Lauchertgraben
Der sichtbare Lauchertgraben ist ein rund elf Kilometer langer miozän-pliozäner, rheinisch (d. h. Süd/Nord) streichender, tektonischer Graben auf der Mittleren Schwäbischen Alb. Der Graben ist zwischen Veringenstadt und der Ruine Hertenstein (südlich von Jungnau, wo die Straße nach Sigmaringen ansteigt, und die Lauchert nach Osten abbiegt) morphologisch als Eintiefung deutlich ausgeprägt. Fortsetzungen nach Süden und nach Norden von Veringenstadt bis nahezu nach Engstingen sind morphologisch nicht mehr wahrnehmbar; sie sind aber seismisch nachgewiesen und in geologische Kartenwerken eingezeichnet.
Morphologie
In der GeoKarte 7821, Veringenstadt, 1978, sind eine westliche und zwei östliche Randstörungen kartiert. Die westliche Randstörung des Grabens ist wesentlich älter als die östlichen Störungen und heute nur noch flexurartig ausgebildet.[1] Die erste der beiden östlichen, staffelbruchartig erscheinenden Randstörungen ist dagegen – zum Teil auch von Anhöhen im Laucherttal – immer noch deutlich sichtbar.
Der auch als „Trochtelfinger Verwerfung“ bezeichnete Abschnitt ab Gammertingen nach Norden bis Engstingen ist nicht mehr morphologisch sichtbar, sondern nur noch seismisch nachgewiesen.[2]
Geologie und Datierung
Ab Gammertingen verläuft die Lauchert in diesem Graben. In Veringenstadt vergittern sich Störungen des Lauchertgrabens und solche des von Westen auslaufenden Hohenzollerngrabens. Die Lauchert hat hier in drei Schlingen einen engen Durchbruch durch mächtige Felsriegel geschaffen.
Die beiden Grabensysteme hängen tektonisch zusammen, darauf weisen herzynisch streichende Bruchstörungen des Hohenzollerngrabens im rheinisch streichenden Lauchertgraben um Veringenstadt hin.[3] Über die beiden Gräben und ihre Vergitterungen gibt es aber bisher nur wenig gesichertes Wissen. Das absolute Alter des Lauchertgrabens und die Altersbeziehung der beiden Gräben zueinander ist nach wie vor nicht sicher (Stand: 2011). Neuere Veröffentlichungen gehen davon aus, dass der Lauchertgraben etwas älter als der Zollerngraben ist.[4]
Im Graben sind ein Schleier stark verwitterter Streu-Schotter einer Urdonau, sowie noch ältere Schichten verbackener Schotter (Jura-Nagelfluh) einer Urlauchert[5] kartiert worden (Siehe „DSpl“ und „J2“ in der Graphik der geologischen Karte oben).
Golwer (1978) formuliert die lithostratigraphische und die geochronologische Einordnung der östlichen Randstörungen wie folgt: „Im Lauchertgraben 1,5 km südwestlich Jungnau liegen die Donaugerölle um rund 50 m tiefer als östlich der Randstörung am Südwesthang vom Frauenstock“. Daher „[…] hat bereits Hennig (1926, S. 73) aus der unterschiedlichen Höhenlage der „pliozänen“ Donaugerölle ein postunterpliozänes Alter festgestellt.“[6] Da Golwer ohne Korrektur diese Angabe von 'Hennig 1926, S. 73' übernimmt, ist nach dem gegenüber früher korrigierten, heute allgemein gültigen geologischen Zeitskala-Standard „Std 2002“ von einem ober-miozänen Alter auszugehen.[7]
Visuelle Lokalisierung
Deutlich sichtbar sind die Randstörungen:
- Im E Jungnau beginnenden, nach N verlaufenden „Langes Tal“ und dessen Fortsetzung „Zimmertal“. Insbesondere zwischen den beiden Tälern im Gewann „Brachfeld“.
- Im Aufschluss des Schotterwerks Jungnau, 1 km SE Jungnau;
- An der engen, nur ca. 100 m breiten, Durchbruchstelle der südlichen Lauchert beim „Hertenstein“, (2,7 km S Jungnau); erkennbar an den südlich und nördlich als Talflanken stehenden Massenkalkfelsengruppen „Altes Schloss“/„Hertenstein“ und „Himbeertäle“ (beides geschützte Geotope).
Folgt man von Jungnau dem „Langes Tal“ nach Norden oder folgt in Veringendorf, für 1,6 km der Verbindungsstraße nach Osten, die aufwärts nach Hochberg führt, gelangt man auf eine baumlose Ebene, Gewann „Karge Halde“. Von dieser auch „Brachfeld“ genannten Ackerfläche aus erschließt sich auch dem ungeschulten Auge, dass der gegenüber liegende, steile, bewaldete Hang die Hauptstörung des Grabens mit einer Sprunghöhe von hier 100 m ist.[8]
Wo die Straße die Grabenschulter durchsticht und in einem Trockental hinansteigt, ist die Bruchkante rechterhand durch den bewaldeten Steilhang und das nur leicht schräge offene Feld optisch außerordentlich deutlich. Die Bruchkante setzt sich von hier auch im fernen Tannenwald fort. Nur 2,1 km vom Standort südlich, sind im Aufschluss des „Schotterwerk Jungnau, Fa. Martin Baur GmbH“ mittels geologischer Störungsflächenanalysen (P/T-Methode) besonders zahlreiche rheinisch streichende „vorpliozäne“ Auf- und Abschiebungen gemessen worden.[9]
Südlich Jungnau, am „Hertenstein“, dem südlichen Ende des abgesenkten Grabens, verlässt die Lauchert den Graben und biegt nach E. Sie hat die hier noch ca. 60 m hohe östliche Störung in einem engen Durchbruchtal (zwischen „Himbeertäle“ und „Altes Schloss“) überwunden.
Einzelnachweise
- präeozän, bruchtektonisch aktiv noch bis ins Miozän, Abel (2003a), S. 52f
- Erl. GeoK 7621, Trochtelfingen, 1999, S. 52
- auch nachgewiesen mit Störungsflächenpopulationsanalysen von Burchardt (2003), S. 46
- Reinecker & Schneider (2001), „Wenn der Hohenzollerngraben im Oligozän längst bestanden [hätte …], müssten die Flüsse [Schmiecha-Schmeie und Fehla-Lauchert] diese Struktur vornehmlich benützt haben.“, S. 397; „…ergibt sich für die Bildung des Hohenzollerngrabens […] ein maximal pliozänes Alter“, S. 391
- „schon zur Zeit des Schwäbischen Vulkans sedimentiert“ Ufrecht (2006) S. 53
- Erl. GeoK 7821, Veringenstadt, 1978, S. 86
- es wird in diesem Text immer die Geologische Zeitskala der Deutschen Stratigraphischen Kommission (STD 2002) zugrunde gelegt. Dieser Standard korrigiert Pliozän-Angaben in älteren deutschsprachigen Schriften für die Geologie Südwestdeutschlands um 5 Millionen Jahre (!) (Ma) zugunsten des Miozäns (Stratigraphie). Die Anpassung erfolgte auf Anregung von Fahlbusch (1981). Dann sind die 'pliozänen' Donauschotter als 'miozän-pliozäne' Schotter anzusehen.
- „Hier befindet man sich unmittelbar an der Randverwerfung des Lauchertgrabens. An diesem Standort gab es Abschiebungen und Aufschiebungen, die vor allem in nordwestliche bis westliche Richtungen weisen“, Burchardt (2003), S. 30
- Burchardt (2003) S. 44
Literatur
- GeoK BW = „Geologische Karte von BW, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Freiburg, (LGRB) zu Blatt“ Nr, Blattname, Jahr
- Erl. GeoK = „Erläuterungen zu: Geologische Karte von BW, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Freiburg, (LGRB) zu Blatt“ Nr, Blattname, Jahr
- Hennig (1926): Hennig, E., Eine junge rheinische Störung in der Schwäbischen Alb, in: Jh. Ver. vaterl. Naturkde. Württ., 82, Stuttgart 1926, S. 64–76
- Gollwer (1978): siehe Erl. GeoKarte 7821, Veringenstadt, 1978
- Fahlbusch (1981): Fahlbusch, Volker, Miozän und Pliozän – Was ist was? Zur Gliederung des Jungtertiärs in Süddeutschland. Mitt. Bayer. Staatsslg. Paläont. hist. Geol. 21, München 1981, S. 121–127
- Reinecker & Schneider (2001): Reinecker, J., Schneider, G., Zur Neotektonik der Zollernalb: Der Hohezollerngraben und die Albstadt-Erdbeben, in: Jber. u. Mitt. oberrh. geol. Ver., Stuttgart 2001, S. 391–417
- Deutsche Stratigraphische Kommission, (STD 2002): siehe Weblinks
- Abel (2003a): Abel, Th., Untersuchungen zur Genese des Malmkarsts der Mittleren Schwäbischen Alb im Quartär und jüngeren Tertiär (Diss. 2003), TGA, C67, Tübingen, 2003
- Burchardt (2003): Burghardt, M., Die Neotektonik des Hohenzollern- und Lauchertgrabens, Geologie, Universität Tübingen, Geologisches Institut, 2003 (Dpl. Arbeit)
- Ufrecht (2006): Ufrecht, W., Ein plombiertes Höhlenruinenstadium auf der Kuppenalb zwischen Fehla und Lauchert (Zollernalbkreis, Schwäbische Alb), Laichinger Höhlenfreund, Laichingen 2006
Siehe auch
Weblinks
- 6. Stratigraphische Tabelle von Deutschland (STD 2002)
- Geotope in den Regierungsbezirken von Baden-Württemberg, (Schutzgebietsverzeichnis, Volltexte), LfU, Baden-Württemberg
- Geotop-Kataster (Memento vom 4. März 2004 im Internet Archive) Baden-Württemberg