Mū Tōrere
Mū Tōrere ist ein zufallsfreies, strategisches Brettspiel für zwei Spieler, das ursprünglich im Nordosten der neuseeländischen Nordinsel unter dem Maorivolk der Ngāti Porou verbreitet war und höchstwahrscheinlich auch von diesem entwickelt wurde. In anderen Gebieten Neuseelands scheint das Spiel nicht bekannt gewesen zu sein. Der Name des Spieles dürfte Tōrere gewesen sein, während mū das Ziehen der Steine bedeutet.[1] Da jedoch mū auch dem von den Europäern mitgebrachten Damespiel als Präfix vorangestellt wurde, wurde auch eine Adaption dieses europäischen Brettspiels diskutiert. Allerdings bestehen zwischen Dame und Mū Tōrere kaum Ähnlichkeiten, sodass ein Ursprung auf Neuseeland oder ein noch früherer auf einer polynesischen Herkunftsinsel anzunehmen ist.[2] Erstmals ausführlich beschrieben wurde das Spiel von Elsdon Best, einem neuseeländischen Ethnographen, der die ersten grundlegenden Studien zur Kultur der Maori veröffentlichte.
Heute ist Mū Tōrere wegen seiner einfachen Grundregeln sowie der leichten Anfertigung des Spielmaterials weltweit verbreitet. Es wird bereits in der Vorschulpädagogik eingesetzt und ist als Applikation für PCs, Smartphones und Tablet PCs verfügbar.
Spielaufbau und Spielregeln
Mū Tōrere ist ein einfaches, zufallsfreies Brettspiel. Weder Anziehender noch Nachziehender haben ausschlaggebende Gewinnvorteile, sodass ein fehlerloses Spiel zu keinem Sieger führen kann. Obwohl die Spielregeln sehr einfach, nur 46 unterschiedliche Spielpositionen möglich und auch die Zugmöglichkeiten begrenzt sind, ist es für Anfänger sehr schwer gegen erfahrene Spieler zu gewinnen.[3] Es wird berichtet, dass es viele Jahre dauerte, bis erstmals ein Siedler gegen einen Maori ein Spiel gewann. Das soll so gegen 1850 gewesen sein.[4]
Gespielt wird auf einem Oktogon, einem achteckigen Stern, oder einem Kreis, in dem oktogonal die 8 Steineauflagen eingezeichnet sind. Diese Spielsteinauflagen werden Kewai genannt. In der Mitte dieses Oktogons befindet sich ein zentraler Kreis, der Putahi, der mit radialen Linien mit den acht Kewais verbunden ist. Die je vier unterschiedlich gefärbten Spielsteine, Perepere, werden einander gegenüber auf die äußeren Auflagepunkte gelegt. Diese Spielunterlage kann schnell in den Boden oder in den Sand geritzt, oder aufgezeichnet werden, als Spielsteine eignen sich je vier Gegenstände passender Größe mit deutlich unterscheidbarer Farbe, zum Beispiel Steine, Muschelschalen oder Münzen. Nur Steine, die rechts oder links nicht von eigenen Steinen umgeben sind, dürfen gezogen werden. Ein Überspringen ist nicht gestattet. Die Steine werden auf ein benachbartes freies Feld im äußeren Kreis oder in die Mitte bewegt. Ziel des Spieles ist es den Gegner so zu blockieren, dass er nicht mehr ziehen kann. Um dies zu erreichen ist es in jedem Fall wesentlich, das Zentrum besetzt zu halten.
Sonstiges
Die Spielauflage von Mū Tōrere entspricht weitgehend der der römisch-antiken Radmühle, doch waren – soweit bekannt – die Spielregeln dieser einfachen Mühle-Variante völlig anders.
Einzelnachweise
- Maori Wörterbuch engl. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Bell (1979) S. 150
- Regeln und mathematische Analyse, engl.
- New Zealand in History engl.
Literatur
- Robert Charles Bell: Board and Table Games of many Civilizations.Courier Dover Publications, 1979. 2. überarbeitete Auflage. S. 150, ISBN 0486238555
- Elsdon Best: Games and pastimes of the Mäori. Te Papa Press, 2005. ISBN 1877385026 (Reprint der 1. Auflage von 1925)
- Elsdon Best: The Maori Game of Mu-Torere. 1926