Leo Killy

Leo Killy (* 8. Januar[1] 1885 i​n Bonn; † 7. September 1954 i​n Bad Godesberg) w​ar ein deutscher Jurist u​nd Ministerialbeamter.

Leben und Karriere

Killy besuchte die Vorschule und das städtische humanistische Gymnasium in seiner Heimatstadt Bonn. Hier legte er 1904 die Reifeprüfung ab. Von 1904 bis zum Herbst 1906 fuhr er auf Schulschiffen des Norddeutschen Lloyd zur See. Im Wintersemester 1906/07 studierte er an der Universität München, vom Sommersemester 1907 bis Wintersemester 1909/10 an der Universität Bonn Rechts- und Staatswissenschaften. Nach Ablegung des Referendarsexamens nahm er im Juni 1910 beim Amtsgericht Adenau in der Eifel den juristischen Vorbereitungsdienst auf, der im Herbst des genannten Jahres von einem Militärdienstjahr bei der Marine unterbrochen und danach beim Amtsgericht in Königswinter fortgeführt wurde. Weiterhin war er beim Landgericht, Amtsgericht Bonn, Amtsgericht Kiel und Oberlandesgericht Kiel tätig. Im Mai 1914 promovierte Killy zum Dr. jur. Zu Beginn seines Studiums in Bonn (1907) war er Mitglied der Bonner Burschenschaft Frankonia geworden. Von 1914 bis 1916 nahm er als Marineoffizier der Kaiserlichen Marine am Ersten Weltkrieg teil und wurde 1916 zum Oberleutnant zur See befördert. Die Ernennung Killys zum Gerichtsassessor erfolgte Ende 1919. Er wurde Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Köln und zugleich stellvertretender Leiter des Reichsausgleichsamtes der Außenstelle Köln (1920–1923). Nach seiner Ernennung zum Regierungsrat (1923) arbeitete er in der Zollverwaltung (ab 1925). 1926 bis 1929 arbeitete er fürs Landesfinanzamt Berlin, 1929 wechselte er ins Reichsfinanzministerium, wo er zum Oberregierungsrat befördert wurde. Killy war seit dem 1. Oktober 1932 Mitglied der NSDAP. 1933 wurde er auf Empfehlung des neuen Staatssekretärs Hans Heinrich Lammers in die Reichskanzlei berufen, wo er einen während der „Machtergreifung“ in den vorläufigen Ruhestand versetzten Beamten ersetzen sollte. Dort blieb er bis 1944 und wurde in diesem Zeitraum zum Ministerialrat und 1937 zum Reichskabinettsrat befördert. Killy war in der Reichskanzlei zuständig für die zentralen Referate ‚Reichsfinanzministerium‘, ‚Reichsarbeitsministerium‘, ‚Rechnungshof‘, ‚Haushaltsrecht‘ und ‚Beamtenrecht‘. Darüber hinaus hatte er als Leiter des Bereichs „Arbeitseinsatz“ in der Abteilung B zentral mit der NS-Zwangsarbeit zu tun; als Stellvertreter von Staatssekretär Friedrich Wilhelm Kritzinger bearbeitete er auch "Juden und Mischlingssachen".[2] Nach den Forschungen von Hans Mommsen trat Killy trotz seiner frühen Parteimitgliedschaft in der Reichskanzlei als der energischste Verteidiger der traditionellen Beamtenrechte gegenüber den Parteiinteressen auf.[3]

Im November 1944 musste e​r selbst a​ls „jüdisch versippt“ bzw. „jüdischer Mischling“ a​us dem Staatsdienst ausscheiden. Killy selbst w​ar nach d​en Nürnberger Gesetzen „Mischling II. Grades“, s​eine Frau „Mischling I. Grades“. Dennoch h​atte Adolf Hitler 1936 – i​n Anbetracht v​on Killys Verdiensten – e​iner Fortführung seines Beamtenverhältnisses u​nd einer Befreiung d​er gesamten Familie v​on den judenfeindlichen Bestimmungen zugestimmt. Als d​ie obersten Reichsbehörden i​m November 1944 d​em mittlerweile v​on Heinrich Himmler geführten Innenministerium d​ie Zahl d​er „Mischlinge“ innerhalb d​er Beamtenschaft erneut melden mussten, w​urde Killy entlassen.[4]

Er w​ar seit 1933 Mitglied i​m Bibelkreis v​on Martin Niemöller i​n Berlin-Dahlem. Im Dezember 1936 w​urde er „nach Rückgängigmachung d​er Austrittserklärung“ wieder i​n die Evangelische Kirche aufgenommen. Im März 1945 w​urde er Mitglied d​er römisch-katholischen Kirche.

Nach 1945 w​ar er Mitbegründer u​nd Bundesvorsitzender d​es Allgemeinen Beamtenschutzbundes e. V. Dieser h​at sich 1950 massiv für d​ie Wiedereinstellung derjenigen Beamten ausgesprochen, d​ie nach 1945 w​egen ihrer Rolle während d​er Zeit d​es Nationalsozialismus entlassen wurden.[5]

Killy s​tarb 1954 i​m Alter v​on 69 Jahren i​n Bonn-Bad Godesberg. Sein Nachlass befindet s​ich im Bundesarchiv. Er enthält Ausarbeitungen, Denkschriften u​nd Briefe, d​ie Einblick i​n die Arbeit d​er Reichskanzlei gewähren. Zu d​en Aufzeichnungen gehören a​uch Vernehmungen i​m Nürnberger Wilhelmstraßen-Prozess. Hinzu kommen Unterlagen z​ur Entnazifizierung Killys u​nd zu seiner Pensionsfestsetzung, deretwegen e​r einen Prozess m​it dem Land Nordrhein-Westfalen führte.[6]

Leo Killy w​ar der Vater d​es Germanisten Walther Killy.[7]

Werke

  • Substitution beim Auftrag nebst einem Anhang, enthaltend die Substitution bei anderen auftragsähnlichen Verpflichtungsverhältnissen des BGB. Bonn 1914
  • Die besonderen sachlichen und rechtlichen Verhältnisse der vom Zentralschutzverband der Beamten vertretenen Personen. Bonn 1950

Literatur

  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker, Teilband 7: Supplement A–K, Winter, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-8253-6050-4. S. 541–543.

Einzelnachweise

  1. Als Geburtstag erscheint verbreitet auch der 18. Januar. Nach den Vernehmungsprotokollen aus dem Nürnberger Wilhelmstraßen-Prozess (s. unter Weblinks) nannte Killy jedoch zwei mal den 8. Januar als seinen Geburtstag (S. 1 u. 6); dieser Tag erscheint auch im Zentralregister der durch deutsche Stellen interniert gewesenen Personen (Staatsarchiv Ludwigsburg, Bestand EL 904/5 Nr. 44-2877.
  2. Uwe Dietrich Adam: Judenpolitik im Dritten Reich. 1972, ISBN 3-7700-4063-5, S. 272 (googlebooks [abgerufen am 1. Dezember 2009]).
  3. Dieter Rebentisch: Reichskanzlei und Parteikanzlei im Staat Hitlers. Anmerkungen zu zwei Editionsprojekten und zur Quellenkunde der nationalsozialistischen Epoche. In: Archiv für Sozialgeschichte Jg. 1985 S. 620
  4. John M. Steiner, Jobst Freiherr von Cornberg: Willkür in der Willkür – Hitler und die Befreiungen von den antisemitischen Nürnberger Gesetzen. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 46 (1998), Heft 2, S. 155f. (PDF; 1,8 MB).
  5. Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. Beck, München 1996, ISBN 3-406-41310-2, S. 72.
  6. Bestandssignatur N 1632 beim Bundesarchiv (Beschreibung des Nachlasses).
  7. Gerhard Kaiser: Grenzverwirrungen. Literaturwissenschaft im Nationalsozialismus. Akademie Verlag, Göttingen 2008, ISBN 978-3-05-004411-8, S. 609.
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