Lehnübersetzung
Mit Lehnübersetzung wird ein zusammengesetztes Wort bezeichnet, welches nach einem Fremdwort gebildet wurde, indem beide oder alle Bestandteile des Fremdwortes einzeln in eine andere Sprache übersetzt wurden. Wird nur ein Bestandteil des Ausgangswortes wörtlich übersetzt, wird das auch als Lehnübertragung bezeichnet.
Der Begriff und die sonstige Betz’sche Lehnwortterminologie wird vor allem in der Germanistik, der deutschsprachigen Romanistik[1] und der Slawistik verwendet.
Beispiele
Die Wörter Großmutter und Großvater entstanden als wörtliche Übersetzung von französisch grand-mère und grand-père. Andere Lehnübersetzungen sind Flutlicht (englisch floodlight) und Datenverarbeitung (englisch data processing).
Ebenso zu erwähnen ist der im deutschsprachigen Raum verwendete Begriff „Kreditkarte“, eins zu eins übersetzt aus „credit card“. Ein weiteres Beispiel ist englisch skyscraper – im Französischen wörtlich übersetzt als gratte-ciel (Lehnübersetzung), im Deutschen zur Hälfte wörtlich übersetzt als Wolkenkratzer (Lehnübertragung).
Bewertung
Bewusste Lehnübersetzungen und Lehnübertragungen sind Möglichkeiten, eine Sprache zu bereichern, ohne als Fremdwort erkennbare oder meist beim ersten Hören unverständliche Fremdwörter einzuführen.
Daneben gibt es auch unbewusste Lehnübersetzungen wie nicht wirklich (= englisch not really) für „eigentlich nicht“. Letzteres wird gerne als Beispiel für eine schlechte Übersetzung zitiert, weil in der deutschen Sprache „nicht wirklich“ zumeist im Sinne von „fast gar nicht“ oder „nur eingeschränkt“ benutzt wird. Sprachkritiker wie Wolf Schneider oder Bastian Sick bemängeln in ihren Publikationen auch speziell diese Lehnübersetzung. Schneider bezeichnet diesen Ausdruck als Beispiel für einen „gespreizten Anglizismus“.
Literatur
- E. Back: Wesen und Wert der Lehnübersetzung, Dissertation, Universität Gießen 1935.
- Friedrich Maurer, Heinz Rupp (Hrsg.): Deutsche Wortgeschichte,. 3. Auflage. Berlin 1974, S. 135–163.
- Werner Betz: Deutsch und Lateinisch: Die Lehnbildungen der althochdeutschen Benediktinerregel. Bonn: H. Bouvier u. Co., 1949.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Gerhard Rohlfs: Romanische Lehnübersetzungen auf germanischer Grundlage (Materia romana, spirito germanico), München 1984 (= Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften: philosophisch-historische Klasse), 1983/4.