Michèle Morgan
Michèle Morgan (* 29. Februar 1920 in Neuilly-sur-Seine; † 20. Dezember 2016 in Meudon[1] als Simone Renée Roussel) war eine französische Filmschauspielerin. Sie zählte vor allem in den 1940er- und 1950er-Jahren zu den beliebtesten Filmschauspielerinnen ihres Landes, war aber auch im internationalen Film gefragt.
Leben
Die Karriere von Michèle Morgan begann, nachdem sie 1935 Schauspielunterricht bei René Simon in Paris genommen hatte. 1938 stand sie unter dem Regisseur Marcel Carné in einem ihrer berühmtesten Filme neben Jean Gabin und Pierre Brasseur vor der Kamera – in Quai des brumes – Hafen im Nebel. Dieser wird wie ihre folgenden Filme Das Gesetz des Nordens und Schleppkähne, die sie endgültig als Filmstar etablierten, der Stilrichtung des Poetischen Realismus zugerechnet. In Anbetracht des Zweiten Weltkrieges ging Morgan im Oktober 1940 nach Hollywood, wo sie Verträge bei RKO und Universal bekam. Sie spielte unter anderem weibliche Hauptrollen neben Paul Henreid in Joan of Paris (1942) sowie mit Frank Sinatra in High and Higher. Morgan war ebenfalls für die Ilsa Lund in Casablanca neben Humphrey Bogart im Gespräch. Die Rolle ging zwar letztlich an Ingrid Bergman, doch 1944 sollte Morgan neben Bogart in Fahrkarte nach Marseille spielen, einem Film mit sehr ähnlicher Thematik wie Casablanca.
Nach Ende des Krieges 1946 entschied sie sich – obwohl seit 1943 amerikanische Staatsbürgerin –, nach Frankreich zurückzukehren. Allerdings wurde sie durch ihre US-amerikanische Zeit international bekannt und gefragt. Für den französischen Film La Symphonie pastorale von Jean Delannoy erhielt sie bei den ersten Filmfestspielen von Cannes überhaupt den Preis als Beste Darstellerin. Sie war in den 1950er Jahren die beliebteste Schauspielerin Frankreichs und drehte mit berühmten Kollegen wie Jean Gabin, Pierre Brasseur, Gérard Philipe, Yves Montand, Jean Marais und Humphrey Bogart. Es folgten international bekannte Filme wie Carol Reeds britisches Filmdrama Kleines Herz in Not (1948), Alessandro Blasettis historische Romanverfilmung Fabiola (1949) in Italien oder Yves Allégrets Oscar-nominierter Film Die Hochmütigen (1953). Besonders oft übernahm sie Rollen in historischen Filmen, etwa von René Clair und Sacha Guitry, sie spielte unter anderem Marie-Antoinette und Joséphine de Beauharnais. 1955 spielte sie unter Regie von René Clair die Hauptrolle in dessen Filmklassiker Das große Manöver. 1959 war sie in Menschen im Hotel, einer Verfilmung von Vicki Baums Roman, als Primaballerina Grusinskaja neben O. W. Fischer und Heinz Rühmann zu sehen.
Zu ihren Markenzeichen zählten ihre kristallblauen Augen, die als außergewöhnlich schön galten[2], sowie das Rollenfach der distanziert und einsam wirkenden, aber doch unabhängigen Frau.[3] In den 1960er Jahren drehte sie zwei Filme mit dem französischen Regisseur François Villiers. Im amerikanischen Kriegsfilm Sie fürchten weder Tod noch Teufel (1966) mit Anthony Quinn und Alain Delon übernahm sie eine wichtige Nebenrolle. Nach der Filmkomödie Benjamin widmete sie sich verstärkt der Malerei, die sie an der Art School in Los Angeles studiert hatte. Zu ihren späten Rollen gehört ein Auftritt neben Marcello Mastroianni in Allen geht’s gut (1990), die letzte Rolle spielte sie 1999 im Fernsehfilm La rivale.
1965 veröffentlichte sie ihre Memoiren unter dem Titel Mes Yeux ont vu (Meine Augen haben gesehen), 1977 folgte die Fortsetzung. 1969 wurde sie zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Hollywood ehrte sie mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame (1645 Vine Street). 1992 erhielt sie bei der Césarverleihung den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk.
1942 heiratete sie William Marshall, mit dem sie einen Sohn hatte, Mike Marshall, der auch in mehreren Filmen mitspielte. Nach der Scheidung von William Marshall 1949 heiratete sie den französischen Schauspieler Henri Vidal. Nach dessen Tod wurde der Schauspieler und Regisseur Gérard Oury ihr dritter Ehemann, das Paar war von 1960 bis zu Ourys Tod im Jahr 2006 verheiratet. Morgan starb im Dezember 2016 im Alter von 96 Jahren eines natürlichen Todes und wurde auf dem Cimetière Montparnasse beigesetzt.
Filmografie (Auswahl)
- 1937: Der fünfte Geschworene (Gribouille)
- 1937: Orage – Regie: Marc Allégret
- 1938: Hafen im Nebel (Le Quai des Brumes)
- 1939: Das Gesetz des Nordens (La loi du nord)
- 1939–1941: Schleppkähne (Remorques)
- 1942: Joan of Paris
- 1943: Fahrkarte nach Marseille (Passage to Marseille)
- 1943: Higher and Higher
- 1946: Und es ward Licht (La Symphonie pastorale)
- 1946: The Chase
- 1948: Kleines Herz in Not (The Fallen Idol)
- 1948: Treffpunkt Rio (Aux yeux du souvenir)
- 1949: Die Karriere der Doris Hart (La Belle que voilà)
- 1948: Fabiola
- 1950: Das träumende Herz (Marie Chapdelaine)
- 1950: Sündige Liebe (L’étrange Madame X)
- 1950: Rendezvous in Paris (Le château de verre)
- 1952: Geständnis einer Nacht (La minute de verité)
- 1952: Die sieben Sünden (Les sept péchés capitaux)
- 1953: Aufenthalt vor Vera Cruz/Die Hochmütigen (Les Orgueilleux)[4]
- 1954: Liebe, Frauen und Soldaten (Destinées)
- 1954: Napoleon (Napoléon)
- 1955: Oase
- 1955: Das große Manöver (Les grandes manœuvres)
- 1955: Die Blume der Nacht (Marguerite de la nuit)
- 1956: Der Liebesroman einer Königin (Marie-Antoinette)
- 1957: Unter glühender Sonne (The Vintage)
- 1957: Luzifers Tochter (Retour de Manivelle)
- 1958: Der Tag und die Nacht (Le miroir à deux faces)
- 1958: Die Affären von Madame M. (Maxime)
- 1959: Menschen im Hotel
- 1959: Frau im Fegefeuer (Pourquoi viens-tu si tard?)
- 1960: Fortunat
- 1960: Vis-à-vis (Les scélérats)
- 1961: Die drei Wahrheiten (Le puits aux trois vérités)
- 1961: Vor Salonlöwen wird gewarnt (Les lions sont lachés)
- 1961: Dr. Malbus verschwand um vier (Rencontres)
- 1961: Verbrechen aus Liebe (Le crime ne paie pas)
- 1963: Der Frauenmörder von Paris (Landru)
- 1963: Vorsicht, meine Damen! (Méfiez-vous, mesdames)
- 1963: In Ketten zum Schafott (Il fornaretto di Venezia)
- 1963: Der Mord, der zweimal geschah (Constance aux enfers)
- 1964: Das grausame Auge (Les Yeux cernés)
- 1966: Sie fürchten weder Tod noch Teufel (Lost Command)
- 1968: Benjamin – Aus dem Tagebuch einer männlichen Jungfrau (Benjamin ou Les mémoires d’un puceau)
- 1971: Paulina haut ab (Pauline s’en va)
- 1975: Eine Katze jagt die Maus (Le chat et la souris)
- 1978: Ein Mann sucht eine Frau (Robert et Robert)
- 1990: Allen geht’s gut (Stanno tutti bene)
- 1995: Die Witwe des Architekten (La veuve de l’Architecte)
- 1999: La rivale (Fernsehfilm)
Theater
- Chéri, von Colette, (1982)
- Les Monstres sacrés, mit Jean Marais, (1993)
Trivia
Die ehemalige Präsidentin von Chile Michelle Bachelet wurde nach Michèle Morgan benannt.[5]
Weblinks
- Michèle Morgan in der Internet Movie Database (englisch)
- Michèle Morgan. In: Virtual History (englisch)
Einzelnachweise
- Michèle Morgan est morte: décès de la comédienne du «Quai des Brumes». (Memento des Originals vom 21. Dezember 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. AFP-Artikel in The Huffington Post, 20. Dezember 2016, abgerufen am 20. Dezember 2016 (französisch).
- Nachruf in der Welt
- Nachruf im Tagesspiegel
- Die Hochmütigen in der Online-Filmdatenbank
- Michelle Bachelet, présidente du Chili. CBC/Radio-Canada, 3. März 2006 (französisch).