Muhsin Hendricks
Muhsin Hendricks (* 1970) ist ein Imam, der in Südafrika lebt. 1996 gründete er The Inner Circle (Islamic Organization for the Social and Spiritual advancement of Sexually Diverse Groups and Individuals, Südafrika).[1] Hendricks gilt als der weltweit erste Imam, der offen schwul lebt.[2] Er ist auch der erste offen Homosexuelle, der vom Islamic Social Welfare Council (ISWA), einer konservativen Organisation, die ihn vor Jahren wegen seiner sexuellen Orientierung ausschloss, eingeladen wurde, mit ihnen zu diskutieren.[3] Hendricks ist Mitglied im internationalen Beirat der Hirschfeld-Eddy-Stiftung.[2]
Leben
Hendricks wuchs in Kapstadt in einem tief religiösen Haushalt auf. Für die dortige orthodoxe muslimische Gemeinde waren sein Großvater Imam, sein Vater spiritueller Heiler und seine Mutter Islamlehrerin.[4] Zwischen 1990 und 1994 studierte Hendricks Arabisch, islamisches Recht und islamische Theologie auf der University of Karachi (Jamia Dirasat Al-Islamia) in Pakistan.
Nach seinem Abschluss kehrte er nach Kapstadt zurück und wurde Teilzeit-Co-Imam in einer lokalen Moschee, lehrte an drei weiteren und war angesehener Arabischlehrer.[5][6] Im Alter von 23 Jahren willigte er einer arrangierten Ehe mit einer ihm prinzipiell sympathischen Frau ein, unter anderem weil von einem Imam eine Heirat erwartet wird. Kurz vor der Eheschließung erzählte er seiner Frau von seiner Homosexualität. Nachdem sie anfangs außer sich war, wollte sie ihm helfen, „das Problem zu lösen“ und sie wollten es trotzdem miteinander versuchen. Im Laufe des Jahres schlug die Ehe fehl, aber es war das erste Kind unterwegs, dem noch zwei weitere folgten. Nach sechs[5][6] Jahren ließen sie sich scheiden. Nachdem ihn seine Mutter einen Monat nach der Scheidung auf Gerüchte ansprach, dass er sich wegen seiner Homosexualität habe scheiden lassen, hatte er vor ihr sein Coming-out. Nachdem sie zuerst der Ohnmacht nahe war, begann sie mit der Zeit zu verstehen. Als er seine erste Beziehung lebte, kam sie zehn Tage auf Besuch. Als sie wieder ging, sagte sie zu ihm: „Ich sehe keinen Unterschied zwischen deiner Beziehung und einer heterosexuellen Beziehung, weil ihr beiden streitet wie Ehemann und Frau.“[6] Für ihn war dies die Bestätigung, dass sie es forthin akzeptierte.
In seiner Schule tauchten Gerüchte auf, dass er mit seinen Schülern Verhältnisse hätte und er verlor seinen Job in der Madrasa.[5] So entschloss er sich zu outen. Mit der Zeit realisierte er, dass er nicht der Einzige war und auch andere Schwule durch gesellschaftlichen Druck gedrängt werden zu heiraten, und manche im Alkohol Trost suchen oder sogar Suizid versuchen. 1998 gründete er Al-Fitrah, die erste homosexuelle muslimische Organisation in seinem Land und ging an die Öffentlichkeit.[5] In seiner lokalen Gemeinschaft erfuhr er nach eigenen Angaben trotzdem nie Diskriminierung.[6] Auch heute noch leitet er die Non-Profit-Organisation The Inner Circle in Kapstadt, die homosexuellen Moslems beim Coming-out hilft und ihnen vertrauliche Gespräche anbietet.[1]
Hendricks wirkte in dem Dokumentarfilm A Jihad for Love (2007) mit, wodurch er weltweit bekannt wurde. Er wurde in verschiedene Länder eingeladen, um über Homosexualität und Islam zu sprechen.[7]
Weblinks
- Muhsin Hendricks über Homosexualität und Islam (Memento vom 30. Oktober 2009 im Internet Archive) mask.org.za, 20. Juni 2005
- Interview mit Muhsin Hendricks qantara.de, 17. Oktober 2014 (englisch)
- A Gay Imam With Hindu Partner Runs An LGBT-Friendly Mosque In South Africa. This Is His Story indiatimes.com, 11. Juli 2017
Einzelnachweise
- The Inner Circle Website der Organisation
- Beirat der Hirschfeld-Eddy-Stiftung hirschfeld-eddy-stiftung.de
- Imam Muhsin Hendricks (Memento vom 6. August 2008 im Internet Archive), A Jihad for Love, Filmseite, 4. September 2007
- Gay Imam (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. - Beschreibung einer Fernsehdokumentation vom 23. Juni 2002, www.mnet.co.za/m-net channel, Carte Blanche 20
- Brian Whitaker: Cape of Good Hope (Memento vom 29. September 2008 im Internet Archive), al-bab.com, Mai 2007, Original erschienen in: Gay Times Magazine (GT magazine), Mai 2007
- Eric Beauchemin: Gay and Muslim in South Africa (Memento vom 9. Juni 2008 im Internet Archive), radionetherlands.nl, 30. Mai 2008
- Bericht von der ILGA World Conference 2006 in Genf ilga.org (englisch)