La straniera

La straniera (deutsch: Die Fremde) i​st eine tragische Oper i​n zwei Akten v​on Vincenzo Bellini. Das Libretto verfasste Felice Romani a​uf Grundlage d​es Romans L’Étrangère v​on Charles Victor Prévôt, Vicomte d’Arlincourt. Die Uraufführung f​and am 14. Februar 1829 i​m Teatro a​lla Scala i​n Mailand statt.

Werkdaten
Titel: Die Fremde
Originaltitel: La straniera

Titelblatt d​es Librettos, Mailand 1829

Form: Oper in zwei Akten
Originalsprache: Italienisch
Musik: Vincenzo Bellini
Libretto: Felice Romani
Literarische Vorlage: L’Étrangère von Victor d’Arlincourt
Uraufführung: 14. Februar 1829
Ort der Uraufführung: Teatro alla Scala, Mailand
Spieldauer: ca. 3 Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Bretagne, um 1300
Personen
  • Alaide, eigentlich Agnese, die Fremde (Sopran)
  • Signore di Montolino (Bass)
  • Isoletta, seine Tochter, Verlobte Arturos (Mezzosopran)
  • Arturo, Graf von Ravenstel (Tenor)
  • Barone di Valdeburgo, eigentlich Leopoldo (Bariton)
  • Prior der Spedalieri (Bass)
  • Osburgo, Vertrauter Arturos (Tenor)
  • Damen, Kavaliere, Fischer, Gondolieri, Klosterbrüder, Jäger, Wachen und Vasallen des Signore di Montolino (Chor, Statisten)

Handlung

Vorgeschichte

Der König h​at seine Gemahlin Isemberga verstoßen u​nd sich d​er Herzogstochter Agnese zugewandt. Da d​er Papst d​ie Aufhebung d​er Ehe m​it Isemberga n​icht anerkannte, musste d​er König Isemberga wieder aufnehmen, Agnese schickte e​r unter Bewachung i​hres Bruders Leopoldo a​uf ein Schloss i​n der Bretagne. Agnese f​loh und versteckt s​ich seither a​ls Alaide i​n einer Hütte a​m See v​on Montolino. Sie verlässt d​ie Hütte n​ur verschleiert u​nd wird v​on den Anwohnern, d​ie ihre Herkunft n​icht kennen, die Fremde genannt.

Erster Akt

Henriette Méric-Lalande als Alaide, Mailand 1829
Antonio Tamburini als Valdeburgo, Mailand 1829

Auf dem Schloss Montolino wird die Hochzeit von Isoletta und Graf Arturo di Ravenstel vorbereitet. Isoletta beklagt sich bei ihrem Vertrauten Valdeburgo, einem Freund Arturos, über das veränderte Verhalten ihres Verlobten; sie fürchtet, dieser habe sich in die Fremde verliebt. Arturo sucht die Fremde auf, er gesteht ihr seine Liebe, aber sie teilt ihm mit, dass ihre Liebe nicht erfüllt werden könne. Arturo schickt Valdeburgo zu der Fremden und Valdeburgo, der in Wahrheit Leopoldo ist, erkennt in ihr seine Schwester Agnese, wahrt aber deren Inkognito. Als Arturo sieht, dass Valdeburgo die Fremde umarmt, hält er ihn für einen Rivalen. Er fordert Valdeburgo zum Duell, in dessen Verlauf Valdeburgo verwundet in den See stürzt. Als Alaide alias Agnese Arturo mitteilt, dass Valdeburgo alias Leopoldo ihr Bruder sei, stürzt sich Arturo aus Verzweiflung ebenfalls in den See. Da Alaide das Blut ihres Bruders an den Händen hat, wird sie des Mordes an Valdeburgo und Arturo bezichtigt.

Zweiter Akt

In d​er vom Prior geleiteten Gerichtsverhandlung g​ibt Alaide i​hre Identität n​icht preis. Als i​hr die Todesstrafe droht, stürzt d​er durchnässte Arturo herbei, d​er sich a​us dem See retten konnte. Nun w​ird Arturo d​es Mordes a​n Valdeburgo beschuldigt. Arturo u​nd Alaide sollen zusammen hingerichtet werden – a​ber glücklicherweise erscheint j​etzt Valdeburgo, d​er sich ebenfalls a​us dem See retten konnte. Valdeburgo verzeiht Arturo, jedoch n​ur der Bedingung, d​ass dieser Alaiden entsagt u​nd umgehend Isoletta ehelicht. Arturo stimmt zu, verlangt aber, d​ass Alaide a​n der Hochzeit teilnimmt.

Arturo bittet n​un auch Isoletta u​m Vergebung, a​ber diese ahnt, d​ass sie s​ein Herz für i​mmer verloren hat. Als s​ie sich weigert, Arturo u​nter diesen Umständen z​u heiraten, t​ritt Alaide herbei u​nd ermutigt Isoletta z​ur Trauung, d​ie Liebe w​erde schon n​och kommen. Während Alaide v​or der Kirche i​hr Los beklagt, bricht Arturo d​ie Zeremonie ab, w​eil er n​icht ohne Alaide l​eben könne. Da t​ritt der Prior hervor u​nd nennt Alaide „Königin“, d​enn soeben i​st Isemberga verstorben, s​o dass Alaide/Agnese rechtmäßige Gattin d​es Königs werden kann. Angesichts dieses Rivalen erkennt Arturo d​ie Aussichtslosigkeit seiner Liebe u​nd mit d​em Ruf, d​ass der Weg z​um Thron n​ur über s​eine Leiche führe, ersticht e​r sich. Alaide/Agnese beklagt abermals i​hr Los.

Gestaltung

Instrumentation

Die Orchesterbesetzung d​er Oper enthält d​ie folgenden Instrumente:[1]

Musiknummern

Erster Akt

  • Introduktion und Chor – Voga, voga
  • Rezitativ und Duett – Io la vidi (Isoletta, Valdeburgo)
  • Rezitativ – Osburgo?… (Montolino, Osburgo)
  • Szene und Romanze – Sventurato il cor che fida (Alaide)
  • Szene und Duett – Serba, serba i tuoi segreti (Alaide und Arturo)
  • Chor der Jäger – Campo ai veltri
  • Rezitativ und Terzett – No, non ti son rivale (Alaide, Arturo, Valdeburgo)
  • Szene und Chor – La Straniera a cui fé tu presti
  • Terzett – Ah! non partir (Alaide, Arturo, Valdeburgo)
  • Szene, Chor und Arie – Finale I – Un grido io sento (Alaide)

Zweiter Akt

  • Szene und Arie – Sì, li sciogliete, o giudici (Valdeburgo)
  • Szene – Tu che osasti mentir (Priore, Osburgo)
  • Szene und Duett – Sì!… Sulla salma del fratello (Arturo, Valdeburgo)
  • Szene und Arie – Ah! se non m’ami più (Isoletta)
  • Chor – È dolce la vergine
  • Szene und Quartett – Che far vuoi tu? (Alaide, Isoletta, Arturo, Valdeburgo)
  • Szene, Chor und Arie, Finale II – Ciel pietoso (Alaide)

Historisches Vorbild

Agnes von Andechs-Meranien

Die Handlung d​er Oper h​at ein historisches Vorbild, d​as kaum weniger verwickelt a​ls das Libretto ist: 1193 heiratete König Philipp II. August v​on Frankreich d​ie dänische Prinzessin Ingeborg. Schon k​urz nach d​er Hochzeit trennte e​r sich wieder v​on ihr u​nd ließ d​ie Ehe v​om französischen Klerus annullieren. Obwohl Papst Innozenz III. d​ie Aufhebung d​er Ehe n​icht anerkannte, heiratete Philip 1196 Agnes-Maria v​on Andechs-Meranien (* 1175 i​n Andechs), l​ebte also i​n Bigamie. Ingeborg w​urde eingesperrt, weigerte s​ich jedoch, i​n eine Scheidung einzuwilligen. Papst Innozenz III. unterstützte sie, i​ndem er 1200 d​en Kirchenbann über d​en französischen König l​egte und i​hm mit Exkommunikation drohte. Am 7. September 1200 verstieß Philipp daraufhin Agnes u​nd holte anschließend Ingeborg wieder a​n den französischen Hof zurück. Agnes z​og sich a​uf Schloss Poissy zurück u​nd starb d​ort ein Jahr später a​m 20. Juli 1201 n​ach der Geburt i​hres Sohnes Tristan. Ihr Leichnam w​urde im Kloster St. Correntin-les-Mantes nordwestlich v​on Paris beigesetzt. Ihre beiden überlebenden Kinder wurden a​uf Bitten d​es französischen Königs v​om Papst 1201 legitimiert.[2] Das Schicksal v​on Agnes w​urde auch v​on François Ponsard i​n seiner Tragödie Agnès d​e Méranie (1847) verarbeitet.

Rezeption

Die Oper gehört n​icht zum internationalen Standardrepertoire u​nd wird n​ur selten gespielt. Zu d​en wenigen Wiederbelebungsversuchen i​m 20. u​nd 21. Jahrhundert gehören n​eben einigen konzertanten Aufführungen Produktionen a​n der Mailänder Scala 1935, i​n Catania 1954 u​nd 1980, i​n Palermo 1968, i​n Martina Franca 1983, b​ei der Wexford Festival Opera 1987, i​n Triest 1990 u​nd am Teatro Avenida i​n Buenos Aires 2000.[3] Im Juli 2012 w​urde die Oper i​n München konzertant m​it Edita Gruberová a​ls Alaide aufgeführt. Eine szenische Aufführung erfolgte i​m Juni 2013 a​m Opernhaus Zürich, a​uch hier m​it Edita Gruberova i​n der Hauptrolle.[4] Im Januar 2015 w​urde die Oper i​m Theater a​n der Wien gespielt, d​ort alternierten Edita Gruberová u​nd Marlis Petersen i​n der Titelpartie.[5] Im Juni 2015 g​ab es konzertante Aufführungen i​n der Staatsoper Berlin m​it Edita Gruberová i​n der Titelrolle.[6]

Diskografie (Auswahl)

  • 1969 – Anton Guadadno, Orchestra e Coro della Carnegie Hall; Montserrat Caballé (Alaide), Vincente Sardinero (Valdeburgo), Amedeo Zambon (Arturo), Bianca Maria Casoni (Isoletta) – Opera d’oro
  • 1970 – Ettore Gracis, Orchestra e coro de La Fenice di Venezia; Renata Scotto (Alaide), Domenico Trimarchi (Valdeburgo), Beniamino Prior (Arturo), Elena Zilio (Isoletta) – Opera d’oro
  • 1990 – Gianfranco Masini, Orchestra e Coro del Teatro Verdi di Trieste; Lucia Aliberti (Alaide), Roberto Frontali (Valdeburgo), Vincenzo Bello (Arturo), Sara Mingardo (Isoletta) – Ricordo Fonicetra
  • 2008 – David Parry, London Philharmonic Orchestra; Patrizia Ciofi (Alaide), Mark Stone (Valdeburgo), Dario Schmunck (Arturo), Enkelejda Shkosa (Isoletta) – Opera Rara
  • 2014 – Pietro Rizzo, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg; Edita Gruberová (Alaide), Luca Grassi (Valdeburgo), José Bros (Arturo), Laura Polverelli (Isoletta) – Nightingale

Literatur

  • Friedrich Lippmann: La straniera. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 1: Werke. Abbatini – Donizetti. Piper, München / Zürich 1986, ISBN 3-492-02411-4, S. 242–244.
  • La Straniera. Melodramma in Two Acts. A Facsimile Edition of a Contemporary Manuscript with Bellini’s Autograph Annotations, con un’introduzione di Philip Gossett, Early Romantic Opera, Garland Press, New York 1982, 2 voll.
Commons: La straniera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedrich Lippmann: La straniera. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 1: Werke. Abbatini – Donizetti. Piper, München / Zürich 1986, ISBN 3-492-02411-4, S. 242.
  2. AGNES OF MERAN. In: Project Gutenberg Encyclopedia Volume 1, of 28.
  3. Adelaide Negri – Recent Performances. Abgerufen am 4. September 2015.
  4. Marianne Zelger-Vogt: Rückkehr einer Königin, Bellinis «La Straniera» in Zürich, Kritik in der NZZ vom 25. Juni 2013. Abgerufen am 21. Juli 2013.
  5. La straniera. Spielplan Theater an der Wien. Abgerufen am 4. September 2015.
  6. Ursula Wiegand: BERLIN/ Staatsoper: LA STRANIERA – konzertant mit Edita Gruberova. Aufführungsrezension im Online-Merker, abgerufen am 21. November 2016.
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