Mart Raud
Mart Raud (eigentlich Martin Raud, * 14. September 1903 in Laanekuru, Russisches Kaiserreich, heute Landgemeinde Pärsti/Estland; † 6. Juli 1980 in Tallinn) war ein estnischer Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker.
Leben und Werk
Mart Raud besuchte die Dorfschule in Heimtali (heute Landgemeinde Pärsti) sowie die Kirchspiel-Schulen in Paistu und Viljandi. Später hörte er regelmäßig an der Universität Tartu Vorlesungen in Literaturwissenschaft.
Mart Raud debütierte 1919 als Lyriker. Ab 1924 verdiente er sich mit dem Schreiben seinen Lebensunterhalt. Seine beiden ersten Gedichtanthologien Kangastused (1924) und Äitsmik (1925) enthielten vor allem Mundart-Gedichte aus seiner Heimat, dem Kreis Viljandi im lokalen Dialekt Mulgi. In der Gedichtsammlung Rusemed (1927) tritt Mart Raud mit grotesken Bildern hervor. Er wandte sich in dieser Zeit immer mehr sozialen und gesellschaftlichen Fragen zu. In den 1920er Jahren veröffentlichte er auch Kurzprosa. Als Fortsetzungsromane erschienen in estnischen Zeitungen Metsa Manni (1924) und Uued inimesed (1925).
In den 1920er Jahren schloss sich Raud der literarischen Bewegung Arbujad (deutsch etwa Schamanen) an. Nach der sowjetischen Besetzung Estlands 1940 stand er allerdings loyal zu den neuen Machthabern und distanzierte sich von seinen früheren literarischen Weggefährten, von denen viele nach Sibirien deportiert wurden.
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen seine kommunistisch-heroischen Gedichtsammlungen Sõjasõna (1943) und Jõud ja valgus (1948). Beide sind von einer lebensbejahenden Botschaft geprägt. Seit den 1960er Jahren standen Gedanken über Land und Volk im Mittelpunkt seines Schaffens. Sowohl die Probleme des Einzelnen als auch die der Menschheit rückten mehr und mehr ins Zentrum seiner Lyrik. Daneben schrieb Raud Gedichte in einem ironischen Ton mit Sinn für Schalk und Humor sowie Epigramme und Akrosticha. Auch als Literaturkritiker machte sich Raud einen Namen.
Mart Raud liegt heute auf dem Tallinner Waldfriedhof begraben.
Privatleben
Mart Raud war der Vater des estnischen Schriftstellers Eno Raud (1928–1996) und der Textilkünstlerin Anu Raud (* 1943) sowie der Großvater der Schriftsteller Rein Raud und Mihkel Raud und der Schriftstellerin und Künstlerin Piret Raud. Mart Raud heiratete 1941 die estnische Anglistin und Übersetzerin Valda Raud (geb. Aaviste, 1920–2013).
Literatur
- Cornelius Hasselblatt: Geschichte der estnischen Literatur. Berlin, New York 2006 (ISBN 3-11-018025-1), S. 508f.
Weblinks
- Lebenslauf, Bilder und Texte (estnisch)
- Mart Raud 100 in: Oma Vald, Nr. 8(69), S. 7, (estnisch; PDF-Datei; 1,00 MB)