Lilly Wächter
Lilly Wächter, geborene Schuster (geboren 26. Juni 1899 in Karlsruhe[1]; gestorben 20. Dezember 1989 in Bühl[2]) war eine deutsche Funktionärin des Demokratischen Frauenbund Deutschlands und Landtagsabgeordnete der SPD, die 1952 von ihrer Partei ausgeschlossen wurde.
Leben
Lilly Wächter stammte aus einer Karlsruher jüdischen Familie, wurde 1923, ebenso wie ihre Eltern, Mitglied der SPD. Sie lebte in Rastatt und wurde während der Herrschaft des Nationalsozialismus als „Halbjüdin“ verfolgt.[3][4] Während dieser Zeit verlor sie Vater, Mutter, Bruder und 17 weitere Familienangehörige. Bis zum Zweiten Weltkrieg arbeitete sie als Kontoristin, wurde dann dienstverpflichtet und arbeitete in einer Fabrik.[5]
Nach dem Krieg schloss sie sich dem Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD) in Westdeutschland an. Bekannt wurde sie als Mitglied einer Delegation von Frauen der Internationalen Demokratischen Frauenföderation, die in Korea weilten, für die sie von Hermann Weber geworben wurde.[6] Sie reiste Anfang Mai 1951 gemeinsam mit 20 Frauen aus 18 Ländern über die Sowjetunion, China nach Nordkorea. Der seit 1950 andauernde Koreakrieg war der Anlass der Reise. Nach der Rückkehr berichtete Wächter in Versammlungen in der Bundesrepublik Deutschland über angebliche Kriegsverbrechen der amerikanischen und südkoreanischen Soldaten an der Zivilbevölkerung Nordkoreas. Lilly Wächter war Abgeordnete im Hessischen Landtag.[7] Im Oktober 1951 wurde sie in Stuttgart von dem amerikanischen Gericht der Alliierten Hohen Kommission verhaftet und angeklagt. Die Labour-Abgeordnete Monica Felton trat als Zeugin auf und Denis Nowell Pritt als Verteidiger. Wächter wurde zu 15.000 DM und acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Durch Anrechnung der Untersuchungshaft kam sie nach drei Monaten wieder frei. Wächter wurde 1952 wegen ihrer Arbeit im DFD aus der SPD ausgeschlossen. Im Juli 1953 übernahm sie den Posten der 1. Vorsitzenden des Demokratischen Frauenbunds in der Bundesrepublik, den sie bis 1956 innehatte, dann zog sie sich aus dem öffentlichen Leben zurück.
Literatur
- Hermann und Gerda Weber: Leben nach dem „Prinzip links“. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten. Christian Links, Berlin 2006, ISBN 3-86153-405-3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Ursula Schröter: DFD West. Exkurs zu Lilli Wächter. S. 31–35. In: Ursula Schröter, Renate Ullrich und Rainer Ferchland: Patriarchat in der DDR. Nachträgliche Entdeckungen in DFD-Dokumenten, DEFA-Dokumentarfilmen und soziologischen Befragungen. Karl Dietz Verlag, Berlin 2009 ISBN 978-3-320-02210-5. (=Texte der Rosa-Luxemburg-Stiftung 65)PDF-Datei
Weblinks
Einzelnachweise
- Geburtsregister StA Karlsruhe, Nr. 1388/1899
- Sterberegister StA Bühl, Nr. 290/1989
- Landesamt für die Wiedergutmachung.Außenstelle Freiburg.
- Die Synagoge in Rastatt (Kreisstadt)
- Neues Deutschland, 8. März 1952, S. 4.
- Hermann und Gerda Weber: Leben nach dem „Prinzip links“. Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten. S. 80.
- Wolfgang Runge: Vor 60 Jahren: Westdeutsche Jagd auf linke Sozialdemokraten. In: redglobe.de. 8. Februar 2013, abgerufen am 29. Mai 2016.