Kreuzkirche (Weimar)
Die evangelisch-lutherische Kreuzkirche in Weimar (Böhlaustraße 2/ Ecke Shakespearestraße) gehört seit 1928 zur örtlichen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde, seit 2009 eine Gemeinde der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Ursprünglich wurde der Sakralbau im Jahr 1899 als Kirche Saint Michael and all Angels der Church of England geweiht.
Architektur
Die Kreuzkirche ist eine neugotische Saalkirche von niedrigen Verhältnissen. Sie wurde 1899 von Rudolf Zapfe für die anglikanische Kirchgemeinde in Weimar erbaut. Zapfe hat sich im Stil und in den Proportionen des Außenbaus im Sinne seiner Auftraggeber am Typus einer kleinen englischen Kirche aus der Zeit der Frühgotik orientiert.
Vom ursprünglichen Zustand ist das Äußere des Kirchenschiffs erhalten; das Innere wurde nach wechselvollen Bauschicksalen 1973–1974 von Architekt Klaus Kaufmann und Bildhauer Friedrich Press neu gestaltet.[1]
Geschichte und Gegenwart
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Weimar eine größere Zahl an Menschen meist englischer Herkunft heimisch, die sich eng mit der Stadt, der deutschen Sprache, der deutschen Kultur und der Weimarer Klassik verbunden fühlten. Diese Wissenschaftler, Künstler und Kulturschaffenden samt ihren Familien konnten 1899 ihren Wunsch verwirklichen und für ihre Kirchgemeinde an Weimars damaligem Stadtrand eine eigene Kirche errichten. Die Kirche wurde am 29. September 1899 geweiht und erhielt den Namen Saint Michael and all Angels. Erbaut wurde sie im Perpendikular-Stil; eine andere Quelle ordnet sie als Bauwerk der Neogotik ein.
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 wurden diese Menschen als Kriegsgegner Deutschlands eingestuft und mussten Weimar und Deutschland verlassen. Der Sakralbau verwaiste und blieb viele Jahre ungenutzt. Schließlich erwarb Weimars evangelisch-lutherische Kirchgemeinde das Gebäude und weihte es am 30. September 1928 als „Kreuzkirche“ neu ein. Zu dieser Zeit erfolgte auch der Einbau der mehrfach segmentbogenförmig gewölbten Rabitzdecke unter der bis dahin sichtbaren Dachkonstruktion.
Im Jahr 1955 baute Orgelbaumeister Gerhard Kirchner seine Orgel ein (1989 erneuert), im Jahr 1962 folgte die Montage der Schilling-Glocken aus Apolda in dem an das Kirchgebäude angrenzenden Glockenturm.
Bei einer gründlichen Erneuerung in den Jahren 1972–1975 bekam der Innenraum eine andere Gestalt. Eine dreifache möglich Raumteilung mit abgehängter Kassettendecke, beweglicher Bestuhlung und Fußbodenheizung schlug der Eisenacher Kirchenbaumeister und Architekt Klaus Kaufmann vor. Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Kirchenraums belebten die Aktivitäten in der Gemeinde. Kantorei und Posaunenchor der Kreuzkirche sind seither eine feste Größe in der Weimarer Kirchgemeinde. Der Weimarer Kunstmaler Gottfried Schüler übernahm die farbige Gestaltung der Fenster. Paramente und einen Wandbehang fertigte die Weimarer Textilgestalterin Anneliese Jährling (Ehefrau des Künstlers Horst Jährling). Der Altarraum wurde von dem Dresdener Bildhauer Friedrich Press gestaltet.
Im Jahre 1999 konnte die Gemeinde im Garten der Kreuzkirche nach den Plänen des Architekten Bernhard Zschiedrich ein Gemeindehaus bauen. 2006 und 2007 wurde das Dach der Kreuzkirche mit Schiefer neu gedeckt, 2008 und 2009 wurde unter der Leitung des Architekturbüros Meyer-Landrut der Innenraum und der Eingangsbau saniert. Ziel war die Wiederherstellung des Innenraumes in seiner Erscheinung von 1928.
Das Tonnengewölbe aus der Zeit von 1928 wurde freigelegt, so dass die Fensterrosette über der Eingangswand wieder zu sehen ist. Auch eine neue Taufglocke wurde auf dem Dachreiter installiert.[2][3]
Bilder
- Kreuzkirche Weimar – Detailansicht 1
- Dachkreuz der Kreuzkirche Weimar
- Kreuzkirche Weimar – Eingangsbereich
- Kreuzkirche Weimar – Detailansicht 2
- Fensterrose der Kreuzkirche Weimar – Innenansicht
- Kreuzkirche Weimar – Altar und Kruzifix
- Schuke-Orgel
Orgel
Die aktuelle Orgel von 1989 stammt von Alexander Schuke. Sie hat 16 Register auf zwei Manualen und Pedal. Sie ersetzte ein 1955 von Gerhard Kirchner (Weimar) gebautes Instrument.[4]
Glocken
Die Kirche hat fünf Bronzeglocken der traditionsreichen Firma Franz Schilling Söhne aus Apolda, die 1962 in den Turm gehoben wurden:[5]
Foto | Jahr | Ø | Gewicht (kg) | Nominal | Glockenzier und Inschriften |
---|---|---|---|---|---|
1962 | 920 | 500 | a1 | Schulter /+ EIN FESTE BURG IST UNSER GOTT +/ Flanke /AUF/ | |
1962 | 810 | 350 | h1 | Schulter /+ ERHALT UNS HERR BEI DEINEM WORT +/ Flanke /ER-/ | |
1962 | 750 | 290 | c2 / cis2 | Schulter/+ O LAND LAND LAND HÖRE DES HERREN WORT +/ Flanke /DEN/ | |
1962 | 670 | 200 | d2 | Schulter /+ KÄMPFE DEN GUTEN KAMPF DES GLAUBENS ERGREIFE DAS EWIGE LEBEN/ /DAZU DU AUCH BERUFEN BIST +/ [fließender Zeilenübergang] Flanke /FRIED/ | |
1962 | 600 | 140 | e2 | Schulter /+ NUN ABER BLEIBT GLAUBE HOFFNUNG LIEBE DIESE DREI ABER DIE LIEBE/ /IST DIE GRÖSSTE UNTER IHNEN +/ [fließender Zeilenübergang] Flanke /UND/ |
Foto | Herkunft | Jahr | Ø | Gewicht (kg) | Nominal | Glockenzier und Inschriften | Glockengeschichte |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Schiffsglocke | 1879 | Schulter Kordelsteg Flanke /S.M.S. GNEISENAU/ Flanke (andere Seite) Relief eines doppelköpfigen Adlers Wolm ein runder Reifen Schlag Kordelsteg | 1906 Bronzeglocke "Taufglöckchen" Voß & Sohn (Stettin); 1928 angebracht und geweiht; 1931 Foto mit leerem Joch im Dachreiter; 1931/33 Bronzeglocke Franz Schilling Söhne (Apolda) [Planung/ nicht ausgeführt]; 1879 Stapellauf der SMS Gneisenau in Danzig; 1900 vor Málaga auf Hafenmole aufgelaufen; Glocke geborgen; 2006 in Dachreiter gefügt |
Siehe auch
Literatur
- Viola-Bianka Kießling: Himmlische Instrumente. Ein Glocken-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. vom Landratsamt Weimarer Land in Kooperation mit dem Kirchenkreis Apolda-Buttstädt, Weimar/Apolda 2012, OCLC 914357542.
- Viola-Bianka Kießling: Königin der Instrumente. Ein Orgel-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. Landratsamt Weimarer Land, Fagott-Orgelverlag, Friedrichshafen 2007, ISBN 978-3-00-021071-6.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hartmut Mai: Der Kirchenbau des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Thüringen. 1976, OCLC 915438951, S. 11. (ekmd.de)
- ek-weimar.de
- c-m-l.de
- Viola-Bianka Kießling: Königin der Instrumente. Ein Orgel-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. Landratsamt Weimarer Land, Fagott-Orgelverlag, Friedrichshafen 2007, ISBN 978-3-00-021071-6.
- Viola-Bianka Kießling: Himmlische Instrumente. Ein Glocken-Führer durch die Region Weimar und Weimarer Land. Hrsg. vom Landratsamt Weimarer Land in Kooperation mit dem Kirchenkreis Apolda-Buttstädt, Weimar/Apolda 2012, OCLC 914357542.