Meßberghof
Der Meßberghof – bis 1938 Ballinhaus – ist ein 1924 errichtetes Kontorhaus in Hamburg. Das denkmalgeschützte Gebäude befindet sich am Meßberg zwischen der Straße Pumpen und Willy-Brandt-Straße (bis 2005 Ost-West-Straße) und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe Speicherstadt und Kontorhausviertel.
Geschichte
Das Gebäude wurde von 1922 bis 1924 nach Entwürfen der Architekten Hans und Oskar Gerson für die Aktiengesellschaft für In- und Auslandsunternehmungen errichtet und nach dem 1918 verstorbenen Hamburger Reeder Albert Ballin benannt. Unter Leitung von Ballin war die HAPAG bis 1914 zur weltgrößten Reederei aufgestiegen. Im nationalsozialistischen Hamburg galt Ballin als Namensträger des Kontorhauses wegen seiner jüdischen Abstammung als nicht mehr tragbar, daher wurde das Kontorhaus 1938 auf Weisung des Hamburger Gauleiters Karl Kaufmann nach der anliegenden Straße in Meßberghof umbenannt.[1]
Nach Heimfall des durch Erbbaurecht errichteten Hauses an die Liegenschaft Mitte der 1970er Jahre wurde zeitweilig über einen Abriss nachgedacht. 1983 wurde das Haus unter Denkmalschutz gestellt.[2]
Der ehemalige Eigentümer, ein Unternehmen der Deutschen Bank, erklärte zwar auf Drängen 1997 seine Absicht, dem Gebäude seinen alten Namen wiederzugeben, dies ist jedoch bis heute nicht geschehen. Stattdessen trägt das HAPAG-Hauptgebäude am Ballindamm seit 1997 den Namen Ballinhaus.[3]
Zu den zahlreichen Mietern im Meßberghof gehörte seit 1928 auch die Firma Tesch & Stabenow, die das hochgiftige Zyklon B an Konzentrationslager lieferte und deren Inhaber Bruno Tesch 1946 hingerichtet wurde. 1992 plante die Kulturbehörde Hamburg, am Gebäude eine Informationstafel zur Geschichte des Hauses anzubringen, in der die Lieferfirma des Zyklon B deutlich hervorgehoben werden sollte. Diesen Vorschlag lehnte der Eigentümer jedoch ab, da „die Informationstafel eine zügige Vermietung voraussichtlich behindern würde …“ Zeitweilig wurde überlegt, eine Informationstafel auf öffentlichem Grund aufzustellen. Der Eigentümer bot daraufhin an, eine Chronik-Tafel im Treppenhaus anzubringen. 1997 wurde nach langem Streit um den Text und mögliche Standorte eine von außen deutlich sichtbare Erinnerungstafel angebracht.[4]
Architektur und Bauplastik
Das zehngeschossige Gebäude besitzt einen ausgeprägten Kopfbau nach Westen sowie zwei Flügel, die parallel zu Pumpen und Willy-Brandt-Straße verlaufen. Die acht Obergeschosse über dem Erdgeschoss besitzen den gleichen Grundriss der tragenden Wände und Pfeiler, nur das neunte Obergeschoss ist etwas zurückgezogen. Das Haus ist als Eisenbetonbau mit einer Backsteinfassade ausgeführt. Das recht flache Walmdach ist mit Titanblech gedeckt.
An der Fassade befinden sich mit den Enigma-Variationen acht Figuren, die von Lothar Fischer von 1996 bis 1997 erstellt wurden.
Siehe auch
Literatur
- Das Ballinhaus in Hamburg. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Jg. 8 (1924), Nr. 3/4, S. 118–124 (Neun Abbildungen); urn:nbn:de:kobv:109-opus-9179
- Das „Ballinhaus“ in Hamburg. In: Zentralblatt der Bauverwaltung. Jg. 44 (1924), Nr. 32, S. 267–269 (Zehn Abbildungen); urn:nbn:de:kobv:109-opus-57393
Weblinks
Einzelnachweise
- Bernd Allenstein: 39. Station, Meßberg 1 : Ballin-Haus/Meßberghof. (PDF; 3,6 MB) In: Rita Bake, Hamburger Landeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.): Verschiedene Welten: 45 historische Stationen durch das Kontorhausviertel. Hamburg 2010, ISBN 978-3-929728-27-9, S. 86–87.
- Denkmalliste der Freien und Hansestadt Hamburg, Stand 13. April 2010. (Memento vom 27. Juni 2011 im Internet Archive; PDF; 915 kB) Denkmalschutzamt in der Behörde für Kultur, Sport und Medien, Hamburg 2010, S. 119, Denkmallisten-Nr. 684.
- Das Ballinhaus der Hapag-Lloyd am Ballindamm. In: hamburgbilder.de. 19. Juni 2016, abgerufen am 29. September 2019.
- Jürgen Kalthoff, Martin Werner: Die Händler des Zyklon B. Tesch & Stabenow. Eine Firmengeschichte zwischen Hamburg und Auschwitz. VSA-Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-87975-713-5.