Lenin-Aufgebot

Das Lenin-Aufgebot, 1924 entstanden, war eine propagandistisch geleitete Antwort der Kommunistischen Partei Russlands auf die nach dem Tode Lenins eingetretene Verunsicherung über den weiteren Weg der sowjetischen Gesellschaft. Praktisch bedeutete das Aufgebot, die Reihen der bisher kaderpolitisch streng gehüteten Avantgardepartei mit einer Masse von Sympathisanten, Mitläufern und Karrieristen aufzufüllen. Nach wenigen Jahren waren 10 % der sowjetischen Bevölkerung, also 20 Millionen Sowjetbürger, Parteimitglieder geworden. In diesem Schlagwort drückt sich zugleich ein grundlegender Wandel über die Auffassung der Strategie der Partei für ihre Rolle in der Gesellschaft aus. Die Proklamierung des Lenin-Aufgebots war die geradezu absurde Tilgung der Leninschen Parteiprinzipien ausgerechnet mit einer Kampagne unter dem Lenin-Namen. Indem die Tore zum Parteibeitritt weit geöffnet wurden, wurde gleichzeitig die Installierung einer bürokratischen Nomenklatura befördert, vor der Lenin bis kurz vor seinem Tode immer wieder gewarnt hatte. Der führende Kopf dieser parteistrategischen Wende war der Georgier Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili (Stalin). Sprachanalytisch gesprochen muss man den irreführenden Begriff Lenin-Aufgebot eigentlich als Stalin-Aufgebot verstehen.[1]

Begriffsadaption

Leipziger Veterinärstudenten im Lenin-Aufgebot

Unter d​em Begriff d​es Lenin-Aufgebots wurden n​ach dem Zweiten Weltkrieg i​n der SBZ u​nd nachfolgend i​n der DDR ähnliche Beitritts-Aktionen z​u sozialistischen Organisationen, z​um Jugendverband FDJ, a​ber auch z​ur Vorbereitung a​uf eine Kandidatur für d​ie Aufnahme i​n die SED durchgeführt.

Die kunstgewerblichen Accessoires für die Belohnung der an dem Lenin-Aufgebot Mitwirkenden waren Glückwunschurkunden, Ziermedaillen (z. B. die Medaille Leninaufgebot der FDJ), Wandteller mit dem Porträt Lenins usw. Eine Abwandlung dieser Mobilisierungsaktion war die Ausrufung eines „Ernst-Thälmann-Aufgebots“ der FDJ zur Vorbereitung des bevorstehenden XI. Parteitags der SED.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Leo Trotzki: Verratene Revolution: Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie?, Antwerpen/Zürich/Prag 1936.
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