Kränzlin
Kränzlin ist ein Dorf in Brandenburg auf der Ruppiner Platte ungefähr fünf Kilometer westlich von Neuruppin und hat etwa 405 Einwohner (2006). Es gehört zur Gemeinde Märkisch Linden.
Kränzlin Gemeinde Märkisch Linden | |
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Höhe: | 45 m |
Einwohner: | 405 (2006) |
Eingemeindung: | 30. Dezember 1997 |
Postleitzahl: | 16818 |
Ruine der Dorfkirche |
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung stammt aus 1291 als Krencelin. Der Name leitet sich von dem Personennamen Kranschela ab.[1] Um 1490 war Kränzlin ein Teil der im Kern reichsunmittelbaren Herrschaft Ruppin unter der Landesherrschaft der Grafen von Lindow-Ruppin.
„Wie beinah alle Güter im Ruppinschen, bestand auch Kränzlin aus einer ganzen Anzahl von Rittersitzen, und in den Jahrzehnten, die dem Dreißigjährigen Kriege vorausgingen, waren hier vier Familien ansässig: die von Leeste, von der Gröben, von Gühlen und von Fratz.“[2] Theodor Fontane fasst in einem Satz zusammen, was die Geschichte Kränzlins über Jahrhunderte bestimmt hat: die Landwirtschaft, zumal die der Rittergüter, auf denen sich die Landarbeiter verdingten. Im Jahre 1800 lebten in Kränzlin die Familien von neun Ganzbauern, sechs Halbbauern, fünf Kossäten, 33 Einliegern, fünf Handwerker, zwei Wirtsleuten und einem Förster.[3] Bis 1849 gehörte Kränzlin zum Patrimonialgericht Neuruppin.[3]
Kränzlin blieb viele Jahrhunderte ein Gutsdorf, aufgeteilt auf mehrere Rittergüter, größtenteils in adeliger Hand. Kurz vor der großen Wirtschaftskrise gehörte Kränzlin I mit 459 ha Viktor von Ziet(h)en mit Wohnsitz in Berlin. Dieses Rittergut Kränzlin I war verpachtet. Besitzer von Kränzlin II mit Rittergut Söffin II samt 434 ha war Erich Scherz junior (* 28. Mai 1899), SA-Sturmführer und ab dem 1. Mai 1933 Mitglied Nr. 2.629.684 der NSDAP.[4] Rittmeister a. D. Scherz ließ sein Gut ebenfalls teilweise verpachtet.[5]
In den Jahren 1942 bis 1944 starben hier mindestens vier polnische Männer, die als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt waren. Die Gräber der betroffenen waren bereits 1970 auf dem hiesigen Friedhof nicht mehr auffindbar, dafür jedoch das Grab eines weiteren Polen aus dem Jahre 1941. Dieses ist jedoch heute ebenfalls nicht mehr zu sehen.[6]
1946 wurde der Rittergutsbesitz enteignet und an 119 Neubauern verteilt.[7] Bereits 1953 mussten diese ihr Land wieder abtreten und in eine LPG einbringen.[3]
Kränzlin schloss sich am 30. Dezember 1997 freiwillig mit weiteren selbständigen Gemeinden zur Gemeinde Märkisch Linden zusammen.[8]
Bevölkerungsentwicklung
Die höchste Einwohnerzahl hatte Kränzlin nach dem Zweiten Weltkrieg infolge der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen vor allem aus Hinterpommern, West- und Ostpreußen und Schlesien.[3]
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Sehenswürdigkeiten
Eines der wenigen Wahrzeichen des Dorfes, die Kirche, wurde zu DDR-Zeiten stark beschädigt und seit der Deutschen Wiedervereinigung wieder teilweise instand gesetzt. Der Verein zur Förderung der Erhaltung und Wiederherstellung der Kirche in Kränzlin e. V. hat dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. So haben die Vereinsmitglieder die Erhaltung der Kirche unterstützt und tatkräftig mitgeholfen, die mittelalterliche Feldsteinkirche zu erhalten.
Neben der Kirche befindet sich das Pfarrhaus, in dem Karl Friedrich Schinkel ein und aus ging, da seine ältere Schwester Sophie Eleonore Elisabeth mit dem hier von 1793 bis 1806 wirkenden Pfarrer Gotthilf Friedrich Tobias Wagner verheiratet war.[2]
In seinem Buch „Norden“ beschreibt Louis-Ferdinand Céline diesen Ort und seine Einwohner. In den apokalyptischen Zuständen des Kriegsjahres 1944 werden alle gesellschaftlichen Schichten (Adel, Bürger, Bauern) als egoistisch und dekadent beschrieben.[9] Célines anarchistisches Welt- und Menschenbild lässt die Einwohner von Kränzlin und Neuruppin in dieser Zeit alles andere als gut wegkommen.[10]
Literatur
- Lieselott Enders: Kränzlin. In: Historisches Ortslexikons für Brandenburg (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. 7). Teil II: Ruppin. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1970, S. 131–134.
- Louis Ferdinand Céline: Norden. Roman („Nord“). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1985, ISBN 3-499-15499-4 (übersetzt von Werner Bökenkamp).
- Kränzlin, von Oliver Hermann und Edzard Rust. In: Peter Michael Hahn und Hellmut Lorenz: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. S. 314–316; gesamt 2 Bände: Einführung und Katalog. Kommentierte Neuausgabe des Ansichtenwerks von Alexander Duncker (1857–1883); Berlin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung Beuermann 2000; 2 Bde., 856 S., 275 farbige, 825 SW-Abb.; ISBN 978-3-875-84024-7
Weblinks
Einzelnachweise
- Märkische Oderzeitung vom 11. August 2006, S. 8.
- Theodor Fontane: Kränzlin. In: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band 1. Emil Vollmer Verlag, Wiesbaden 1974, S. 210–211.
- Lieselott Enders: Kränzlin. In: Historisches Ortslexikons für Brandenburg. Weimar 1970, Teil II: Ruppin, S. 132–133.
- Kai Krüger: Wirtschaftswunder und Mangelwirtschaft Zur Produktion einer Erfolgsgeschichte in der deutschen Geschichtskultur. Transcript Verlag, Bielefeld 2020, ISBN 978-3-8394-5219-6, S. 224.
- Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht: Niekammer`Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, VII, Provinz Brandenburg. 1929. Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha, nach amtlichen Angaben. In: Niekammer (Hrsg.): Letzte Ausgabe der Reihe Niekammer. 4. Auflage. Niekammer Adressbuch G.m.b.H., Leipzig 1929, S. 101 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 23. August 2021]).
- Regina Scheer: DER UMGANG MIT DEN DENKMÄLERN. (PDF; 1,54 MB) Eine Recherche in Brandenburg. (Nicht mehr online verfügbar.) Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung und Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, 2003, archiviert vom Original am 2. Dezember 2007; abgerufen am 13. Oktober 2013. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Dietrich Zühlke: Ruppiner Land. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zühlen, Dierberg, Neuruppin und Lindow. Akademie-Verlag, Berlin 1981. S. 109.
- StBA: Änderungen bei den Gemeinden, siehe 1997
- Merlin Thomas: Louis-Ferdinand Céline. New Directions, New York 1980, ISBN 0-8112-0754-4, S. 210.
- Lucette Destouches, Veronique Robert: Mein Leben mit Céline („Céline secret“). Piper, München 2003, ISBN 3-492-04420-4 (übersetzt von Carina von Enzenberg).