Kuppelbare Klemme
Kuppelbare Klemmen sind Bauteile von Seilbahnen, nämlich von Gondelbahnen, kuppelbaren Sesselbahnen und Kombibahnen. Dabei stellen sie die Verbindung zwischen dem Fahrzeug und dem Seil dar. In den Stationen werden sie geöffnet, um das Fahrzeug vom Seil zu lösen, so dass die Fahrgäste bei geringerer Geschwindigkeit ein- und aussteigen können. Vor der Ausfahrt aus der Station werden sie dann wieder an das Seil geklemmt.[1]
Geschichte
Die ersten, einfach aufgebauten kuppelbaren Klemmen gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts, damals allerdings nur für Materialseilbahnen. Die ersten ihrer Art für den Personentransport kamen nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Markt. Die VR 101 des Schweizer Unternehmens Von Roll war die erste solche Klemme, einige weitere folgten. Neben Kabinen kamen zu Beginn auch Seitwärtssessel, also Sessel mit zwei Sitzplätzen quer zur Fahrtrichtung vor. Gleichzeitig entstanden auch Klemmen für 2S-Bahnen, diese allerdings fast ausschließlich mit Kabinen. Solche Bahnen entstanden in verschiedenen Ländern in den Alpen ebenso wie in der restlichen Welt, zum Beispiel in Tschechien. Die Klemmenbauweisen wurden im Laufe der Zeit immer wieder erneuert oder verbessert. In den 1970er-Jahren bot die französische Firma Pomagalski die ersten kuppelbaren Sesselbahnen, wie sie heute üblich sind, an. Dem folgten viele weitere Hersteller, sodass nochmals viele neue Klemmen entwickelt wurden. Die Bauweisen im Detail wurden bis heute oft überholt, heute sind die Klemmentypen Doppelmayr Torsion, Agamatic, Euro und Wopfner im Einsatz.[2]
Allgemeine Funktionsweise
Die Klemmkraft, mit der die Klemmen auf das Seil drücken, wird durch Schraubendruckfedern oder Tellerfedern aufgebracht. Historische Klemmen nutzten teilweise oder vollständig die Gravitation. Um die Klemme zu öffnen, wird durch eine Schiene in der Station ein Hebel betätigt, der die Klemme öffnet. Frühere Klemmen nutzten dazu auch ein Zahnrad, das durch eine Zahnschiene ausgelöst wird, oder die Kabinen wurden einfach angehoben, wodurch die Gravitation entfiel. Bei neuen Seilbahnen überwachen Sensoren den Kuppelvorgang elektronisch und halten die Seilbahn, falls nötig, an.[1]
Alle Klemmen lassen sich in monostabile und bistabile Klemmen unterteilen. Monostabile Klemmen schließen automatisch, wenn sie nicht durch eine Kuppelschiene offen gehalten werden. Das heißt, sie schließen sich nach dem Auskuppeln sofort wieder, passieren die Station in geschlossenem Zustand und werden dann erneut geöffnet, um wieder einzukuppeln. Selten werden sie auch während der Fahrt durch die Station mittels einer Schiene offen gehalten.[3] Bistabile Klemmen werden bei der Stationseinfahrt geöffnet und bleiben bei der Fahrt durch die Station ohne zusätzliche Krafteinwirkung geöffnet, bei der Ausfahrt werden sie dann wieder geschlossen. Bistabile Klemmen lassen sich anhand ihres Funktionsprinzips weiter unterteilen in Kniehebelklemmen, Nockenklemmen und Schraubklemmen.[4]
Verschiedene Modelle
Im Folgenden wird nur eine Auswahl an bedeutenden Klemmen beschrieben, da es den Rahmen sprengen würde, alle jemals existenten Klemmen zu beschreiben (Quelle: siehe Weblink „Kuppel-Historie von 1873 bis heute“):
VR 101
Die VR 101, entwickelt vom Schweizer Unternehmen Von Roll, war die erste kuppelbare Klemme der Welt, die für den Transport von Personen konstruiert war. Erstmals wurde sie 1945 von der Sesselbahn Foppa in Flims benutzt. Ihre Klemmkraft erbringt sie durch die Gravitation und den Gebrauch von Federn. Genutzt wurde sie vor allem für Seitwärtssesselbahnen, aber auch für Gondeln mit zwei Sitzplätzen. Die einzige verbliebene Seilbahn mit diesem System ist die auf den Komáří hůrka in Tschechien.
Giovanola
Eine der ersten kuppelbaren Klemmen ist die der Walliser Firma Giovanola. Sie beruht ausschließlich auf Gravitation zur Aufbringung der Klemmkraft. Sie wurde erstmals 1950 bei der Gondelbahn Croix des Ruinettes in Verbier eingesetzt. Auch im späteren Verlauf wurde sie nur ein einziges Mal von einer Sesselbahn verwendet, nämlich am irischen Bray Head.[5] Nachdem Giovanola sich aus dem Seilbahngeschäft zurückzog, verbauten andere Hersteller dieses Klemmensystem, sodass es insgesamt ca. 40 Jahre lang verbaut wurde. Heute stehen noch viele solcher Anlagen, zum Beispiel die Seilbahn im Westfalenpark in Dortmund.
Wopfner
Die österreichische Firma Wopfner entwickelte 1989 eine kuppelbare Klemme, die durch Schraubenfedern ihre Klemmkraft erbringt. Die Firma existiert heute nicht mehr, die Hersteller Bartholet und Loipolder nutzen diese Klemme aber bis heute.
Euro
Die beiden zusammenarbeitenden Hersteller Leitner AG und Pomagalski nutzen beide diese 1997 entwickelte Klemme, die mithilfe von Schraubenfedern funktioniert.
Doppelmayr Torsion
Die 1994 von Doppelmayr entwickelte Klemme erzeugt die Klemmkraft durch Stabfedern und wird bis heute verbaut.
Agamatic
Die Agamatic-Klemme wurde vom gleichnamigen italienischen Unternehmen entwickelt und wird heute von Doppelmayr eingesetzt.
Kuppelbare Klemmen bei anderen Seilbahnsystemen
Abwandlungen der drei oben genannten, klassischen Systeme wie das Funitel oder die 3S-Bahn nutzen ebenfalls kuppelbare Klemmen.[6]
Weblinks
- Kuppel-Historie von 1873 bis heute. In: Seilbahnforum. www.bergbahnen.org, abgerufen am 21. März 2020 (Auflistung und Beschreibung von kuppelbaren Klemmen, zugleich Quelle für ganzen Abschnitt „Verschiedene Modelle“).
Einzelnachweise
- Elmar Dorigatti: Die Welt der Seilbahnen, Folio Verlag, Wien/Bozen 2019, ISBN 978-3-85256-791-4, Seite 26.
- Seilbahnlexikon - Geschichte & Technik – 1.8 Kuppelbare Luftseilbahnen mit Umlaufbetrieb. In: Seilbahnlexikon. www.bergbahnen.org, abgerufen am 21. März 2020.
- Diskussion über die Klemme einer Seilbahn in Saarbrücken im Forum von www.bergbahnen.org
- Erklärung der Funktionsweise von Klemmen und Einteilung in verschiedene Kategorien
- 50 Jahre Seilbahnruine von Bray. In: Seilbahnforum. www.bergbahnen.org, 11. August 2019, abgerufen am 21. März 2020 (Bericht über die Sesselbahn Bray).
- Seilbahnlexikon - Geschichte & Technik – 1.9 Abwandlungen der klassischen Luftseilbahnarten. In: Seilbahnlexikon. www.bergbahnen.org, abgerufen am 21. März 2020 (Beschreibung abgewandelter Gondelbahnen).