Kraftdreikampf
Der Kraftdreikampf, international Powerlifting genannt, ist eine Wettkampfsportart der Schwerathletik bzw. des Kraftsports und setzt sich aus den drei Disziplinen Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben (offizielle Reihenfolge) zusammen.
Kraftdreikampf ist am ehesten mit dem olympischen Zweikampf beim Gewichtheben, bestehend aus Reißen und Stoßen, vergleichbar. Ziel des Kraftdreikampfes ist es, größtmögliche Lasten zu bewältigen. Obwohl gute Technik sehr wichtig ist und dieser im Training große Aufmerksamkeit gilt, zählt bei der Punktevergabe im Wettkampf nur die umgesetzte Höhe des Gewichts.
Kraftdreikampf im Wettkampf
Die Wettkampfteilnehmer werden in Alters- und Gewichtsklassen eingeteilt. In jeder Disziplin sind ihnen jeweils drei Versuche gestattet. In der Vergangenheit konnte ein zusätzlicher vierter Versuch in Ausnahmefällen genehmigt werden, wenn es dabei um die Aufstellung eines neuen Rekordes ging. Die im vierten Versuch erbrachte Leistung ging jedoch nicht in die Wettkampfwertung ein. 2007 wurde der vierte Versuch gänzlich abgeschafft, um eine schnellere Durchführung des Wettkampfes zu ermöglichen.
Organisationsstruktur
Der Bundesverband Deutscher Kraftdreikämpfer (BVDK) ist die deutsche Dachorganisation, die dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) angehört, in Österreich ist es der Österreichische Verband für Kraftdreikampf (ÖVK). Hierneben gibt es weitere kleinere Regionalverbände.
Die internationale Dachorganisation im Kraftdreikampf ist die International Powerlifting Federation (IPF) mit Sitz in Luxemburg.
Im Gegensatz zum Gewichtheben ist der Kraftdreikampf keine olympische Disziplin, jedoch ist das Bankdrücken paralympisch. Als olympische Alternative für eine Vielzahl von Sportarten, die keinen Platz bei Olympia haben, haben sich die ebenfalls in einem Vier-Jahres-Rhythmus stattfindenden World Games etabliert, zu deren Programm auch der Kraftdreikampf gehört, allerdings mit veränderten Gewichtsklassen. Außerdem erfolgt die Ermittlung der Platzierungen bei den World Games anhand der erzielten Relativpunkte.
Weiterhin gibt es verschiedene Landes-, Europa- und Weltmeisterschaften im Kraftdreikampf. Zudem existieren in Deutschland mehrere nationale und regionale Ligen und in Österreich der nationale Austria Cup.
Frauen haben sich in dem von Männern dominierten Sport inzwischen durchgesetzt und nehmen selbst an internationalen Vergleichen teil.
Altersklassen
Es gibt folgende Altersklassen: Jugend (14–18 Jahre), Junioren (19–23 Jahre), allgemeine Klasse (24–39 Jahre), Masters (ab 40 Jahre Masters I, ab 50 Jahre Masters II, ab 60 Jahre Masters III, ab 70 Jahre Masters IV).
Im BVDK wird seit 2010 die Altersklasse der Jugendlichen zusätzlich noch in die B-Jugend (14–15 Jahre) und die A-Jugend (16–18 Jahre) unterteilt. Der B-Jugend ist die Nutzung von unterstützendem Equipment (siehe unten) bei Wettkämpfen nicht gestattet. Lediglich Hebergürtel sowie Handgelenkbandagen und Kniestulpen als Schutz vor Verletzungen der in diesem Alter noch im Wachstum befindlichen Wirbelsäule und Gelenke sind erlaubt.
Gewichtsklassen
Es gab bis Ende 2010 folgende Gewichtsklassen bei der IPF:
Frauen –48 kg, –52 kg, –56 kg, –60 kg, –67,5 kg, –75 kg, –82,5 kg, –90 kg, +90 kg
Männer –56 kg, –60 kg, –67,5 kg, –75 kg, –82,5 kg, –90 kg, –100 kg, –110 kg, –125 kg, +125 kg
Für die Altersklassen der Jugend und der Junioren existieren des Weiteren auch die Gewichtsklassen –44 kg (Frauen) und –52 kg (Männer), die 2007 für die anderen Altersklassen auf Grund der mangelnden Besetzung bei Wettkämpfen abgeschafft wurden.
Seit 2011 gelten folgende Gewichtsklassen:
Frauen bis 43 kg nur Jugend und Junioren, 47 kg, 52 kg, 57 kg, 63 kg, 72 kg, 84 kg, 84 kg +
Männer bis 53 kg nur Jugend und Junioren, 59 kg, 66 kg, 74 kg, 83 kg, 93 kg, 105 kg, 120 kg, 120 kg+
Zudem wurden neue Weltrekordstandards für jede Gewichtsklasse eingeführt.[1]
Die Ausführung der einzelnen Übungen unterliegt einem strengen Reglement. Pro Disziplin hat jeder Athlet drei Versuche, bei denen ein möglichst hohes Gewicht bewältigt werden muss. Bereitet ein Heber seinen Versuch vor, können die Scheibenstecker dem Heber beim Herausheben der Hantel aus den Ständern helfen. Ebenso können sie helfen, die Hantel nach dem Versuch wieder in die Ständer zurückzulegen. Zudem sichern sie den Athleten. Sie sind für das Beladen und Entladen der Hantel verantwortlich und reinigen die Hantelstange oder die Wettkampfplattform nach Aufforderung durch den Hauptkampfrichter. Von einem Versuch zum nächsten darf das Gewicht nur erhöht bzw. unverändert gelassen werden, nicht aber verringert werden. Die jeweils besten Versuche in allen Disziplinen werden addiert und als Gesamtgewicht notiert. Der Athlet mit dem höchsten Gesamtgewicht (auch Total genannt) einer Gewichtsklasse gewinnt die Klasse. Bewältigen zwei oder mehr Athleten dasselbe Gesamtgewicht, so entscheidet das beim Wiegen vor dem Wettkampf ermittelte Körpergewicht über die Platzierung: Der Sportler mit dem niedrigeren Körpergewicht wird in der Wertung vor dem schwereren Athleten platziert. Wird zusätzlich ein Gesamtsieger gekürt, so erfolgt die Kür auf Basis der Relativpunktewertung, also der Leistung in Relation zum Körpergewicht nach Wilks.
Für die Bewertung der Übungen sind drei Kampfrichter, ein Hauptkampfrichter und zwei Seitenkampfrichter, um die Wettkampfplattform angeordnet. Der Hauptkampfrichter ist unter anderem für die Kommandos ("Beugen"/"Ablegen", "Start"/"Press"/"Ablegen", "Ab") zuständig. Eine Nichtbeachtung dieser Kommandos führt dazu, dass ein Versuch ungültig gewertet wird.
Relativpunkte nach Wilks
Die Wilks-Formel, nach dem Australier Robert Wilks, bewertet die Leistung des Athleten in Abhängigkeit seines Körpergewichts und Geschlechts, aber ohne Altersberücksichtigung. Sieger ist derjenige, der die höchste Punktzahl erreicht. Die Punktzahl ist gleich dem Produkt aus Gewicht und dem Wilks-Koeffizienten. Das Gewicht ist die bewegte Last im Wettkampf, der Wilks-Koeffizient ergibt sich aus der sogenannten Wilks-Tabelle, welche eine Auflistung von Koeffizienten für unterschiedliche Körpergewichte (ab 40,0 kg in Stufen von 100 Gramm) ist. Männer und Frauen haben unterschiedliche Wilks-Koeffizienten. Die IPF veröffentlicht Wilks-Koeffizienten für Körpergewichte ab 40,0 kg bis 150,9 kg bei den Frauen und bis 205,9 kg bei den Männern.[2] Der BVDK hat in seinen 'Technischen Regeln im Kraftdreikampf gemäß IPF' (gültig ab Juni 2011),[3] im Kapitel '12.5 Die Wilks-Punkte' diese Wilks-Koeffizienten übernommen, dort sind sie als 'Punktfaktoren' bezeichnet. Danach gilt: "Die Tabelle ist in zehntel Kilogramm Schritten aufgebaut, so muss unter Umständen interpoliert (gemittelt) werden." Ab 2020 werden die Wilks Punkte für Mannschaftswettkämpfe durch die DOTS-Relativwertung abgelöst.[4]
Doping
Maximale Kraftleistungen lassen sich durch die Verwendung von anabolen Steroiden beeinflussen.[5] Während der BVDK Dopingkontrollen der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) und des DOSB praktiziert, lehnt der World Powerlifting Congress Dopingkontrollen im Berufssportteil des Verbandes ab, praktiziert diese aber im Amateursport. Da es weder im Zirkus oder dem Wrestling (oder in anderen Berufen) Dopingkontrollen gibt, fordert der Verband für den Berufssport, auf diese zu verzichten. Der Verband war 2014 in 51 Ländern vertreten, darunter Deutschland, Österreich und der Schweiz.[6][7][8]
Varianten, Ausrüstung und Hilfsmittel
Zwei Formen des Kraftdreikampfes werden unterschieden:
Kraftdreikampf mit unterstützender Ausrüstung (Equipment)
Das Equipment besteht aus den folgenden Komponenten (Eine maximale Leistungssteigerung durch die Ausrüstung zu bestimmen ist sehr schwierig da dies für jeden Athleten individuell ist und vom Hersteller, richtiger Größe, angepasster Technik etc. abhängt):
- Beugeanzug
- Bankdrückhemd
- Kniebandagen
- Kreuzhebeanzug
- Swingrack
Diese Variante ist in den USA viel stärker verbreitet als außerhalb. Neben der Maximalkraft kommt es für Spitzenleistungen auf gute Ausnutzung der unterstützenden Ausrüstung an, was nicht alle Athleten gleich gut beherrschen. Die Vergleichbarkeit der Leistungen ist dadurch erschwert, dass viele verschiedene Verbände – vor allem in den USA – eigene, voneinander abweichende Ausrüstungsregeln haben; diese können sogar Vorschriften darüber enthalten, wer die Ausrüstung hergestellt hat ("Fabrikatsbindung").
Powerlifting ohne unterstützendes Equipment – Raw Powerlifting
Bei dieser Variante sind als Ausrüstung nur ein Gürtel, Handgelenks- und Kniestulpen (oder Bandagen, je nach Verband) erlaubt.
Prinzipiell sind alle Varianten und deren Regelungen bezüglich erlaubter und verbotener Techniken und der Ausrüstung und Hilfsmaterialien (z. B. Zughilfen) verbandsabhängig in Regelbüchern behandelt und bei Verbands-Wettkämpfen obligatorisch, ansonsten kann der Veranstalter eines Wettbewerbs in seiner Ausschreibung Regeln festlegen.
Weltrekorde
Frauen
Frauen mit Equipment nach IPF Standards.[9]
Disziplin | Athletin | Gewicht | Jahr |
---|---|---|---|
Kniebeugen (Squat) | Gemaletdinova Olga (Russland) | 310,0 kg | 2011 |
Bankdrücken (Bench press) (single lift) | Lonn Sandra (Schweden) | 235,0 kg | 2015 |
Bankdrücken (Bench press) | Hugdal Hildeborg (Norwegen) | 227,0 kg | 2014 |
Kreuzheben (Deadlift) | Gemaletdinova Olga (Russland) | 270,5 kg | 2013 |
Frauen ohne Equipment nach IPF Standards.[10]
Disziplin | Athletin | Gewicht | Jahr |
---|---|---|---|
Kniebeugen (Squat) | Lough Bonica (USA) | 272,5 kg | 2016 |
Bankdrücken (Bench press) (single lift) | Lough Bonica (USA) | 151,0 kg | 2016 |
Bankdrücken (Bench press) | Lough Bonica (USA) | 151,0 kg | 2016 |
Kreuzheben (Deadlift) | Hewitt LeeAnn (USA) | 238,0 kg | 2016 |
Männer
Männer mit Equipment
Disziplin | Athlet | Gewicht | Jahr |
---|---|---|---|
Kniebeugen (Squat) | Jonas Rantanen (FIN) | 575,00 kg | 2011 |
Bankdrücken (Bench press) | Ryan Kennelly (USA) | 487,61 kg (1075 lbs) | 2008[11] |
Kreuzheben (Deadlift) | Andy Bolton (UK) | 457,5 kg (1008,6 lbs) | 2009[12] |
Kreuzheben (Deadlift) (mit Zughilfe) | Hafthor Björnsson (IS) | 501 kg (1104 lbs) | 2020[13] |
Männer ohne Equipment (auch bezeichnet als raw (dt. roh))
Disziplin | Athlet | Gewicht | Jahr |
---|---|---|---|
Kniebeugen (Squat) | Ray Williams (USA) | 477,5 kg (1053 lbs) | 2017 |
Bankdrücken (Bench press) | Julius Maddox (USA) | 337 kg (743 lbs) | 2019 |
Kreuzheben (Deadlift) | Benedikt Magnússon (IS) | 460 kg (1015 lbs) | 2009 |
Kreuzheben (Deadlift) (mit Zughilfe) | Eddie Hall (UK) | 500 kg (1102,31 lbs) | 2016[13] |
Weblinks
Einzelnachweise
- Quelle IPF (Memento vom 26. Juni 2011 im Internet Archive; PDF; 178 kB)
- Archivierte Kopie (Memento vom 10. Oktober 2011 im Internet Archive; PDF; 49 kB)
- Archivierte Kopie (Memento vom 29. August 2011 im Internet Archive; PDF; 7,3 MB)
- Veröffentlichung des BVDK auf der Verbandshomepage.
- Juan Manuel Garcia Manso: La Fueza. Findamentatcion, Valoracion y Entrenamiento. Gymnos, Madrid 1999, S. 139. vgl. Arnd Krüger: Spanische Doping-Dokumentation vom "Feinsten". NZZ 9. Februar 2000. Archivierte Kopie (Memento vom 8. August 2014 im Internet Archive)
- http://www.worldpowerliftingcongress.com/
- http://www.upc-germany.com/
- http://www.powerlifting.ch/home/
- Records – International Powerlifting Federation IPF. In: www.powerlifting-ipf.com. Abgerufen am 29. November 2016.
- Records – International Powerlifting Federation IPF. In: www.powerlifting-ipf.com. Abgerufen am 29. November 2016.
- Pride Strength Wars Results. Pride Powerlifting, 8. November 2008, archiviert vom Original am 20. Dezember 2008; abgerufen am 11. November 2008.
- Soong, Michael: "Men's All-Time World Records" (Memento vom 25. Februar 2012 im Internet Archive; PDF; 129 kB), "Powerlifting Watch", Abgerufen am 30. Dezember 2011
- Michael Carley, Philippe Spapens: The Global Commons: Wild Frontier to Full World. In: Sharing the World. Routledge, 2017, ISBN 978-1-315-08799-3, S. 12–27, doi:10.4324/9781315087993-2.