Ljubow Alexandrowna Golantschikowa
Ljubow Alexandrowna Golantschikowa (russisch Любовь Александровна Голанчикова; * 1889 in Fellin; † 28. März 1959 in New York City) war eine russisch-US-amerikanische Testpilotin.[1][2][3]
Leben
Golantschikowa war das sechste Kind des Postbeamten Alexander Golantschikow, der kurz nach ihrer Geburt starb. Ihre verwitwete Mutter Olga Golantschikowa heiratete 1890 Karl Grünwald.[2]
1910 ging Golantschikowa nach St. Petersburg, um entsprechend dem Wunsch des Stiefvaters Buchhalterin zu werden. Sie begann zwar das Studium an einer Handelsschule, aber sie trat dann als Schauspielerin, Sängerin und Tänzerin in Vergnügungslokalen auf. Im April 1910 besuchte Golantschikowa mit Freunden die 18 Tage dauernde Flugschau auf dem St. Petersburger Hippodrom, auf der neben russischen Piloten auch Hubert Latham und die erste Pilotin Baronin Raymonde de Laroche auftraten. Nach dem Allrussischen Luftfahrt-Festival auf dem neuen Komendantski Aerodrom lernte sie den Piloten Michail Nikiforowitsch Jefimow, Elektriker aus Odessa, kennen, der sie im Herbst 1910 als Gast auf einem Flug mitnahm.[2]
Golantschikowa wollte nun Pilotin werden, so dass sie sich im Winter das Geld für die Flugausbildung erarbeitete. Im Frühjahr 1911 begann sie die Flugausbildung an der Flugschule Gamajun des Flugzeug-Fabrikanten Sergei Sergejewitsch Schtschetinin in Gattschina, an der bereits früher die erste russische Pilotin Lidija Swerewa gelernt hatte und an der für 20 Flugschüler nur ein Farman-Flugzeug vorhanden war. Im Oktober 1911 schloss sie nach bestandener Prüfung die Ausbildung ab und erhielt das Pilotendiplom Nr. 56 als dritte Russin nach Swerewa und Jewdokija Wassiljewna Anatra.[2][4]
Da Golantschikowa als Frau keine Anstellung fand, nahm sie im Mai 1912 die Einladung der Rigaer Abteilung des Allrussischen Aeroclubs an, auf Flugschauen zu fliegen. Nach einer Bruchlandung kehrte sie nach St. Petersburg zurück.[5] Auf dem 2. Militärflugwettbewerb flog sie verschiedene neue Flugzeuge, deren Vor- und Nachteile sie dann benannte. Darauf sprach sie Anton Herman Gerard Fokker an und lud sie ein, in Berlin an einer internationalen Flugschau im Herbst 2012 auf der neuen Fokker M.1 Spinne teilzunehmen.[6] Sie flog auf dem Berliner Flugplatz Johannisthal Fokkers beste Flugzeuge und stellte am 22. November 1912 den Höhenweltrekord von 2200 m auf nach Melli Beeses Rekord von 825 m.
Im Sommer 1913 landete Léon Letort auf einer Morane nach einem Nonstopflug aus Paris in Johannisthal. Er war dort von Golantschikowas Fähigkeiten so beeindruckt, dass er sie mit Fokkers Zustimmung auf seinem Rückflug am 23. Juli 1913 als Navigatorin mitnahm.[4] Nach dem fünftägigen Flug mit Wetterproblemen und einer Notlandung bei Bray-sur-Seine wurden Letort und Golantschikowa in Paris gefeiert. Dort bot ihr der Unternehmer Fjodor Fjodorowitsch Tereschtschenko eine Stelle als Testpilotin für die in seiner Fabrik auf dem Landgut Tereschtschenko in Tscherwone gebauten Flugzeuge an. Nach dem Ende ihres Vertrages mit Fokker überführte sie ein Voisin-Flugzeug für die Kaiserlich Russische Armee und begann am 1. Dezember 1913 ihre Arbeit bei Tereschtschenko mit dem Testen einer Farman-22.[5] Nach Ablauf des Einjahresvertrags kehrte sie nach Moskau zurück und heiratete den reichen Brotlieferanten der Kaiserlich Russischen Armee Boris Filipow.[4]
Im Ersten Weltkrieg transportierte Golantschikowa Güter fürs Rote Kreuz. 1917 flog sie als Aufklärerin der Kaiserlich Russischen Luftflotte.[7] Nach der Oktoberrevolution flog sie für die Rote Luftflotte, trainierte Piloten und flog im Russischen Bürgerkrieg Einsätze gegen die Weißen.[4]
Im Oktober 1923 emigrierte Golantschikowa mit ihrem Mann auf der RMS Baltic der White Star Line in die USA, wo sie als Luba Phillips bekannt wurde.[8] Im Juni 1927 stellte sie mit W. L. Stultz einen Höhenrekord von 3353 m auf, der wegen Fehlens eines Vertreters der National Aeronautic Association nicht anerkannt wurde.[4] Sie wollte als erste Frau den Atlantik überfliegen und entwickelte Pläne für Flüge von New York nach Rom, London oder Leningrad, die sie jedoch nicht realisieren konnte. 1930 arbeitete sie im Hotel Ansonia in New York City.[4] Ihr Mann starb 1936.[9] In den 1940er Jahren fuhr sie Taxi in New York City.[10]
Weblinks
Einzelnachweise
- Toivo Kitve: Ljuba Galantschikowa: Biographical Notes 1 (abgerufen am 8. Februar 2020).
- Heili Reinart: Viljandlanna Ljubov Galantchikoff – üks esimesi naisi lennunduses lõpetas New Yorgi taksojuhina (abgerufen am 8. Februar 2020).
- ohne Titel. In: The Intelligencer (Doylestown, Pennsylvania). 1. April 1959 (newspapers.com [abgerufen am 9. Februar 2020]).
- Lebow, Eileen F.: Before Amelia: Women Pilots in the Early Days of Aviation. Potomac Books, Inc., Washington, D.C. 2002, ISBN 1-57488-482-4, S. 72, 95, 97, 98.
- Захаров Владимир Петрович: Из племени крылатых. Воениздат, Moskau 1988, ISBN 5-203-00540-0, S. 40–41 (archive.org [abgerufen am 9. Februar 2020]).
- Лавренец В.: Авиатриса—рекордсмен Любовь Голанчикова" (abgerufen am 9. Februar 2020).
- Ljuba Galantchikova–Estonia. In: Centennial of Women Pilots. Institute for Women Of Aviation Worldwide, Vancouver 24. Juli 2015 (archive.org [abgerufen am 9. Februar 2020]).
- White, Paul W.: Russian Aviatrix Plans Ocean Flight Alone in Big Plane. In: The Anniston Star. 19. Juni 1927 (newspapers.com [abgerufen am 9. Februar 2020]).
- Boris D. Philippoff. In: New York, New York City Municipal Deaths, 1795–1949. New York Municipal Archives: New York, New York: FamilySearch, 24. April 1936.
- The Flying Ballerina now Spins a Taxi. In: The San Antonio Light. 26. März 1944 (newspaperarchive.com [abgerufen am 9. Februar 2020]).