Manitas de Plata
Manitas de Plata (* 7. August 1921 in Sète; † 6. November 2014 in Montpellier; eigentlich Ricardo Baliardo) war ein französischer Gitarrist, der durch sein ungestümes und virtuoses Gitarrenspiel Ende der 1950er Jahre weltberühmt wurde. Der spanische Künstlername bedeutet „Silberhände“, eine Würdigung seiner Gitarrenkunst.
Leben und musikalisches Schaffen
Manitas de Plata stammte aus einer Familie von Gitans, französischer Roma, und erregte durch seine musikalischen Aktivitäten während der jährlichen Wallfahrten nach Saintes-Maries-de-la-Mer in der südfranzösischen Camargue die Aufmerksamkeit des Fotografen, Autoren und Filmemachers Lucien Clergue, der zum entscheidenden Förderer seiner späteren Karriere wurde. Lucien Clergue machte ihn mit Künstlern wie Pablo Picasso und Salvador Dalí bekannt, die ebenso zu seinen Bewunderern wurden, wie die Filmschauspielerin Brigitte Bardot.
Zusammen mit seinem Cousin José Reyes (Vater von André Reyes und Nicolas Reyes), einem Flamencosänger aus Nizza, veröffentlichte er in der Folgezeit zahlreiche Schallplatten und gab weltweit Konzerte. Bei vielen seiner Konzerte wurde er von seinen Söhnen (Diego Baliardo, Tonino Baliardo und Paco Baliardo),[1] Neffen und Schwiegersöhnen begleitet (Los Baliardos), mit denen er einen eigenen südfranzösischen Flamencostil auf der Basis der in den 1950er Jahren von Künstlern wie Antonio González „El Pescaílla“ und Peret entwickelten katalanischen Rumba (rumba catalana) prägte. Aus Mitgliedern der Familien Baliardo und Reyes formierten sich in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche Gruppen, deren kommerziell erfolgreichste die Gipsy Kings wurden.
Wie viele der Camargue-Musiker wurde auch Manitas de Plata sesshaft und lebte zuletzt in einem Appartement im südfranzösischen La Grande Motte. Er starb am 6. November 2014 im Alter von 93 Jahren in einem Krankenhaus in Montpellier.[2]
Kritik und Bedeutung
Ungeachtet seiner vielen Bewunderer und unzähligen Schallplatteneinspielungen war das künstlerische Schaffen von Manitas de Plata immer auch Gegenstand kontroverser Diskussionen, insbesondere seitens der Verfechter des traditionellen, andalusisch geprägten Flamencos. Diese kritisierten seinen Stil als eklektizistischen Pseudoflamenco und bewerteten sein Gitarrenspiel als Ausdruck einer zwar publikumswirksamen, aber musikalisch letztlich nur oberflächlich virtuosen Attitüde. So war das Urteil des amerikanischen Flamencoexperten Donn. E. Pohren (1929–2007) ebenso wenig schmeichelhaft, wie der Kommentar in einem der Standardwerke der spanischen Flamencoforschung:
“And the famous Manitas de Plata? A farce among flamenco guitarists, alarmingly deficient in his knowledge of flamenco, generally off even in his compás, of mediocre technique, but good, if nothing else for a laugh.”
„Und der berühmte Manitas de Plata? Eine Farce unter den Flamenco-Gitarristen, erschreckend mangelhaft in seinen Flamenco-Kenntnissen, in der Regel sogar in seinem Compás daneben, von mittelmäßiger Technik, aber wenn schon für nicht anderes, dann wenigstens noch gut für einen Lacher.“
«Tanto en su discografía como en sus actuaciones en directo, interpreta una música efectista totalmente desprovista de los auténticos valores del flamenco.»
„Sowohl in seiner Diskographie als auch bei seinen Live-Auftritten spielt er eine effekthascherische Musik, bar aller authentischen Werte des Flamenco.“
Hinsichtlich der durch zahlreiche Wiederveröffentlichungen und Zusammenschnitte kaum noch zu überblickenden Diskographie kann man nur zu dem Schluss kommen, dass sich ihre Quantität überwiegend aus Repetition und Neukombination einiger weniger, über Jahrzehnte kaum veränderter musikalischer Bausteine ergibt, und sich in ihr kein Bestreben zu einer auch qualitativen Weiterentwicklung feststellen lässt. Auch wenn die Titel der Stücke gelegentlich einen ambitionierteren Gestus einnehmen, verbleibt die Musik auf dem einmal beschrittenen und als verkaufsträchtig erachteten Weg eines Künstlers, dessen Anliegen sicherlich nicht im Bestreben nach Innovation zu sehen war.
Die Bedeutung Manitas de Platas – und da teilt er sein Schicksal mit dem spanischstämmigen, ähnlich erfolgreichen und ebenfalls von der Fachwelt geschmähten Gitarristen Carlos Montoya – liegt weniger in seinem musikalischen Schaffen, als in seiner über einen langen Zeitraum ungebrochenen Popularität und der damit verbundenen Breitenwirkung. So wurde er für viele Musikinteressierte zu einer Art Initialzündung, sich eingehender mit der Musik des Flamenco zu beschäftigen, zu deren Entwicklung er zwar wenig beizutragen vermochte, an deren Internationalisierung er aber einen nicht gering zu schätzenden Anteil hat.
Diskographische Hinweise
- Juerga! (1963)
- Flamenco Guitar (1965)
- Flamenco Guitar
- The world’s greatest living flamenco artist (1966, Philips, BL 7787)
- aux Saintes-Maries-de-la-mer (1966)
- et les siens (1967, Columbia Records, FL 363)
- The Art of the Guitar (1968, Everest Records, SDBR 3201)
- La guitare d’or de Manitas (1970, Columbia Records, S 63915)
- et Ses Guitares Gitanes (1972, CBS, S65020)
- Excitement of Manitas De Plata (1973, RCA Camden, CDS 1139)
- Hommages (1973, Embassy Records, S EMB 31003)
- Musique aux doigts (1976)
- Soleil des Saintes-Maries (1978)
- Feria Gitane (1994)
- Olé (1994)
- at Carnegie Hall (1995)
- Flaming Flamenco (1997)
- Manitas de Plata (1998)
- Camargue de Manitas (1999)
- Guitare D’Or Manitas de Plata (1999)
- Flores de mi corazón (1999, Troubadour Records)
- Guitarra Flamenco (2001)
- et los Plateros (2004)
Weblinks
- Manitas de Plata in der Internet Movie Database (englisch)
- Manitas de Plata bei AllMusic (englisch)
Einzelnachweise
- Wieland Harms: The Unplugged Guitar Book 2. Gerig, 1996, ISBN 3-87252-250-7, S. 111.
- Legendärer Flamenco-Gitarrist Manitas de Plata gestorben. In: Stern vom 6. November 2014 (abgerufen am 6. November 2014).
- Donn E. Pohren: The Art of Flamenco. Sevilla 1962; 5. Auflage: The Bold Strummer. Westport 1990, ISBN 0-933334-38-9, S. 79.
- José Blas Vega, Manuel Ríos Ruiz (Hrsg.): Diccionario enciclopédico ilustrado del Flamenco. 2 Bände. Editorial Cinterco, Madrid 1988; 2. Auflage: ebenda 1990, ISBN 84-86365-27-9, Band 2, S. 452.