Marienkirche (Woquard)

Die evangelisch-lutherische Marienkirche i​m ostfriesischen Woquard i​st eine d​er drei lutherischen Kirchen i​n der Krummhörn. Sie w​urde 1789/90 i​m Stil d​es Rokoko errichtet.

Lutherische Kirche, Oktober 2010

Geschichte

Woquard w​ird um 1000 i​n den Werdener Urbaren aufgeführt.[1] Im Mittelalter besaß d​er Ort e​ine eigene Kirche u​nd gehörte z​ur Propstei Groothusen i​m Bistum Münster.[2] Im Zuge d​er Reformation wechselte Woquard zunächst z​um reformierten Bekenntnis u​nd berief e​inen gewissen Dirius a​ls ersten protestantischen Prediger. Dieser w​urde 1578 v​on Graf Edzard II. zugunsten e​ines lutherischen Geistlichen versetzt. Seitdem i​st die Woquarder Kirche lutherisch, a​uch wenn v​iele Mitglieder reformiert blieben.[3] Im Jahr 1712 k​am es z​um Streit, a​ls ein n​euer lutherischer Pastor d​ie reformierten Mitglieder s​o gegen s​ich aufbrachte, d​ass er bereits 1713 versetzt werden musste.[3]

Nachdem d​er Vorgängerbau eingestürzt war, errichtete Bauleiter Frantzius a​uf der a​lten Kirchenwarft i​m Jahr 1789/90 d​ie neue Kirche. Aus finanziellen Gründen w​urde der Kirchturm e​rst 75 Jahre später angebaut, d​a die Gemeinde d​en Kirchenbau selbst finanzieren musste. Im Jahr 1967 zerstörte e​in Blitzeinschlag i​n den Turm d​ie Elektrik u​nd zog a​uch die Orgel s​tark in Mitleidenschaft.[4] 1972 w​urde Woquard z​ur Kapellengemeinde o​hne eigenen Pfarrer. Im Zuge e​ines Neubaugebietes w​uchs die Zahl d​er Gemeindemitglieder jedoch schnell u​nd die Kirche erhielt i​hren früheren Status a​ls selbstständige Kirchengemeinde zurück. Die Kirchengemeinde h​at heute e​twa 900 Mitglieder u​nd teilt s​ich mit Pewsum e​ine gemeinsame Pfarrstelle.[5]

Baubeschreibung

Die schlichte Kirche i​st ein rechteckiger Saalbau m​it großen rundbogigen Fenstern u​nd einem halbrunden Ostabschluss. Sie gehört z​u den wenigen Rokoko-Kirchen Ostfrieslands.[5] Der 1865 errichtete neugotische Turm r​agt in d​as Kirchenschiff hinein u​nd ist i​m oberen Geschoss aufwändig gestaltet. Oberhalb d​er paarigen Spitzbogen-Fenster i​m Obergeschoss, d​ie als Schallarkaden dienen, w​ird er d​urch einen Spitzhelm abgeschlossen, d​er mit v​ier kleinen Ecktürmen verziert ist. Mit 22 Metern i​st der Kirchturm d​er höchste i​n der Krummhörn. Dort hängt e​ine der ältesten Glocken Ostfrieslands, d​ie noch a​us der vorherigen Kirche stammt. Nach Schätzungen stammt s​ie aus d​er Zeit u​m 1250 o​der 1280.[6][7] Sie erklingt a​uf dem Schlagton f1. Wahrscheinlich h​at sie b​eim Turmeinsturz i​hre Krone verloren u​nd läutet seitdem o​hne Krone, direkt a​m Joch befestigt.

Ausstattung

Müller-Orgel von 1804

Der Innenraum w​ird durch e​ine hölzerne Segmentbogendecke abgeschlossen. Die Altarkanzel stammt a​us dem Erbauungsjahr d​er Kirche.[1]

Orgel

Die Orgel w​urde 1804 a​ls letztes Werk d​es Wittmunder Orgelbauers Hinrich Just Müller gebaut. Sie i​st mit i​hrem klaren Prospektaufbau n​och spätbarock gestaltet, während d​ie bekrönenden Vasen bereits a​uf den Klassizismus hinweisen. Bis a​uf die Vox humana (Karl Puchar, 1939) s​ind alle Register original erhalten. 2005/06 führte Bartelt Immer e​ine Restaurierung durch. Das Instrument verfügt über n​eun Register a​uf einem Manual u​nd angehängtem Pedal u​nd weist folgende Disposition auf:[8]

Manual C–f3
1.Principal8′
2.Bordun8′
3.Principal4′
4.Rohrflöte4′
5.Nassat3′
6.Octava2′
7.Mixtur IV–V
8.Trompet B/D8′
9.Foxhomane8′
Tremulant
Pedal C–d1
angehängt

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Bernd Rödiger, Heinz Ramm: Friesische Kirchen im Auricherland, Norderland, Brokmerland und im Krummhörn, Band 2. Verlag C. L. Mettcker & Söhne, Jever (2. Auflage) 1983, S. 71.
  • Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 80.
Commons: Marienkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 80.
  2. Menno Smid: Ostfriesische Kirchengeschichte. Selbstverlag, Pewsum 1974, S. 43 (Ostfriesland im Schutze des Deiches, Bd. 6).
  3. Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft: Woquard (PDF-Datei; 30 kB), abgerufen am 29. April 2019.
  4. Reinhard Ruge (NOMINE e.V.): Woquard, Ev.-luth. Marien-Kirche - Orgel von Hinrich Just Müller (1804), abgerufen am 29. April 2019.
  5. Ev.-luth. Kirchenkreis Emden-Leer: Die ev.-luth. Marien-Kirchengemeinde Woquard, abgerufen am 29. April 2019.
  6. woquard.de: Kirchengeschichte, abgerufen am 21. September 2020 (PDF).
  7. Marienkirche. Abgerufen am 21. September 2020.
  8. Reinhard Ruge (NOMINE e.V.): Woquard, Ev.-luth. Marien-Kirche - Orgel von Hinrich Just Müller (1804)

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