Likörwein

Likörwein (auch gespriteter oder verstärkter Wein) ist ein Sammelbegriff für verschiedene Weine, deren Gärprozess unterbrochen wurde, indem sie mit Alkohol angereichert („[auf]gespritet“) wurden. Diese Weine sind dementsprechend alkoholstark und verfügen als Süßwein (Dessertwein) meist über eine Restsüße, können aber auch trocken ausgebaut werden. Bisweilen wird synonym auch der Begriff Südwein verwendet, der ganz unspezifisch alle Weine meint, die aus Südeuropa stammen und aufgespritet sind oder einen hohen Restzuckergehalt besitzen.[1] Insgesamt sind die Begriffsunterscheidungen Likörwein und Süßwein bzw. Dessertwein oft ungenau und damit irreführend. Für Süßweine und Dessertweine gibt es keine gesetzlichen Definitionen oder Regelungen in der EU. So wird z. B. der nicht angereicherte italienische Vin Santo, der einen Alkoholgehalt von etwa 16 Prozent aufweist, im deutschen Sprachgebrauch bisweilen irrtümlich zu den Likörweinen gerechnet, ist aber ein Süßwein.

Madeira ist ein bekannter portugiesischer Likörwein.
Verschiedene Marsala-Typen

Die Definition für Likörwein ist in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vom 17. Dezember 2013 festgehalten.[2] Der potentielle Alkoholgehalt des zu vergärenden Mostes muss bei mindestens 12 Vol.-% liegen, das heißt, das Mostgewicht sollte bei mindestens 84 Grad Oechsle liegen. Nach dem Ausbau des Likörweins muss der Alkoholgehalt des Weins bei 15 bis max. 22 Vol.-% liegen. Als Alkoholzusatz dürfen neutraler Alkohol aus der Weindestillation mit zumindest 96 Volumenprozent oder Destillate aus Wein wie Weinbrand oder Tresterbrand mit zumindest 52 und maximal 86 Volumenprozent verwendet werden. Vor der Zugabe des Alkohols muss durch die alkoholische Gärung bereits ein Alkoholgehalt von mindestens vier Volumenprozent vorhanden sein.

Bekannte Likörweine

Geschichte

Der Ausbau von Likörweinen entstand in südeuropäischen Anbaugebieten. Die hohen Mostgewichte der dortigen Ernten mit vergleichsweise hohen Umgebungstemperaturen während der Vergärung sorgten für ein sehr stürmisches Einsetzen der Gärung bei gleichzeitiger Gefahr eines nicht kontrollierten Stoppens der Gärung. Dadurch entstand häufig ein Wein, der nicht konserviert werden konnte. Unterstützt wurde dies durch die Tatsache, dass die Winzer die konservierende Wirkung von Schwefeldioxid, die schon in der Antike bekannt war, nicht mehr beherrschten. Ohne Konservierung entstanden schnell Weine mit hoher Säure, dem sogenannten „Essigstich“. Die aufgespriteten Weine eignen sich gut für den Export. Portwein, Madeira oder Marsala wurden schon vor einigen hundert Jahren in nördlichere europäische Länder verschifft, da sie durch den höheren Alkoholgehalt sehr gut haltbar waren.

Die Zugabe von neutralem Alkohol während der Gärung sorgte für eine gute Konservierung und ermöglichte zudem durch Wahl des Moments der Alkoholzugabe eine Steuerung der Restsüße. In Kalifornien und Australien stellten die sogenannten fortified wines noch einen wichtigen Teil der Produktion in den 1960er Jahren dar. Bestverkaufte Produkte waren Likörweine mit einem Alkoholgehalt von bis zu 20 Vol.-%, die eine preisgünstige, da steuerlich begünstigte Alternative zu harten Alkoholika darstellten.

Durch moderne Kellertechnik wie eine zeitigere Ernte, die Kühlung der Gärbehälter sowie die Schwefelung wäre die Spritung der Weine eigentlich überflüssig. Daher ist eine Vielzahl qualitativ unzureichender Produkte vom Markt verschwunden und wurde von qualitativ hochwertigen Weinen moderner Machart ersetzt. Beispielhaft sei die spanische Region Rueda genannt.

Literatur

  • Roger Voss: Pocket Guide to Fortified and Dessert Wines. Mitchel Beazley, 1989, ISBN 978-0-85533-698-1.
  • F. Paul Pacult: Kindred Spirits: The Spirit Journal Guide to the World’s Distilled Spirits and Fortified Wines. Hyperion Books, 1997, ISBN 978-0-7868-8172-7.
  • Stephen Brook: Liquid Gold: Dessert Wines of the World. Constable, 1987, ISBN 978-0-09-466920-8.
Commons: Likörweine – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans Ambrosi: Wein von A bis Z. Gräfe und Unzer, München 2001, ISBN 3-7742-5535-0, S. 321.
  2. Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007, abgerufen am 29. August 2017
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