Michelle Alexander
Michelle Alexander (* 7. Oktober 1967 in Stelle, Illinois) ist eine US-amerikanische Juristin, Bürgerrechtlerin und Hochschullehrerin. Sie befasst sich vor allem mit Rassismus im US-amerikanischen Justizsystem und Alltag. Ihr 2010 veröffentlichtes Buch The New Jim Crow wurde zum Bestseller in den USA.
Leben
Michelle Alexander ist die Tochter von John Alexander und Sandra Alexander, die in der Leitung der ComNet Marketing Group in Medford im Bereich Spendenmarketing tätig war.[1] Ihre jüngere Schwester Leslie M. Alexander ist Professorin für afroamerikanische Studien an der Ohio State University.
Michelle Alexander besuchte die Stanford Law School und die Vanderbilt University. Sie war mehrere Jahre lang Leiterin des Racial Justice Project der American Civil Liberties Union (ACLU) in Nordkalifornien, das eine landesweite Kampagne gegen behördliches Racial Profiling anführte. Sie leitete die Civil Rights Clinic an der Stanford University Law School und arbeitete für den Richter Harry A. Blackmun am Supreme Court sowie für Abner J. Mikva, den Vorsitzenden des United States Court of Appeals für den District of Columbia. Als Anwältin der Kanzlei Saperstein, Goldstein, Demchak & Baller spezialisierte sie sich auf die Beratung von Klägern in Sammelklagen wegen Rassen- oder Geschlechterdiskriminierung.[2]
Alexander ist als Dozentin am Kirwan Institute for the Study of Race and Ethnicity und am Moritz College of Law der Ohio State University tätig.[2] Sie erhielt 2005 die Soros Justice Fellowship des Open Society Institute.[3] 2016 wurde sie mit einem Heinz Award ausgezeichnet.
Ihr Buch 2010 veröffentlichtes Buch The New Jim Crow wurde zum Bestseller und löste eine breite öffentliche Debatte aus.
Michelle Alexander heiratete 2002 den Anwalt Carter Mitchell Stewart.[1] Stewart wurde später Staatsanwalt[4] und sprach sich öffentlich gegen die Thesen seiner Ehefrau zum US-Justizsystem aus.[5]
The New Jim Crow
In ihrem Buch The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness[6] von 2010 vertritt sie die These, dass nach den Erfolgen der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre in den USA heute wieder eine systematische Rassendiskriminierung mit verheerenden sozialen Folgen vorherrscht, insbesondere durch den „War on Drugs“ (Krieg gegen Drogen) und andere Maßnahmen von Polizei, Justiz, Gefängnissystem und Politik. Ihr Buch konzentriert sich auf die massenhafte Inhaftierung afroamerikanischer Männer und männlicher Jugendlicher und den Ausschluss auch von Ex-Sträflingen vom politischen und sozialen Leben. Sie sieht diese Behandlung der Afroamerikaner als System rassistischer Herrschaft an und vergleicht sie mit den Jim-Crow-Gesetzen der Rassentrennung im 19. und 20. Jahrhundert. Alexander schreibt, dass Rasse eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Rolle im jetzigen System spiele, aber nicht im Sinne des altbekannten feindseligen Fanatismus. Das Herrschaftssystem sei vielmehr von Rassen-Indifferenz geprägt (von ihr als Mangel an Mitgefühl für Gruppen anderer Rasse definiert), ein Zug, den das System mit den Vorgängern Sklaverei und Rassentrennung teile.[7] Zur Überwindung des neuen Rassismus reichen Alexander zufolge kleinere Reformen des Polizei- und Justizsystems nicht mehr aus. Vielmehr sei eine neue Bürgerrechtsbewegung gegen den „War on Drugs“ erforderlich.
Schriften
- The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. The New Press, New York 2010, ISBN 978-1-59558-643-8.
- The new Jim Crow. Masseninhaftierung und Rassismus in den USA. Aus dem Englischen von Gabriele Gockel und Thomas Wollermann, Verlag Antje Kunstmann, München 2016, ISBN 978-3-95614-128-7.
- The New Jim Crow: Mass Incarceration in the Age of Colorblindness (Neuauflage zum zehnten Jubiläum, mit neuem Vorwort), Ingram Publishers Services 2020, ISBN 978-1-62097-545-9
Literatur
- Mark Karlin: „Die USA haben die höchste Inhaftierungsrate der Welt“. Gespräch mit Michelle Alexander. Über rassistische Vorurteile im Strafjustiz- und Gefängnissystem der Vereinigten Staaten, in: Junge Welt, Wochenendbeilage, 25. August 2012.
- Rita Schwarzer: «Wir leben schon lange in Trumps Amerika». Die amerikanische Bürgerrechtlerin Michelle Alexander stellt in Abrede, dass die Afroamerikaner in den USA gleichberechtigt sind. Interview mit Michelle Alexander, in: Neue Zürcher Zeitung, 17. Februar 2017, Onlineversion (abgerufen am 19. Februar 2017).
Weblinks
- Kurzbiografie beim Moritz College of Law (Memento vom 29. Mai 2013 im Internet Archive) der Ohio State University (englisch)
- Website zum Buch The New Jim Crow (englisch)
- Rede zu The New Jim Crow am Carleton College, 2012 (Video, englisch)
- Auftritt in der Fernsehsendung Colbert Report (Video, englisch)
Einzelnachweise
- "Weddings; Michelle Alexander, Carter Stewart" (limited no-charge access), The New York Times, March 24, 2002. Abgerufen am 16. Januar 2012.
- Kurzbiografie (Memento des Originals vom 17. April 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf der Website der Ohio State University
- "OSI Awards More Than $1.25 Million Nationwide to New Leaders in Criminal Justice Reform", Open Society foundations, January 31, 2005.
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 1. August 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Michelle Alexander: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. The New Press, New York 2010, ISBN 978-1-59558-103-7, S. X
- Michelle Alexander: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. The New Press, New York 2010, ISBN 978-1-59558-103-7; nicht auf Deutsch erschienen (Stand 2013), übersetzt etwa: Der neue Jim Crow. Masseninhaftierung im Zeitalter der Farbenblindheit
- vgl. Michelle Alexander: The New Jim Crow. Mass Incarceration in the Age of Colorblindness. The New Press, New York 2010, ISBN 978-1-59558-103-7, S. 198. Anmerkung: Das Wort „Rasse“ ist hier im Sinne des US-amerikanischen öffentlichen Diskurses über „race“ gebraucht, in dem die wissenschaftliche Erkenntnis, dass es keine verschiedenen Menschenrassen im Sinne der Rassentheorie gibt, bislang keinen begrifflichen Niederschlag gefunden hat.