Mondi Neusiedler
Mondi Neusiedler ist ein Hersteller von chlorreduziertem und chlorfreiem Papier, der seinen Hauptsitz in Ulmerfeld-Hausmening-Neufurth in Österreich hat. Das Unternehmen hat zwei Produktionsstätten für Papier und das Vorprodukt Zellstoff in Hausmening und Kematen an der Ybbs und beschäftigt 651 Mitarbeiter.
Mondi Neusiedler | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1793[1] |
Sitz | Ulmerfeld/Hausmening / Österreich |
Leitung |
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Mitarbeiterzahl | 651 |
Umsatz | 303,8 Mio. € (2014) |
Branche | Papier |
Website | mondigroup.com |
Geschichte
Neusiedler Papierfabrik
Die erste Fabrik wurde 1793 im niederösterreichischen Klein-Neusiedl an der Fischa (östlich von Wien) errichtet, von dem aus Leonfelden stammenden Großhändler Ignaz Theodor Pachner Edler von Eggenstorf († 1814)[2]
von dort kommt der ehemalige Firmenname „Neusiedler“. Der damalige Kaiser Franz II. erteilte die Genehmigung einer „Fabrikation zur Erstellung feinerer Papiere“. Das Unternehmen lieferte Papier an die k.k. Notenbank. 1837 wurde die Fabrik an den Wiener Großhändler Georg Borckenstein verkauft, der das Unternehmen in die k.k. privilegierte Aktiengesellschaft der Papierfabrik Kleinneusiedl umwandelte und nunmehr als die umfassendste Maschinenpapierfabrik in ganz Europa galt.
Später gelangte die Fabrik in den Besitz des Vinzenz von Miller zu Aichholz, der Ludwig Tennenbaum[3] 1883 in die Neusiedler AG für Papierfabrikation holte. Damals gehörten zu dieser AG die Fabriken in Klein-Neusiedl und Petersdorf in Siebenbürgen (Petrești). 1908 gelangten die Papierfabriken Schlöglmühl und Stuppach (Gemeinde Gloggnitz) sowie die dortige Natronzellulosefabrik in den Besitz der Neusiedler AG; 1911 dann in Westböhmen die Zellstofffabrik Josefihütte bei Marienbad und 1912 die Feinpapierfabrik Pilsen (Plzeň). Das Aktienkapital betrug damals insgesamt 9 Mio. Kronen, exportiert wurde nach Europa, in die Türkei und Südamerika. Für Ungarn wurde eine eigene Handelsgesellschaft geschaffen, Filialen in Prag, Budapest, Lemberg und Agram (Zagreb) existierten bereits.
Papierfabriken in Kematen und Theresienthal
1868 wurde die Mühle bei Ulmerfeld nahe Amstetten (Niederösterreich) durch Anton Pokorny zu einer Holzschleiferei umgebaut. Im Jahr darauf, 1869, errichteten Anton Pokorny und Josef Hiebl dort die Theresienthaler Papierfabrik. 1870 kauften beide die Mühle in Kematen und errichteten einen Industriebetrieb.
1872 verkauften Pokorny und Hiebl beide Werke an die Zellulose- und Papierfabriksgesellschaft von Carl Ellissen und Paul Roeder.[4]
1886 wurde dann eine zweite Papiermaschine in Kematen an der Ybbs positioniert und zwei Jahre später mit dem Bau der ersten Zellstofffabrik in Kematen begonnen, die 1894 eine Dampfmaschine erhielt.
1889 wurde aus der Mühle in Hausmening ein eigenes Fabriks-Krankenhaus gegründet.[5]
Nach der Fusion
Noch während des 1. Weltkriegs gingen die Anteile der Theresienthaler Papierfabrik von Ellissen, Roeder & Co. A. G. an die Neusiedler AG über (mit Fabriken in Hausmening, Papier- und Zellulosefabrik in Hilm-Kematen).
1920 wurden die Holzpappenfabrik Schütt bei Waidhofen an der Ybbs sowie die Hirschwanger Holzschleiferei und Holzstoffwarenfabrik Schoeller & Co. angekauft. Die nach dem Zerfall der Monarchie in der Tschechoslowakei befindlichen Fabriken Pilsen, Josefihütte und Rattimau wurden in die Prager Neusiedler Vereinigte Papier-, Zellulose- und Holzstoff-Fabriken A. G., die Papierfabrik im rumän. Petersdorf in die Fabrica de Hârtie Petrifalau Societate Anonimă Română umgewandelt. In der Zwischenkriegszeit befand sich die Neusiedler AG über das Bankhaus Petschek & Co. im Mehrheitsbesitz der Prager Familie Petschek, die ihre Anteile an dem 8 Millionen Schilling betragenden Aktienkapital im Mai 1938 vollständig an den sudetendeutschen Papierindustriellen Ludwig Piette-Rivage verkauften.[6][7]
Im Jahr 1945 übernahm die Lauda-Turnauer Investgruppe die Aktienmehrheit. Eine neue Zellstofffabrik in Kematen wurde 1957 in Betrieb genommen, ehe 1971 der Erststart der Papiermaschine 5 (PM5) erfolgte. Das Gebäude für die Maschine ist 285 m lang. Drei Jahre darauf startete auch die neue Papiermaschine 4 (PM4). 1981 erfolgten erste erfolgreiche Schritte im Ideenmanagement mit 31 umgesetzten Ideen mit Kosteneinsparungen in Höhe von 1,1 Mio. EUR. Im folgenden Jahr wurde die Papiermaschine 6 (PM6) in Betrieb genommen.
2000 wurde die Firma Neusiedler AG zu 100 Prozent von Mondi übernommen, 2007 erfolgte der Börsengang der Mondi, anlässlich einer Restrukturierung wurde „Mondi Business Paper“ in Mondi UFP (Uncoated Fine Paper) umbenannt. 2008 wurde das Unternehmen mit den Standorten Hausmening und Kematen in Mondi Neusiedler umbenannt. Ein Jahr darauf erzielte das Unternehmen einen Weltrekord auf der 12-Nutzen-Kleinformatanlage, 636,8 Tonnen A4-Papier wurden innerhalb von 24 Stunden verarbeitet.[8]
Standort Ulmerfeld/Hausmening
Der Standort Hausmening hat 449 Mitarbeiter. Zwei Papiermaschinen (PM5 + PM6) produzieren weißes Bürokommunikationspapier. Hausmening besitzt folgende Produktionsdaten:
- PM5: Auf der PM5 werden holzfreie, weiße Papiere mit 60 bis 300 g/m², für die Bürokommunikation im A und A+ sowie im Spezialitätensegment wie z. B. Recycling NAUTILUS oder Color Copy erzeugt. Eine weitere Besonderheit der PM5 ist die Erzeugung von Biotop-Papier, welches aus TCF (total chlorfreien) Zellstoffen, ohne optischen Aufheller, umweltfreundlich hergestellt wird.
- PM6: Auf der PM6 werden Papiere mit 50 bis 120 g/m² erzeugt. Die Hauptsorten sind 80 g/m² holzfreie, weiße Papiere für die Bürokommunikation im A-Segment. Auf dieser Maschine wird, nicht wie auf herkömmlichen Maschinen üblich weißes Papier aus einer Rohstoffschicht erzeugt, sondern mit der von Neusiedler entwickelten TRIOTEC-Technologie aus drei Schichten. Dieses wurde entwickelt, um auch in Papieren, welche höchsten Qualitätsanforderungen gerecht werden müssen, den Einsatz von Recyclingfasern, sowie von Holzstoff zu gewährleisten. In den beiden Außenlagen werden dabei üblicherweise hochwertigste Primärfasern für die Erreichung optimaler Qualität, in der Innenlage die aus ökologischer Sicht günstigeren Recyclingfasern (aus Altpapier) bzw. Holzstoff (CTMP) verwendet.
Standort Kematen/Ybbs
Der Standort Kematen hat die zwei kleineren Papiermaschinen der Mondi Neusiedler GmbH. Die PM3 und PM4 produzieren farbiges Bürokommunikationspapier. Des Weiteren befindet sich in Kematen auch die Ybbstaler Zellstoff GmbH, die für die Papierfabrik einen Teil des Zellstoffes produziert. Insgesamt arbeiten in Kematen 203 Mitarbeiter. Kematen besitzt folgende Produktionsdaten:
- PM3: Die Papiermaschine 3 ist eine reine Spezialitätenmaschine für Bürokommunikations- und Offsetdruckpapiere im Bereich von 70 bis 400 g/m² bei einer Nennbreite von 2160 mm. Neben Spezialitäten wie Molettepapiere wird naturweißes, aufgehelltes und farbiges Papier erzeugt. Die Maschine eignet sich auf Grund hoher Flexibilität für Versuche in neuen Technologien und neuen Produkten. Der Maschinentyp entspricht einer Langsiebmaschine mit einem Hybridformer mit optimierter Entwässerung zur Minimierung von Zweiseitigkeit. Zwei herkömmliche Legepressen sowie eine Offsetpresse, eine Vortrockenpartie (16 Zyl.), Leimpresse und Nachtrockenpartie (6 Zyl.) mit Maschinenglättwerk und Aufroller definieren den weiteren Maschinenverlauf. Der mögliche Geschwindigkeitsbereich der PM3 liegt zwischen 80 und 320 m/min.
- PM4: Auf der PM4 wird ebenso naturweißes, aufgehelltes und farbiges Papier von 60 bis 250 g/m² für die Bürokommunikation und den Offsetdruck hergestellt. Allerdings ist diese Maschine mit Geschwindigkeiten von 250 m/min bis 850 m/min wesentlich schneller und mit einer max. Breite von 2670 mm effizienter. Die gleiche Konzeption wie bei PM3 mit einem Hybridformer gilt nur in der Siebpartie. Die Pressenpartie unterscheidet sich wesentlich durch eine Zwei-Nip Saugpresswalze in Kombination mit einer NIPCO Flex Presse. Eine vierte Presse und folgend eine Offsetpresse ergänzen diesen Maschinenabschnitt. Wiederum 26 Zylinder in der Vortrockenpartie, eine Speed Coateranlage und eine Nachtrockenpartie mit 12 Zylindern bilden die heiße Verdampfungszone. Ein Maschinenglättwerk bildet mit dem Aufroller den Abschluss.
Ausbildung
In den zwei Standorten hat Mondi Neusiedler insgesamt 38 Lehrlinge. Davon 8 kaufmännische- und 30 gewerbliche Lehrlinge. Folgende Berufe bildet Mondi Neusiedler aus:
- Papiertechnik
- Elektrotechnik mit Automatisierungs- und Prozessleittechnik & Anlagen- und Betriebstechnik
- Metalltechnik mit Maschinenbautechnik
- Informationstechnologie – Technik
- Industriekaufmann/-frau
- Speditionslogistik
- Chemielabortechnik
Auszeichnungen
Folgende Auszeichnungen erhielt das Unternehmen:[10]
- 1999: Frauen- und familienfreundlichster Betrieb in Österreich
- 2000: Frauen- und familienfreundlichster Betrieb in Niederösterreich
- Panda Preis des World Wide Fund For Nature
- Energy Professional 2001
- ÖZEPA Preis (Österreichische Vereinigung der Zellstoff- und Papierchemiker und -techniker) – Hausmening 2000 und 2004, Kematen 2002, 2003 und 2005
- 2004: Sicherheit im Verkehr
- 2005: Umweltzeichen für BIO TOP 3
- Gesundheit am Arbeitsplatz 2005–2007
- 2007: Bike2Business – fahrradfreundlichste Betriebe Österreichs
- 2008: Vorsorgepreis 08 – Gesundheit am Arbeitsplatz 2008–2010[11]
- 2009: Staatspreis für Lehrbetriebe
- 2010: Staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb[12]
Literatur
- Franz Mathis: Neusiedler in Big Business in Österreich, 1987, Oldenburg, S. 204f., ISBN 3-486-53771-7
Weblinks
- mondigroup.com – offizielle Website
Einzelnachweise
- Seat Bericht (Memento des Originals vom 15. November 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 3,2 MB), 2008
- Herbert Matis: Die Manufaktur und frühe Fabrik im Viertel unter dem Wiener Wald. Eine Untersuchung der großbetrieblichen Anfänge vom Zeitalter des Merkantilismus bis 1848. Teil 3: Die Manufakturen und Fabriken nach den einzelnen Produktionszweigen. Wien, Univ., Diss., 1965; Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
- ÖBL Tennenbaum Ludwig
- Die Geschichte der Papierfabrik Kematen, 2016, VEMOG
- Geschichte Mondi (Memento des Originals vom 23. November 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker und -Ingenieure (Hrsg.): Der Papier-Fabrikant, Band 36. Otto Elsner Verlagsgesellschaft, 1938, S. 611.
- Gerhard A. Stadler: Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte, Technik, Architektur. Böhlau Verlag Wien, 2006, S. 395.
- Weltrekord 12-Nutzen-Kleinformatanlage
- Zertifizierungen (Memento des Originals vom 7. Juli 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Auszeichnungen (Memento des Originals vom 7. Juli 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Vorsorgepreis 08 - Gesundheit am Arbeitsplatz 2008–2010 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb