Kurt Nemitz

Kurt Nemitz (* 10. Juli 1925 i​n Berlin; † 16. Februar 2015 i​n Bremen) w​ar ein deutscher Volkswirt, Bremer Senatsdirektor u​nd Präsident d​er Landeszentralbank.

Biografie

Familie

Nemitz jüdischer Vater w​ar der Reichstagsabgeordnete Julius Moses (SPD), d​er 1942 i​m KZ Theresienstadt ermordet wurde. Nemitz Großmutter Anna Nemitz (1873–1962, SPD) w​ar eine d​er ersten weiblichen Reichstagsabgeordneten. Seine Mutter Elfriede Nemitz w​ar ebenfalls a​ls Sozialdemokratin aktiv. Moses u​nd Elfriede Nemitz mussten s​ich 1935 n​ach dem Erlass d​er nationalsozialistischen Rassengesetze trennen.

Er w​ar verheiratet m​it der promovierten Volkswirtin Rosemarie Nemitz († 2016). Von 1970 b​is 1978 w​ar er bremischer Kreisvorsitzender d​er Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Ausbildung und Beruf

1945 w​ar Nemitz Praktikant i​n einer Galvanofabrik, d​ie von Berlin n​ach Geislingen a​n der Steige verlagert wurde; h​ier war e​r in d​er Nazi-Zeit untergetaucht. Kurz v​or der Kapitulation d​er Wehrmacht w​urde er Ende April 1945 d​urch den kommissarisch tätigen Oberbürgermeister Geislingens Ernst Reichle z​um Chefredakteur d​er Geislinger Zeitung ernannt. Nemitz w​ar zudem a​uch im Mai 1945 Stadtrat v​on Geislingen. Nur e​ine Ausgabe gelang e​s ihm herauszugeben, a​ls die amerikanische Militärregierung mangels Zeitungslizenz stoppten. Danach konnte e​r aber b​is 1946 d​ann noch 93 Ausgaben herausbringen, b​evor er n​ach Berlin umsiedelte.

Nemitz studierte Volkswirtschaft, u​nter anderem a​n der Harvard School o​f Public Administration (heute Kennedy School o​f Government), u​nd promovierte z​um Dr. rer. pol. Er arbeitete danach u a. a​ls Journalist. Er w​ar Landespressechef u​nter Ministerpräsidenten Heinz Kühn für d​ie SPD Nordrhein-Westfalen u​nd engster Mitarbeiter d​es DGB-Chefs Ludwig Rosenberg.

Von 1964 b​is 1976 w​ar er a​ls Senatsdirektor für d​ie Freie Hansestadt Bremen a​ls Stellvertretender Senator d​es Senators für Wirtschaft u​nd Außenhandel i​n der Zeit d​er Senatoren Karl Eggers, Oskar Schulz, Karl-Heinz Jantzen u​nd Dieter Tiedemann (alle SPD) tätig.

Von 1976 b​is 1992 w​ar er Präsident d​er Landeszentralbank Bremen u​nd dadurch a​uch Mitglied i​m Zentralbankrat d​er Deutschen Bundesbank. Er w​ar zudem a​ls Honorarprofessor a​n der Hochschule Bremen tätig.

Weitere Mitgliedschaften

Ehrungen

  • 1982: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
  • 1985: Großes Bundesverdienstkreuz
  • 1992: Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern

Werke

Grabstein für Anna Nemitz und Kurt Nemitz auf dem Waldfriedhof Zehlendorf
  • Die wirtschafts-ordnungspolitische Konzeption der deutschen Sozialdemokratie. Bonn 1959
  • Sozialistische Marktwirtschaft. Europäische Verlags-Anstalt, Frankfurt a. M. 1960.
  • Gewerkschaft – Wirtschaft – Gesellschaft. 1963.
  • Mitbestimmung und Wirtschaftspolitik. Bund-Verlag, Köln 1967.
  • Julius Moses und die Gebärstreik-Debatte 1913. In: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte. Herausgegeben und eingeleitet von Walter Grab. Band 2, 1973, Tel Aviv 1973, S. 321–335.
  • Die Bemühungen zur Schaffung eines Reichsgesundheitsministeriums in der ersten Phase der Weimarer Republik 1918–1922. In: Medizinhistorisches Journal. Band 16, 1981, S. 424–445.
  • Geldmengenziele im Gespräch. Universität Bremen, Bremen 1988
  • Anna Nemitz. SPI, Berlin 1988, ISBN 3-924061-21-1.
  • Das geistige Erbe sinnvoll wahren. Zur Erinnerung an den Arzt und Parlamentarier Dr. Julius Moses. Sonderdruck aus Medizin und Judentum. Vorträge auf der Gedächtnisveranstaltung in Dresden aus Anlass des Novemberpogroms 1938. Eigenverlag des Vereins für regionale Geschichte und Politik Dresden e.V. Sonderheft der Historischen Blätter. Dresden 1994.
  • Marktwirtschaft in sozialer Verantwortung. Hannover 2000.
  • Jüdische Parlamentarier in der Weimarer Republik. Heidelberg 2000.
  • Die Schatten der Vergangenheit. Oldenburg 2000.
  • Bundesratufer – Erinnerungen. BIs-Verlag, Oldenburg 2006.

Quellen

  • Ex-Senatsdirektor Kurt Nemitz gestorben. In: Weser-Kurier, 18. Februar 2015
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