder Michael Vollmann und Till Behnke, gründete er 2015 die Good Hood GmbH und die gemeinnützige nebenan.de Stiftung gGmbH.[7] Die erste Nachbarschaftsgruppe wurde im Januar 2016 eröffnet. Das Anfangskapital des Unternehmens betrug 8 Mio. Euro und stammte ursprünglich von Christian Vollmann und anderen Investoren; 2017 stiegen der Burda-Verlag und der Risikokapitalgeber Lakestar mit je 17 % ein.[8] In einer Finanzierungsrunde im März 2018 erhielt die Good Hood GmbH 16 Mio. Euro.[2] Neben einem verstärkten Engagement des Burda-Verlags und Lakestar investierten zusätzlich die Deutsche Telemedien, NWZ und pd ventures.[2]
2016 gewann nebenan.de beim Wettbewerb Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen.[9]
Inzwischen (September 2020) sind Till Behnke und Ina Remmers Geschäftsführer der Good Hood GmbH, die das Netzwerk nebenan.de und das französische Pendant mesvoisins.fr[10] betreibt,[11] ebenso das spanische tienes-sal.es[12] und das italienische vicinimiei.it.[13] Michael Vollmann ist gleichzeitig gemeinsam mit Sebastian Gallander Geschäftsführer der nebenan.de Stiftung.[14] Diese vergab 2017 erstmals gemeinsam mit der Diakonie Deutschland, Zalando und der Deutschen Fernsehlotterie den mit 50.000 Euro dotierten Deutschen Nachbarschaftspreis.[7] Die nebenan.de Stiftung ist Mitglied im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland.[15]
Im Oktober 2018 erreichte die Zahl der Mitglieder die Marke 1 Million und im August 2020 1,6 Millionen. Die Zahl der aktiven Nachbarschaften lag zu diesem Zeitpunkt bei rund 8000.[3]
nebenan.de arbeitet nach eigenen Angaben an einem Modell, sich aus bezahlter Werbung lokaler Gewerbetreibender zu finanzieren.[16] Darüber hinaus generiert nebenan.de Einnahmen durch Gebühren für die o. g. Organisationsprofile. Außerdem können die registrierten Nutzer als sog. Förderer auf freiwilliger Basis das Unternehmen mit einem Monatsbeitrag finanziell unterstützen.[17]
Seit September 2020 hält das Medien- und Technik-Unternehmen Hubert Burda Media die Mehrheit an der Betreibergesellschaft von nebenan.de, der Good Hood GmbH. Hierfür soll ein zweistelliger Millionenbetrag gezahlt worden sein. Die Geschäfte werden weiter von den Gründern Till Behnke und Ina Remmers geführt. Gründer Christian Vollmann übernimmt ab 1. September 2020 die Rolle des Beiratsvorsitzenden. Alle Gründer bleiben Gesellschafter der Good Hood GmbH und halten nach Burda die meisten Anteile. Burda hat bereits 2016 und 2018 in nebenan.de investiert. Durch die erneute Investition soll nebenan.de langfristig profitabel werden.[18][4][5]
Konzept
Als Nachbarschaft wird ein Dorf oder ein Ortsteil mit ein paar Hundert bis ein paar Tausend Einwohnern verstanden. Geplant sind etwa 30.000 Nachbarschaften; davon waren im Januar 2019 über 7.200[8] aktiviert. Man kann nur in der Nachbarschaft, in der man nachweislich wohnt, Mitglied werden.[19] Wenn sich in einer Nachbarschaft zehn Interessenten gemeldet haben, wird diese aktiviert.[7]
Ziel des Netzwerkes ist es, in der Umgebung des eigenen Wohnsitzes Nachbarn kennenzulernen, Kontakte aufzubauen und zu vertiefen und sich gegenseitig zu helfen.[11] Dazu ist es möglich:
- Veranstaltungen anzukündigen (wahlweise auch außerhalb der eigenen Nachbarschaft einsehbar),
- Mitteilungen an die Mitglieder der eigenen Nachbarschaft und die der angrenzenden Nachbarschaften zu senden (Suchen, Angebote, Empfehlungen, allgemeine Mitteilungen),
- Gruppen zu bilden und
- Mitteilungen an eine Gruppe oder ein einzelnes Mitglied zu senden.[20]
Sofern die Sichtbarkeit aus den einzelnen angrenzenden Nachbarschaften vom Mitglied freigegeben wurde, wird Mitgliedern aus angrenzenden Nachbarschaften der Vorname und der Anfangsbuchstabe des Nachnamens angezeigt, nicht die Adresse. Das Anzeigen der Hausnummer erfolgt auch in der direkten Nachbarschaft nur bei Bedarf durch eine entsprechend zu wählende Einstellung unter dem Abschnitt Privatsphäre. Dort können auch weitere Angaben gemacht werden, deren Sichtbarkeit in der Nachbarschaft dann ebenfalls noch zusätzlich bestätigt werden muss. Als Basisinformationen können ausgewählt werden: das Geburtsjahr, die eigenen Interessen (z. B. Sport, Heimwerken), eigene Angebote (z. B. Verleih von Werkzeug, Blumen gießen etc.), Partner, Kinder, Haustiere, sowie weitere Beschreibungstexte über die eigene Person.
Seit Mitte 2018 bietet nebenan.de auch die Möglichkeit an, sogenannte Organisationsprofile anzulegen. Diese sind Organisationen und Institutionen des öffentlichen oder privaten Rechts vorbehalten, die dem Gemeinwohl dienen und ohne kommerzielle Zwecke handeln oder der kommunalen Verwaltung angehören und öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Zu den bislang rund 500 Nutzern zählen beispielsweise städtische Ämter, Organisationen der Sozialarbeit, Notdienste, gemeinnützige Organisationen, Nachbarschaftsinitiativen und Vereine. Die Organisationen nutzen nebenan.de vor allem für Veranstaltungshinweise, zur Akquise weiterer Ehrenamtlicher sowie für den Austausch mit den Nachbarn im Einzugsbereich (bezüglich Verbesserungsvorschlägen und Ähnlichem).[21]
Datenschutz
Auf der Website gibt nebenan.de an, keine „Daten personenbezogen auszuwerten, auf dieser Basis Werbung auszuspielen und diese Informationen an Dritte weiterzugeben.“[22] Es gäbe „wenig Werbung und dann auch nur auf geografischer und nicht persönlicher Basis“. Das sei Markenkern von nebenan.de.[23] In der rechtlich bindenden Datenschutzerklärung erwähnt nebenan.de jedoch widersprüchlich zu diesen Aussagen die Nutzung von Zugriffsdaten für personalisierte Werbeanzeigen.[24]
Zur Registrierung auf der Website ist die Angabe des vollständigen Namens und der Adresse notwendig.[25] Diese Daten werden von nebenan.de verifiziert (etwa durch Personalausweis-Kopie oder per Verifizierungscode mit der Post, inzwischen auch durch GPS),[26] um zu überprüfen, ob die Person tatsächlich in der angegebenen Nachbarschaft lebt.[27] Die von den Mitgliedern bereitgestellten Daten sind nur den Mitgliedern der gleichen Nachbarschaft und verkürzt denen der angrenzenden Nachbarschaften sichtbar.
Die Plattform verwendet verschiedene Technologien zur Analyse des Nutzerverhaltens.[28]
nebenan.de hat 2017 eine Systemprüfung durch den TÜV Saarland als geprüftes Onlineportal[29] und eine Datenschutzprüfung durch externe Datenschutzbeauftragte durchführen lassen.[30][19]
Kritik
Die Verbraucherzentrale Hannover warnte 2017, dass nebenan.de zwar kein Geld koste, aber zu einem Dienst werden könne, bei dem man mit seinen Daten bezahlt.[31] Auch aus der Lokalpolitik und der Forschung kamen vereinzelt Stimmen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass nebenan.de die Daten doch eines Tages für Werbezwecke nutzen oder an Partner verkaufen würde.[31][32] Polizeibehörden in mehreren Bundesländern halten die Weitergabe mancher persönlicher Daten innerhalb der Plattform für riskant.[33] Beschwerden wegen Belästigung durch Mitglieder werden von den Betreibern der Webseite nicht weiter verfolgt.
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
- Ina Remmers: Zahlen und Fakten zu nebenan.de. In: nebenan.de. Good Hood GmbH, 9. April 2020, abgerufen am 28. August 2020.
- Burda investiert erneut in Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de. In: startupvalley.news. 21. März 2018, abgerufen am 9. März 2019.
- Catrin Bialek: Burda will mit Nebenan.de expandieren. In: Handelsblatt. 1. September 2020, abgerufen am 2. Oktober 2020.
- Till Behnke : Burda will mit Nebenan.de expandieren. Abgerufen am 1. September 2020.
- Mehrheitsübernahme: Burda investiert zweistellige Millionensumme in Nebenan.de. Abgerufen am 2. Oktober 2020.
- Oliver Voß: Neue Netzwerke kämpfen um Nachbarn. In: Tagesspiegel. 20. Juni 2017, abgerufen am 8. März 2019.
- Heike Faller: Nachbarschaft: Das Dorf-Prinzip. In: Die Zeit. 28. Januar 2018, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 9. März 2019]).
- Hannah Scherkamp: Warum Nutzer diesem Gründer Geld zahlen? Um ihre Nachbarn kennenzulernen. In: Gründerszene. 24. Januar 2019, abgerufen am 8. März 2019.
- Patrick Goldstein: Berliner sehnen sich nach Nachbarschaft. Berliner Morgenpost, 7. Juni 2016, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- Le réseau social du voisinage. Abgerufen am 8. März 2019 (fr-FR).
- Julia Löhr: Das Facebook für Nachbarn. Hrsg.: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 22. Mai 2018, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 8. März 2019]).
- Conéctate con tus vecinos. Abgerufen am 11. März 2020 (spanisch).
- Connettiti con i tuoi vicini. Abgerufen am 11. März 2020 (italienisch).
- Marc Beise: Mehr Mensch. In: sueddeutsche.de. 18. Juli 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 9. März 2019]).
- SEND: Netzwerk. In: Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. Abgerufen am 22. Mai 2019.
- Anja Tiedge: Netzwerke für Nachbarn: Online wird die Stadt zum Dorf. In: Spiegel Online. 10. August 2016 (spiegel.de [abgerufen am 9. März 2019]).
- Manuel Kronenberg: Seinen Nachbarn lernt man im Internet kennen. In: sueddeutsche.de. 2019, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 8. März 2019]).
- Nebenan.de schafft den Exit – Christian Vollmann hört als Geschäftsführer auf. 1. September 2020, abgerufen am 1. September 2020.
- Katharina Kutsche: Facebook für die eigene Straße. In: sueddeutsche.de. 11. Januar 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 9. März 2019]).
- Social-Network für Nachbarn: Facebook kriegt lokale Konkurrenz. In: CHIP.de. 13. September 2017, abgerufen am 9. März 2019.
- Anne Gottwald, Ira Zahorsky: Nachbarschaftsplattform nebenan.de öffnet sich für gemeinnützige Organisationen und Kommunen. In: eGovernment Computing. Vogel Communications Group, 12. Juli 2018, abgerufen am 4. Juli 2019.
- Ina Remmers: Das Geschäftsmodell von nebenan.de. In: nebenan.de. Good Hood GmbH, 2. Mai 2019, abgerufen am 2. Dezember 2019.
- Christian Vollmann: Warum Nutzer diesem Gründer Geld zahlen? Um ihre Nachbarn kennenzulernen. In: Gründerszene. Vertical Media GmbH, 24. Januar 2019, abgerufen am 2. Dezember 2019.
- Datenschutz. Version: 4.1. In: nebenan.de. Good Hood GmbH, Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.
- Laura Sandgathe: Nebenan.de: Den Nachbarn mit dem Mehl gibt es wirklich. In: Rheinische Post. 15. Juni 2016, abgerufen am 9. März 2019.
- nebenan.de – Wie funktioniert der Verifizierungsprozess? Abgerufen am 9. März 2019.
- nebenan.de – Datenschutzerklärung. Abgerufen am 9. März 2019.
- Datenschutz. Version: 3.6. In: nebenan.de. Good Hood GmbH, Januar 2019, abgerufen am 2. Dezember 2019.
- TÜV Saarland: TÜV-geprüftes Online-Portal, abgerufen am 13. November 2018
- Zertifikat über die Erteilung des ISiCO Datenschutz Siegels, abgerufen am 18. April 2018
- Mathias Klein: Verbraucherschutz und Politik warnen vor nebenan.de. In: Hannoversche Allgemeine. 29. April 2017, abgerufen am 9. März 2019.
- Pia Rauschenberger: Nachbarschaftsnetzwerke: Wenn der liebe Nachbar Böses postet. In: Deutschlandfunk. 1. März 2018, abgerufen am 9. März 2019.
- Andrea Hilscher, Rene Wappler: Flugblatt verunsichert Cottbuser Anwohner. In: Lausitzer Rundschau. Lausitzer VerlagsService GmbH, 18. März 2019, abgerufen am 2. Dezember 2019.