Nanobakterien
Als Nanobakterien oder auch Ultra-Mikrobakterien werden Partikel bezeichnet, die 1994 zunächst in Zellkulturen und später im Blut von Säugetieren gefunden wurden. Es ist umstritten, ob es sich tatsächlich um kokkoide (kugelförmige) Bakterien mit eigenem Stoffwechsel handelt. Ihre Größe soll zwischen 80 und 600 nm liegen.[1] Sie wären damit kleiner als die bisher kleinsten bekannten Bakterien.
Geschichte
Bereits in den frühen 1990er Jahren berichtete der Geologe Robert L. Folk von der Universität von Texas von runden Strukturen in Kalksteinen, die für ihn wie Mikroorganismen aussahen. Später wurden solche Strukturen auch in Meteoriten gefunden. Es soll sich um eine eigene Klasse von Bakterien handeln, die möglicherweise zu den ältesten Lebensformen der Erde gehören. All diese Vermutungen sind bisher nicht bestätigt worden. Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahre 2008 legt nahe, dass es sich bei den Nanobakterien um (unbelebte) Kalziumkarbonatpartikel handelt, die ein ähnliches Aussehen haben wie kleine Bakterien.[2]
Merkmale
Über den Aufbau von Nanobakterien ist wenig bekannt. Es soll sich dabei um kugelige bis ovale Mikroorganismen mit einem Durchmesser von 200–600 nm handeln. Sie würden damit in der Größenordnung von Viren liegen, die 20–400 nm Durchmesser erreichen. Der Haupteinwand gegen die These, dass es sich um lebende Bakterien handelt, dreht sich um diesen Sachverhalt. Denn viele Wissenschaftler bezweifeln, dass in einem derart kleinen Organismus noch genügend Raum ist, um DNA und weitere Strukturen unterzubringen, die für den Stoffwechsel und die Vermehrung essenziell sind. Diskutiert wird daher auch, ob Nanobakterien von Säugetierzellen umschlossen sein müssen, um überleben zu können.
Die sehr widerstandsfähigen Nanobakterien sollen eine dicke Zellwand besitzen und von einem Schleimmantel umgeben sein. Ihre Vermehrung ist deutlich langsamer als bei Bakterien. DNA ließ sich bisher nicht nachweisen.
Sie sollen beispielsweise Apatit synthetisieren können. Diskutiert wird daher zurzeit die Beteiligung von Nanobakterien an der Entstehung von Nierensteinen, Gallensteinen und Arteriosklerose. Damit würden nach der Entstehung von Magengeschwüren weitere chronische Krankheiten als Infektionskrankheiten entlarvt.
Jan Martel von der Chang Chun University in Taiwan und John Young von der Rockefeller University haben aus Blutserum und Kalziumkarbonat-Nanopartikel hergestellt[2], die unter dem Mikroskop nicht von den umstrittenen Nanobakterien zu unterscheiden waren. Im Experiment wiesen sie allerdings nach, dass die Partikel nicht lebendig sind. Erstens wiesen sie keinerlei Spuren von DNA oder RNA auf, zweitens waren sie auch nach einer extrem hohen Strahlendosis in gleicher Konzentration vorhanden und blieben überdies optisch unverändert, berichten die beiden in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“[2]. „Ich bin ziemlich sicher, dass das die Debatte über mögliche lebendige Mechanismen bei Nanobakterien beenden wird“, sagt Young gegenüber dem Newsdienst von Nature, gibt aber zu, dass sich die Nanopartikel tatsächlich teilen. „Sie scheinen zu wachsen, sich zu vermehren und zu teilen. Man möchte schwören, dass es sich dabei um Lebewesen handelt – aber es sind keine.“ Young und Chun fanden außerdem heraus, dass es sich bei den Nanopartikeln (respektive -bakterien) nicht lediglich um kleine Kalkstücke handelt. Sie sind offenbar von Proteinen und anderen organischen Molekülen umhüllt, die deren Wachstum stoppen und ihnen eine runde, zellähnliche Form geben. Die organische Hülle dürfte der Grund sein, warum sich bislang einige Forscher in dieser Hinsicht haben täuschen lassen, sagt John Cisar vom National Institutes of Health: „Die einfachste Erklärung ist, dass sie nicht lebendig sind.“
Kumon und Mitarbeiter von der Universität Okayama konnten nachweisen, dass die Nanopartikel in einem Nierensteinpräparat aus oxidierten Lipiden entstanden. Darüber hinaus erzeugten sie solche Nanopartikel durch Gammabestrahlung von Blutserum. Außerdem deutete die Lokalisation von Antikörpern gegen die Partikel in hyperlipidemischen Mäusen mit Atherosklerose darauf hin, dass Nanopartikel eher ein Nebenprodukt als ein Auslöser für das Entzündungsgeschehen darstellen.[3]
Literatur
- Virginia M. Miller u. a.: Evidence of Nanobacterial-like Structures in Human Calcified Arteries and Cardiac Valves. In: American Journal of Physiology-Heart and Circulatory Physiology. Band 287, 2004, S. H1115-H1124, doi:10.1152/ajpheart.00075.2004.
Weblinks
- Klemens Vogel: Yeti in der Nährlösung. In: Deutsche Welle. 29. Mai 2004, abgerufen am 13. Februar 2012.
- Jenny Hogan: Nanobacteria revelations provoke new controversy. New Scientist, 19. Mai 2004, abgerufen am 13. Februar 2012.
Quellenangaben
- Lisa Zyga: Nanobacteria – Are They Alive? 23. April 2008, abgerufen am 13. Februar 2012.
- Jan Martel, John Ding-E. Young: Purported nanobacteria in human blood as calcium carbonate nanoparticles. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 105, Nr. 14, 8. April 2008, S. 5549–5554, doi:10.1073/pnas.0711744105.
- Hiromi Kumon, Eiji Matsuura u. a.: Ectopic calcification: importance of common nanoparticle scaffolds containing oxidized acidic lipids. In: Nanomedicine: Nanotechnology, Biology and Medicine. 2013, S. , doi:10.1016/j.nano.2013.08.010.