Max-Samuel-Haus
Das Max-Samuel-Haus ist eine Villa in Rostock, die seit 1991 die Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock beherbergt. Im Haus finden kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen, Ausstellungen und Konzerte statt, eine umfangreiche Bibliothek bietet Interessierten Sachliteratur zur jüdischen Geschichte und Kultur.
Geschichte des Hauses
Die Villa Schillerplatz 10 in der Steintor-Vorstadt wurde 1912 vom Laager Architekten und Baumeister Paul Korff für den Physiologen Hans Winterstein gebaut, der diese 1919 verkaufte, als er Rostock verließ. 1921 kaufte sie Max Samuel (1883–1942), ein Rostocker Schuhartikelfabrikant (EMSA-Werke). Das Haus wurde in den antisemitischen Ausschreitungen der Reichspogromnacht am 9. November 1938 angegriffen und beschädigt. Anschließend nutzte bis 1945 das Kaiser-Wilhelm-Institut für Pflanzenforschung das Haus als Labor. Nach dem Kriegsende saß hier der Kulturbund Rostock, später die städtische Schulbehörde. Von 1955 bis 1991 wurde das Haus als Kindertagesstätte genutzt.[1]
Im August 1991 schenkte der Sohn Max Samuels, Herbert Samuel, die ihm rückerstattete Villa in Rostock der neu gegründeten Stiftung.
Gründung und Aktivitäten der Stiftung
Die ersten Initiativen, um die nach der Vertreibung und Vernichtung der Juden in Vergessenheit geratene jüdische Geschichte Rostocks genauer zu erforschen, regten sich in der Endphase der DDR. 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, wurde ein erster Verein gegründet, aus dem später die Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock hervorging. Stiftungszweck ist die Förderung aktiver Toleranz im Miteinander von Menschen unterschiedlicher Religion, Nationalität, Weltanschauung und Lebensform. Die Stiftung ist also nicht nur auf jüdische Themen beschränkt.
Die Stiftung führt Veranstaltungen und Projekte zur jüdischen Kultur und Geschichte in Rostock und in Mecklenburg-Vorpommern durch. Weiter steht die Rückdrängung fremdenfeindlicher und antisemitischer Einstellungen in der Gesellschaft im Mittelpunkt, was durch einschlägige Jugend- und Bildungsarbeit gefördert werden soll. Schwerpunkte waren dabei anfänglich die Hilfestellung für die Jüdische Gemeinde Rostock, welche sich seit 1990 neu formierte, sowie die Kontaktpflege zu jüdischen Menschen mit Wurzeln in Rostock wie Yaakov Zur, die vor der NS-Verfolgung aus der Stadt flüchten konnten und nun weltweit verstreut leben. Auch wurden mehrere Studienreisen nach Israel durchgeführt.
Das Max-Samuel-Haus wird von der Stadt Rostock und vom Land Mecklenburg-Vorpommern gefördert.[2] Die Stiftung wird seit 1993 durch den Verein der Freunde und Förderer des Max-Samuel-Hauses e.V. unterstützt.
Für 2013 hat das Bildungsministerium die Zuwendungen um 7000 Euro gekürzt. Damit ist die Existenz der Stiftung nach Angaben der Mitarbeiter gefährdet. Wegen nicht antragsgemäßer Verwendung von Fördermitteln in der Vergangenheit prüft das Bildungsministerium eine Rückzahlung von 32.000 Euro. Finanzielle Hilfe haben die Stadtwerke Rostock, die OstseeSparkasse Rostock und die städtische Wohnungsgesellschaft WIRO zugesagt.[3]
Die Familie Max Samuel
Max Samuel
Samuel übernahm 1923 den Vorsitz der Israelitischen Gemeinde zu Rostock, erreichte 1926 die Verlegung des Landesrabbinats von Schwerin nach Rostock und war von 1930 bis 1938 auch Vorsitzender des Israelitischen Oberrates der Israelitischen Landesgemeinde Mecklenburg-Schwerin, dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Mecklenburg-Schwerin. Ab 1933 kümmerte er sich unter anderem um Ausreisemöglichkeiten für bedrängte Juden und um die jüdischen Friedhöfe. Im Frühjahr 1938 ging auch Max Samuel ins englische Blackburn, wo er 1942 starb.
Herbert Samuel
Herbert Samuel, der Sohn von Max Samuel, wurde 1907 in Güstrow geboren, legte 1925 am Gymnasium Große Stadtschule Rostock das Abitur ab und schloss 1932 sein Jurastudium an der Universität Rostock mit der Promotion ab.[4] Weil er sich wegen der Rassegesetze nicht als Jurist niederlassen durfte, emigrierte er 1934 nach England, wo er erfolgreich eine Zweigfirma der väterlichen Fabrik bei Blackburn aufbaute. Viele jüdische Emigranten erhielten seine Unterstützung. Nach dem Krieg arbeitete er als Jurist in Großbritannien. Herbert Samuel starb 1992 in Lower Darwen bei Blackburn. Zu seinem Gedenken verleiht die Stiftung jährlich den „Herbert-Samuel-Preis für besondere Verdienste um die Förderung aktiver Toleranz“.
Literatur
- Frank Schröder u. a.: 100 jüdische Persönlichkeiten aus Mecklenburg-Vorpommern. hrsg. von der Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock. Rostock 2003, DNB 1128253151.
- weitere Publikationen aus dem Max-Samuel-Haus: http://max-samuel-haus.de/publikationen/index.html
Weblinks
Einzelnachweise
- max-samuel-haus.de aufgerufen am 1. August 2011.
- Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern: Fortsetzung der Arbeit der Stiftung Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur in Rostock für 2005 gesichert. Rostock/ Schwerin, 14. Februar 2005. (online; abgerufen am 26. Juli 2008)
- (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Benefizkonzert soll Max-Samuel-Haus retten.) In: Ostseezeitung. 2. April 2013 (abgerufen am 4. April 2013)
- Siehe dazu die Immatrikulationen von Herbert Samuel im Rostocker Matrikelportal