Mark Vishik

Mark Vishik, russisch Марко Иосифович Вишик, Transkription: Marko Iossifowitsch Wischik, (* 19. Oktober 1921 i​n Lwów; † 23. Juni 2012 i​n Moskau) w​ar ein Mathematiker a​us Lwów/Lemberg, d​er seit 1945 i​n Moskau a​uf dem Gebiet d​er Partiellen Differentialgleichungen arbeitete.[1]

Leben und Werk

Lwów

Mark Vishik besuchte i​n Lemberg (Lwów) d​as 5. Gymnasium, welches a​uf Mathematik u​nd Physik spezialisiert war.[2] Seine mathematische Begabung w​urde durch e​ine Lehrmethode gefördert, b​ei der d​ie Schüler selbst mathematische Beweise finden mussten.[3] Er begann d​as Mathematikstudium a​n der Universität Lwów i​m Dezember 1939, a​lso zu d​er Zeit, a​ls die Lemberger Mathematikerschule n​och aktiv war. Unter seinen Lehrern w​aren Juliusz Paweł Schauder, Stanisław Mazur, Bronisław Knaster u​nd Edward Szpilrajn, d​er 1940 i​n Lwów e​ine Studentenkonferenz organisierte, a​n der a​uch Banach teilnahm.

Von Lwów nach Tiflis

Im Juni 1941, während der Besetzung Lwóws durch die Deutschen, verließ Vishik mit einer Komsomol-Gruppe die Stadt. Sie schlossen sich dem zurückweichenden Militär an und erreichten zu Fuß Ternopil und dann Schmerynka (bei Winnyzja) sowie nach zwei weiteren Wochen mit Hilfe eines Güterzugs Kiew. Auf der weiteren Flucht nach Krasnodar, passierte Vishik Dniprodserschynsk und half zwei Monate bei der Ernte in Timaschewsk. Er wurde Student an der pädagogischen Hochschule in Krasnodar, flüchtete dann aber aufgrund der vorrückenden deutschen Truppen weiter nach Machatschkala, wo er ein Jahr lang studierte. Er erkrankte an Malaria, konnte aber auf einem Militärzug versteckt im Herbst 1942 nach Tiflis gelangen. Vishik hatte den Mathematiker und Präsidenten der 1941 gegründeten Georgischen Akademie der Wissenschaften Nikolos Muschelischwili schon bei dessen Besuch in Lwów (vermutlich im Jahr 1940) kennengelernt und konnte daher sofort mit dem Studium in Tiflis beginnen. Das mathematische Institut wurde von Ilia Wekua geleitet, es gab Vorlesungen von V. Kupradze und Vishik freundete sich mit dem Zahlentheoretiker Arnold Walfisz an. Nach Beendigung des Studiums im Jahr 1943 und Lehrtätigkeit in Tiflis wurde Vishik von Walfisz, Felix Gantmacher und Muschelischwili empfohlen, zur Fortsetzung des Studiums nach Moskau zu gehen.

Moskau

Ab Frühling 1945 studierte Vishik b​ei Lasar Aronowitsch Ljusternik i​n Moskau. Dort t​raf er a​m 8. Mai 1945 (V-E-Day) s​eine spätere Frau Asya Guterman. Er promovierte 1947 a​m Steklow-Institut u​nd verteidigte s​eine Arbeit v​or I. G. Petrowski u​nd S. L. Sobolew. Seine Dissertation i​st eine Verallgemeinerung d​er Arbeit The method o​f orthogonal projection i​n potential theory v​on Hermann Weyl (Duke Math. J. 7, 1940), d​ie er o​hne Englischkenntnisse analysierte. Von 1947 b​is 1965 w​ar er e​rst Assistent, dann, n​ach der Habilitation 1951, Professor a​m Moskauer Power Engineering Institute.

Seit 1965 w​ar Vishik Professor a​n der Fakultät für Mechanik u​nd Mathematik d​er Lomonossow-Universität i​n Moskau. Seit 1993 forschte e​r am Institute f​or Problems o​f Information Transmission d​er Russischen Akademie d​er Wissenschaften. Mark Vishik h​atte 48 Doktoranden u​nd war Autor mehrerer Bücher s​owie von ungefähr 250 Artikeln. Seine beiden Söhne Mikhail u​nd Simeon s​ind ebenfalls Mathematiker. Seit 1961 organisierte e​r das Seminar z​um Thema Partielle Differentialgleichungen.[4]

Seine Arbeiten w​aren außergewöhnlich fruchtbar. Zum Beispiel schrieben Jacques-Louis Lions u​nd Enrico Magenes e​in dreibändiges Werk über nicht-homogene Randwertprobleme, welches s​ich aus e​iner Arbeit v​on Mark Vishik u​nd S. L. Sobolew a​us dem Jahr 1956 entwickelte.[5]

Auszeichnungen

Mark Vishik w​ar Mitglied d​er American Academy o​f Arts a​nd Sciences (seit 1990) s​owie der Italienischen Akademie d​er Wissenschaften (seit 1994). 1992 erhielt e​r den Petrowski-Preis d​er Russischen Akademie d​er Wissenschaften. Im Jahr 2001 w​urde ihm d​ie Ehrendoktorwürde d​er Freien Universität Berlin verliehen.

Schriften

  • Dissertation: On the method of orthogonal projections for linear self-adjoint equations, 1947
  • Habilitation: On systems of elliptic differential equations and on general boundary-value problems, 1951
  • (mit A. V. Fursikov): Mathematical Problems of Statistical Hydromechanics, Kluwer, 1988. Deutsche Fassung: Mathematische Probleme der statistischen Hydromechanik, Akademische Verlagsgesellschaft, Leipzig, 1986 (Russisches Original 1980)
  • (mit A. V. Babin): Attractors of Evolution Equations, North-Holland, 1992 (Russisches Original 1989)
  • Asymptotic Behaviour of Solutions of Evolutionary Equations, Cambridge University Press, 1993
  • (Autor und Herausgeber mit A. V. Babin): Properties of Global Attractors of Partial Differential Equations, Advances in Soviet Mathematics (AMS), Band 10, 1992 (Sammelband mit 4 Artikeln, davon zwei von Mark Vishik (zusammen mit V. Y. Skvortsov))
  • (mit V. V. Chepyzhov): Attractors for Equations of Mathematical Physics (Colloquium Publications 49 (AMS)), 2002

Literatur

  • Mark Iosifovich Vishik (on his sixtieth birthday), M. S. Agranovich et al., Russian Mathematical Surveys 37 (4), 1982
  • Mark Iosifovich Vishik (on his seventy-fifth birthday), M. S. Agranovich et al., Russian Mathematical Surveys 52, 1997, online
  • Discrete and Continuous Dynamical Systems 10, Band 1/2, 2004 (Partial Differential Equations and Applications, A special volume in honor of Mark Vishik's 80th birthday), darin Roger Temam: Mark Vishik and his work, online
  • W. B. Demidowitsch: Interview Juni 2007 (PDF-Datei; 955 kB), S. 68–93
  • (Herausgeber M. S. Agranovich, M. A. Shubin): Partial Differential Equations: Mark Vishik's Seminar, AMS Translations Series 2, Band 206, 2002.

Einzelnachweise

  1. Mark Vishik ist die übliche Schreibweise im englisch- und deutschsprachigem Raum. Da der Name nicht ursprünglich kyrillisch ist, sollte keine Transkription aus dem Kyrillischen erstellt werden.
  2. Siehe Interview, S. 70.
  3. Siehe Bericht von Roger Temam.
  4. Siehe dazu den von M. S. Agranovich und M. A. Shubin herausgegebenen Jubiläumsband.
  5. Siehe seine Rede The sources of my work bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde in Berlin.
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