Kreuzkopf

Der Kreuzkopf i​st ein Maschinenelement, d​as bei Kurbeltrieben verwendet wird. Es koppelt d​ie translatorisch oszillierende (hin- u​nd her bewegte) Kolbenstange m​it dem translatorisch u​nd rotatorisch oszillierenden (gleichzeitig n​och auschwenkenden) Pleuel.

Kolbentriebe ohne und mit Kreuzkopf

Die Kreuzkopf-Bauweise eignet s​ich wegen d​er großen bewegten Massen u​nd der Bauhöhe n​ur für Drehzahlen v​on Langsamläufern (bis 300min−1). Sie w​ird daher überwiegend a​n großen Kolbenmaschinen verwendet, d. h. a​n Zweitakt-Großdieselmotoren u​nd Kolbendampfmaschinen.[1]

Funktionsprinzip

Kinematik eines Kolbentriebs ohne und mit Kreuzkopf

Die Achsen d​er Kolbenstange u​nd des Pleuelbolzens kreuzen s​ich auf d​er gleichen Ebene. Der Kreuzkopf h​at ein separates Gleitlager u​nd ist über d​ie Kolbenstange s​tarr mit d​em Kolben verbunden. Der Pleuel pendelt u​m den Kreuzkopf u​nd ist m​it der Kurbelwelle verbunden. Der Kreuzkopf n​immt die senkrecht u​nd seitlich a​uf die Kurbelwelle (Kurbelzapfen) wirkenden Kräfte auf. Er hält d​en Kolben v​on Seitenkräften frei. Dadurch k​ann der Kolben s​ehr flach ausgeführt werden (Scheibenkolben), u​nd die heißen Zylinder- u​nd Kolbenlaufflächen werden weniger beansprucht.

Bei Tauchkolbenmaschinen übernimmt d​as Kolbenhemd d​ie Rolle d​es Kreuzkopfes u​nd überträgt Seitenkräfte a​uf den Zylinder.

Ganz o​hne Kreuzkopf kommen Maschinen m​it oszillierenden Zylindern aus; d​ie Kolbenstange greift direkt a​n die Kurbel, u​nd der Zylinder führt e​ine Schwenkbewegung aus.

Der Bewegungsablauf e​ines Kurbeltriebes m​it Kreuzkopf stimmt b​ei gleichlangem Pleuel m​it dem e​ines Kurbeltriebes o​hne Kreuzkopf überein.[2]

Eigenschaften

Kreuzkopf einer Dampfmaschine
Kreuzkopf einer Dampflokomotive
  • Der Hub kann bei gegebener Bohrung beliebig verlängert werden. Bei Zweitaktmotoren sind 3...4,2-facher Hub üblich.[3] Dagegen ist beim Tauchkolben der Hub durch die Auslenkung des Pleuels begrenzt.
  • Großdieselmotoren profitieren davon, dass
  • Durch die gerade Führung der Kolbenstange lässt sich der Kurbeltrieb zum Zylinder hin leicht abdichten. Dies bietet mehrere Vorteile:
    • Abdichtung der Kurbelwelle und des Kreuzkopfes gegen die heißen Abgase und Rückstände durch Blowby-Verluste am Kolben. Schmierstoffe für die Kolbenringe und für die Kurbelwelle können getrennt werden. Es können billige Kraftstoffe verwendet werden, die mit hohem Ascheanteil verbrennen. Kolbenringe benötigen hochwertigeres Öl (insbesondere hinsichtlich Temperatur, Aschetoleranz und weitere Additive) als die Kurbelwelle.
  • Die gerade Kolbenstange ermöglicht den Bau doppeltwirkender Maschinen, bei denen der Kolben im gleichen Zylinder von beiden Seiten abwechselnd mit Druck beaufschlagt wird. Damit entfallen Leerhübe, die Leistungsdichte steigt, und der Drehmomentverlauf wird gleichmäßiger. Zweizylinderdampfmaschinen mit 90° Kurbelversatz können aus jeder Stellung anlaufen und zusätzlich umsteuerbar (Drehrichtung) ausgelegt werden. Bei Dampfmaschinen ist die Doppeltwirkung die Regel. Doppeltwirkende Verbrennungsmotoren konnten sich wegen der höheren thermischen Belastung (Kühlprobleme) nicht durchsetzen. Durchaus üblich ist jedoch die Trennung von Verdichtungsraum unten und Verbrennungsraum oben.
  • Der Kolben ist frei von Seitenkräften. Der Kolben kann flach und einfach ausgeführt werden (kurzes Kolbenhemd, kein Gelenk, kein Kolbenbolzen) und kennt kein Kolbenkippen beim Durchlaufen des oberen Totpunktes (OT).

Bei kleineren Motoren w​ird der Kreuzkopf i​m Gegenkolbenmotor d​er Golle Motor AG i​n neuer u​nd patentierter Weise eingesetzt.

Literatur

  • Leo Hagedorn, Wolfgang Thonfeld, Adrian Rankers: Konstruktive Getriebelehre, 12. Auflage, Springer, Heidelberg, 2009, ISBN 978-3-642-01613-4.
  • Hans Jörg Leyhausen: Die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk Teil 1, 12. Auflage, Vogel Buchverlag, Würzburg, 1991, ISBN 3-8023-0857-3.
  • Max Bohner, Richard Fischer, Rolf Gscheidle: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik, 27. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2001, ISBN 3-8085-2067-1.
Commons: Dampfmaschinen mit Kreuzkopf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Kolbentriebe mit Kreuzkopf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Siehe G. P. Merker, R. Teichmann (Hrsg.), "Grundlagen Verbrennungsmotoren", 7. Auflage 2014, Abschnitt 3.8 "Großdieselmotoren", Springer Fachmedien Wiesbaden, ISBN 978-3-658-03194-7
  2. Leo Hagedorn, Wolfgang Thonfeld, Adrian Rankers: Konstruktive Getriebelehre. 2009, S. 21
  3. Klaus Mollenhauer, Helmut Tschöke, "Handbuch Dieselmotoren", 3. Auflage 2007, Abschnitt 18.4.1.3 "Merkmale moderner Zweitakt-Langsamläufer", Springer-Verlag Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-540-72164-2
  4. MAN G95ME-C9.6 mit HFO betrieben (Memento vom 26. Mai 2018 im Internet Archive)
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