Leonard E. Dickson
Leonard Eugene Dickson (* 22. Januar 1874 in Independence, Iowa; † 17. Januar 1954 in Harlingen, Texas) war ein US-amerikanischer Mathematiker, der vor allem auf dem Gebiet der Zahlentheorie und der Algebra arbeitete.
Leben und Werk
Dickson wuchs in Cleburne, Texas, auf, wo sein Vater Bankier und Kaufmann war. Er studierte an der University of Texas at Austin bei William Halsted Mathematik und machte dort 1894 sein Diplom (M.S.). Zunächst arbeitete er wie sein Lehrer über Geometrie, wechselte aber bei seiner Promotion 1896 an der University of Chicago (der ersten in Mathematik an dieser Universität), wo er bei Heinrich Maschke, Oskar Bolza und Eliakim Hastings Moore studierte, zur Gruppentheorie. Danach besuchte er die führenden europäischen Gruppentheoretiker Sophus Lie in Leipzig und Camille Jordan in Paris. 1899 wurde er Professor in Austin und ab 1900 auf Bemühung von Moore hin in Chicago, wo er 1910 eine volle Professur erhielt und bis zu seiner Emeritierung 1939 blieb, von mehreren Gastprofessuren an der University of California, Berkeley abgesehen. Seine erste Doktorandin war 1913 die Mathematikerin Mildred Sanderson, die vor allem für ihren mathematischen Satz über modulare Invarianten bekannt ist.
Aus seiner Dissertation ging 1901 ein Buch über endliche Gruppen hervor, insbesondere als Matrizengruppen (allgemeine lineare Gruppe) in endlichen Körpern beliebiger Primzahlpotenzcharakteristik (Galoiskörper), in dem er viele Resultate von Camille Jordan, Émile Mathieu u. a. fortführte und vereinfachte.
Er leistete auch Beiträge zur additiven Zahlentheorie, zum Beispiel im Waring Problem (wo aus der Arbeit von ihm, S. S. Pillai und anderen eine genaue Formel für g(k) folgt). Seine History of the theory of numbers gilt als Standardwerk, wo viele Ergebnisse der Zahlentheorie in ihrer Geschichte genau zurückverfolgt werden können.[1]
In seine Zeit in Chicago fällt der Aufenthalt des schottischen Mathematikers Wedderburn, der bewies, dass alle endlichen Divisionsalgebren[2] kommutativ sind. Hier arbeitete er eng mit Dickson zusammen, der unabhängig Beweise für diesen Satz fand.[3] Dickson machte die Theorie der Algebren zu einem weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit, und das Buch Die Algebren und ihre Zahlentheorie beeinflusste die Arbeit der algebraischen Schule von Emmy Noether und Helmut Hasse in Deutschland, wo in den 1920er und 1930er Jahren wichtige Resultate erzielt wurden, stark.
Dickson war der erste, der den Colepreis für Algebra erhielt (1928 für sein Buch Algebren und ihre Zahlentheorie). Er war maßgeblich am Aufschwung der Algebra in den USA beteiligt und schuf eine große Schule, er stellte aber auch hohe Anforderungen an seine Studenten. 1920 hielt er einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Straßburg (Some Relations between the Theory of Numbers and Other Branches of Mathematics) und ebenso 1925 in Toronto (Outline of the theory to date of the arithmetics of algebras). 1913 wurde er in die National Academy of Sciences, 1915 in die American Academy of Arts and Sciences und 1920 in die American Philosophical Society[4] gewählt. Er war außerdem korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences in Paris.
Er war seit 1902 verheiratet und hatte drei Kinder.
Dickson instructor
Ein Dickson instructor oder L. E. Dickson instructor ist eine Position an der University of Chicago für Mathematikerinnen und Mathematiker, die vor kurzem einen Doktortitel in Mathematik oder einem verwandten Fachbereich abgeschlossen haben oder bald abschließen werden. Die Ernennung erfolgt meist für wenige Jahre, und damit verbunden ist eine Lehrverpflichtung.
Literatur
- Collected mathematical papers (Adrian Albert Hrsg.), 6 Bde., New York 1975–1983
- History of the theory of numbers, Washington D.C.: Carnegie Institution, 3 Bände, 1919, 1920, 1923, Reprint Dover, Band 1, Divisibility and Primality, Band 2, Diophantine Analysis, Band 3, Quadratic and Higher Forms.
- Linear groups with an exposition of Galois Field Theory, Teubner, Leipzig 1901
- mit H. Blichfeldt, G. A. Miller: Theory and applications of finite groups, 1938
- Algebren und ihre Zahlentheorie, (engl. Algebras and their arithmetics 1923, 1938) Zürich, Leipzig 1927
- Algebraic invariants, 1914
- Linear algebras, 1914
- Elementary theory of equations, New York 1914
- Modern algebraic theories, 1926
- Karen Parshall: A study in group theory: Leonard Eugene Dickson’s Linear groups, Mathematical Intelligencer Bd. 13, 1991, S. 7–11.
- dies.: In pursuit of the finite division algebra theorem and beyond: Joseph Wedderburn, Leonard Dickson and Oswald Veblen, Archiv Internat. History Sciences Bd. 33, 1983, S. 274–299.
- Adrian Albert: Leonard Dickson, Bulletin American Mathematical Society 1955, S. 331
- Della Fenster: Leonard Dickson – an american legacy in mathematics, Mathematical Intelligencer Bd. 21, 1999, Nr. 4, S. 54
- Della Fenster: Why Dickson left quadratic reciprocity out of his history of the theory of numbers, American Mathematical Monthly, Bd. 106, 1999, S. 618–627
Siehe auch
Weblinks
- John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: Leonard E. Dickson. In: MacTutor History of Mathematics archive.
- Dickson: The known systems of simple groups and their inter-isomorphisms, ICM Paris 1900
Dicksons Bücher „Elementary theory of equations“, „Linear groups - with an exposition of Galois field theory“ und „Algebraic Invariants“ sind online in den Historical Mathematics Monographs der Cornell University. Band 1 seiner „History of the theory of numbers“ ist online in der California Digital Library der University of California abrufbar, wie auch die Werke „College algebra“, „Elementary theory of equations“, „First course in the theory of equations“ und „Linear groups - with an exposition of Galois field theory“.
Fußnoten und Quellen
- Genauer elementare Zahlentheorie, diophantische Gleichungen, quadratische und Formen höheren Grades. Es war ein weiterer Band u. a. über Reziprozitätsgesetze geplant, der aber nie erschien.
- Division für Nenner ungleich Null eindeutig ausführbar, frei von Nullteilern. Beispiele für Divisionsalgebren über den reellen Zahlen R sind die komplexen Zahlen C (einzige kommutative), die Quaternionen (assoziativ) und die Oktonionen (nicht assoziativ).
- Wie Karen Parshall zeigte, war eigentlich Dickson der erste, der diesen Satz bewies, da Wedderburns erster Beweis fehlerhaft war und die späteren sich auf Dicksons Arbeiten stützten.
- Member History: Leonard E. Dickson. American Philosophical Society, abgerufen am 15. Juli 2018.