Luis Moreno Ocampo
Luis Moreno Ocampo (* 4. Juni 1952 in Buenos Aires, Argentinien) war von Juni 2003 bis Juni 2012 Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag.
Leben
Moreno Ocampo absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaft an der juristischen Fakultät der Universidad de Buenos Aires, das er 1978 mit der Promotion abschloss.
1984 stand er als Assistent dem Staatsanwalt Julio César Strassera während des ersten Prozesses gegen die Generäle der argentinischen Militärdiktatur zur Seite. Von 1987 bis 1992 war er Generalstaatsanwalt von Buenos Aires und klagte die Verantwortlichen für den verlorenen Falklandkrieg an.
Aus Protest gegen die Verhinderung weiterer Strafprozesse gegen die Verantwortlichen der Diktatur schied Ocampo aus dem Staatsdienst aus. Er versuchte sich in der Folge als Fernsehrichter und verteidigte als Anwalt vor Gericht unter anderem den früheren Fußballstar Diego Maradona und den ehemaligen Wirtschaftsminister Domingo Cavallo. Im Jahre 1989 gründete er die Stiftung Poder Ciudadano, die sich unter seiner Leitung für Transparenz in staatlichen Angelegenheiten und Bürgerrechte einsetzt.
Moreno Ocampo arbeitete als Professor der Rechtswissenschaften an der Universidad de Buenos Aires und unterrichtete an den Universitäten von Yale und Harvard in den Vereinigten Staaten.
Im Sommer 2003 folgte er dem Ruf zum Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs. 2008 beantragte er einen Haftbefehl gegen einen amtierenden Staatschef, den sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir, wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Rahmen des Darfur-Konflikts. Dem Antrag auf Haftbefehl wurde am 4. März 2009 durch die Trial Chamber I des IStGH wegen Kriegsverbrechen stattgegeben. Es handelte sich um den ersten Haftbefehl gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt in der Geschichte des IStGH.[1][2]
Im Juni 2012 folgte ihm seine Stellvertreterin, die gambische Juristin und frühere Justizministerin Fatou Bensouda, in das Amt des Chefanklägers.
Als Anwalt für den irakischen Milliardär Hassan Tatanaki half er, dass dieser einer Anklage durch den Strafgerichtshof unter seiner Nachfolgerin Bensouda entging. Laut dem Europäischen Recherchenetzwerk EIC und dem Spiegel erhielt er dafür 750.000 USD. Moreno Ocampo bestätigte auch, dass er bzw. seine Familie mehrere Briefkastengesellschaften an Offshore-Finanzplätzen unterhielten – dies sei legal gewesen.[3]
Moreno Ocampo ist seitdem in einer großen New Yorker Anwaltskanzlei tätig. Er berät u. a. die Weltbank.[4]
Literatur
- Sven Becker, Marian Blasberg, Dietmar Pieper: Auf der falschen Seite. In: Der Spiegel. Nr. 40, 2017, S. 86–91 (online).
Weblinks
- Literatur von und über Luis Moreno Ocampo im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kerstin Schweighöfer: „Ich bringe Gerechtigkeit“. In: Focus. 21. Juli 2008, abgerufen am 17. Februar 2011 (Interview mit Luis Moreno Ocampo).
- M. Gajevic und T. Schmid: "Wir verändern gerade die Welt". Chefankläger Luis Moreno Ocampo im Interview. In: Frankfurter Rundschau. 17. Februar 2011, abgerufen am 17. Februar 2011.
Einzelnachweise
- Völkermord: Den Haag erlässt Haftbefehl gegen Omar al-Baschir. In: ZEIT ONLINE. 4. März 2009, abgerufen am 10. Februar 2021.
- Omar al-Baschir: Sudan will Ex-Präsident nach Den Haag ausliefern. In: ZEIT ONLINE. 11. Februar 2020, abgerufen am 10. Februar 2021.
- Spiegel Online: Ex-Chefankläger Ocampo beschützte libyschen Milliardär. 29. September 2017, abgerufen am 3. Oktober 2017.
- Der Chefankläger Marcus Vetter und Michele Gentile, arte/SWR, 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (deutsch, Filmporträt Luis Moreno Ocampo, 87 Min.).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
(keiner) | Chefankläger beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag 16. Juni 2003–15. Juni 2012 | Fatou Bom Bensouda |