Meister der goldenen Tafel
Als Meister der Goldenen Tafel (auch als zweiter Maler der Goldenen Tafel bezeichnet) wird ein spätgotischer Maler, bzw. eine Malerwerkstatt bezeichnet, die wahrscheinlich um 1420/1430 die Malereien auf drei der vier Flügel der sogenannten „Goldene Tafel“ der Michaeliskirche in Lüneburg schuf.
Die Arbeit des Meisters an der Goldenen Tafel
Die „Goldene Tafel“ war ein Hochaltarretabel und kostbarer Reliquienschrein in dem Neubau der Benediktinerabteikirche St. Michaelis in Lüneburg. Der Schrein in der zweiten Wandlung mit seinen 22 Gefachen rund um die ältere Goldene Tafel, ein mit Goldblech belegtes romanisches Antemensale, war kunstvoll mit detailliertem Schnitzwerk verziert. Die Flügel der zweiten Wandlung zeigen jeweils zehn großformatige und sechs kleinformatige weibliche Heiligenfiguren, die Flügel der ersten Wandlung sind mit Malereien aus dem Leben Jesu geschmückt. Große Teile des Reliquienschatzes sowie das Antemensale gingen 1698 durch einen Kunstraub verloren. Die beiden Flügel mit den Gemälden des Meisters der Goldenen Tafel sind heute im Landesmuseum Hannover zu sehen. Sie gelten als ein bemerkenswertes Beispiel der Kunstfertigkeit in der Spätgotik im Norden Deutschlands, vor allem in Betrachtung der zum Teil rekonstruierbaren[1] Kombination von Schnitzerei und Malerei zu einem „Gesamtkunstwerk“, an dem auch eine hohe handwerkliche Fertigkeit im Umgang mit Gold als Werkstoff zu erkennen ist.
Standort der Werkstatt und Zuordnung
Woher der sogenannte zweite Meister der Goldenen Tafel ursprünglich kommt, wird in der Forschung diskutiert. Es gibt stilistische Ähnlichkeiten zu Kölner Gemälden aus der Zeit um 1400, so dass ein kölnischer Einfluss vermutet wird. Auf der anderen Seite sind auch einige absolut "unkölnische" Details zu beobachten, so dass eine definitive Herkunft des Meisters aus Köln nicht bestätigt werden kann. Die Malereien zeigen deutliche stilistische und malerische Ähnlichkeiten zu den Miniaturen von drei Handschriften aus Lüneburg, die kurz vor 1400 gefertigt worden sind.[2] Möglich ist also, dass eine hoch qualifizierte Künstlerwerkstatt in Lüneburg um 1400 ansässig war, die sowohl die Buchmalereien ausführte als auch die Goldene Tafel bemalte. Im sog. Wevelkoven-Missale ist eine ältere Miniatur erhalten, die einer anderen Werkstatt zugeordnet werden muss, ganz ähnlich wie bei der Goldenen Tafel, wo ebenfalls die Innenseite des linken Außenflügels und zwei Bildfelder der Innenseite des rechten Außenflügels einem älteren Künstler oder einer älteren Werkstatt zugeschrieben werden können. Woher diese Werkstatt und die Maler kamen, ist nach wie vor Gegenstand der Forschung.[3]
Restaurierung
Von 2016 bis 2019 wurde die Goldene Tafel im Landesmuseum Hannover von Kunsthistorikern und Kunstwissenschaftlern erforscht und anschließend restauriert.[4] Bei einem Kolloquium im April 2016 wurden die Ergebnisse des von der Volkswagenstiftung finanzierten Projektes vorgestellt.[5]
Literatur
- Curt Habicht: Die goldene Tafel der St. Michaeliskirche zu Lüneburg (= Niedersächsische Kunst in Einzeldarstellungen. Band 2). Angelsachsen-Verlag, Bremen 1922.
- Helmut Reinecke: Lüneburger Buchmalereien um 1400 und der Maler der goldenen Tafel. L. Röhrscheid, Bonn 1937.
- Marie Kempfer: Die Farbigkeit als Kriterium für Werkstattbeziehungen dargestellt an zehn Altären aus der Zeit zwischen 1370 und 1430. In: Giessener Beiträge zur Kunstgeschichte. Jg. 2 (1973), S. 7–49.
- Meister der goldenen Tafel. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 37: Meister mit Notnamen und Monogrammisten. E. A. Seemann, Leipzig 1950, S. 121–122.
- Götz J. Pfeiffer: Die Malerei der Goldenen Tafel. Ansätze zu einer Neuorientierung der Forschung. In: Cornelis Bol (Red.): Eine Heiligenfigur der goldenen Tafel aus St. Michael zu Lüneburg. Herausgegeben von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit dem Niedersächsischen Landesmuseum Hannover (= Patrimonia. Band 324). Kulturstiftung der Länder, Berlin 2007, S. 34–43.
- Rainer Blaschke: Studien zur Malerei der Lüneburger „Goldenen Tafel“. Dissertation, Bochum 1976.
- Antje-Fee Köllermann, Christine Unsinn (Hg.), Zeitenwende 1400. Die Goldene Tafel als europäisches Meisterwerk, Petersberg 2019, ISBN 978-3-7319-0512-7.
- Antje-Fee Köllermann (Hg.), Die Goldene Tafel in Lüneburg (= Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte N.F. 5), 2019.
Weblinks
- Master of the Golden Panel of Lüneburg (Memento vom 6. März 2005 im Internet Archive), In: The Grove Dictionary of Art, auf artnet.com, im Internet Archive auf archive.org, Stand: 6. März 2005, gesehen 2. Mai 2011 (englisch)
Einzelnachweise
- vgl. z. B. Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit dem Niedersächsischen Landesmuseum Hannover (Hrsg.): Eine Heiligenfigur der goldenen Tafel aus St. Michael zu Lüneburg. Patrimonia 2007
- Reinecke 1937 und Köllermann/Unsinn 2019
- Köllermann/Unsinn 2019 und Köllermann 2019
- Die Goldene Tafel aus Lüneburg. Forschungen zu Technik, Gestalt, Kontext und Bedeutung eines Retabels um 1400 (Memento des Originals vom 4. Januar 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 29. Februar 2016.
- Internationales Kolloquium: Die Goldene Tafel im Kontext. Forschungen zu Technik, Gestalt und Bedeutung nordeuropäischer Retabel um 1400, vom 7. bis 9. April 2016 in Hannover, abgerufen am 4. September 2017.