Kohlmarkt (Braunschweig)
Der Kohlmarkt ist ein zentraler Marktplatz in Braunschweig. Er gehört zu den ältesten Siedlungsgebieten innerhalb der Stadt und liegt im Weichbild Altstadt.
Kohlmarkt uppe deme kolemarkede (1342) forum carborum | |
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Der Kohlmarkt. Gut sichtbar im Zentrum: die Umrisse der St. Ulrici-Kirche. | |
Basisdaten | |
Ort | Braunschweig |
Ortsteil | Innenstadt |
Einmündende Straßen | Poststraße, Schützenstraße, Schuhstraße, Hutfiltern, Friedrich-Wilhelm-Straße, Ziegenmarkt |
Bauwerke | Haus Leuenturm Haus zur Sonne Haus zum Stern Haus zur Rose |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußverkehr, Radverkehr |
Platzgestaltung | Kohlmarktbrunnen |
Namensursprung
Bereits seit 1342 ist die Bezeichnung „uppe deme kolemarkede“ belegt, auf Lateinisch wurde der Platz als „forum carborum“ bezeichnet und auf Deutsch ursprünglich „Kohlenmarkt“. Die heutige Benennung „Kohlmarkt“ ist also auf „Kohle“, die dort gelagert und verkauft wurde, zurückzuführen und nicht etwa auf das Gemüse „Kohl“.[1]
Siedlungsgeschichte
Spätestens um das Jahr 1000 entstand an diesem Ort die „Kohlmarktsiedlung“, die im Überschwemmungsgebiet der Oker lag. Der Marktplatz bildete den Schnittpunkt zweier Fernhandelswege, die an dieser Stelle gemeinsam eine Furt durch die Oker nutzten. Für die Händler war er ein idealer Rast- und Stapelplatz. Das Zusammentreffen der Handelsstraßen ist daran zu erkennen, dass der Platz trapezförmig ist.
Der Kohlmarkt als städtebauliches Ensemble
St. Ulrici
Die Braunschweiger Reimchronik gibt an, dass die St. Ulrici- oder Ulrichs-Kirche (nicht zu verwechseln mit der nur wenige Hundert Meter entfernten Kirche gleichen Namens, die im Allgemeinen „Brüdernkirche“ genannt wird) um 1036 geweiht wurde. Eine erste urkundliche Erwähnung ist für das Jahr 1288 belegt. Sie war die Pfarrkirche für das Weichbild Sack sowie für Teile der Altstadt. Verschiedene Reparaturen zwischen 1494 und 1514 verursachten zahlreiche Bauschäden und führten zu einem Teileinsturz des Kirchenschiffes, was den Rat 1544 schließlich dazu bewog, die gesamte Kirche abreißen zu lassen. Der gewonnene Raum wurde dem engen Kohlmarkt zugeschlagen. Die Parochie wechselte zur in der Nähe befindlichen Brüdernkirche; auch das aus dem Jahre 1440 stammende Taufbecken befindet sich seither dort.[2]
Archäologische Grabungen
Mehrjährige Grabungen Ende der 1970er Jahre bestätigten die Annahme, dass die 1544 abgerissene Ulrici-Kirche auf den Fundamenten eines Vorgängerbaus aus dem 10. Jahrhundert stand, einer Saalkirche mit einer Breite von 5,60 m und einer Länge von 7,50 m. Die Ulrici-Kirche selbst war dreischiffig gewesen. Darüber hinaus wurden 176 Grabstellen gefunden, die bewiesen, dass es sich um eine Pfarrkirche gehandelt hatte. Nachdem die Grabungen Anfang der 1980er Jahre abgeschlossen waren, war dieser Bereich eine Zeit lang abgesenkt. Mehrere Vitrinen gaben Einblick in die Funde (Skelette, Mauerreste etc.) in diesem Bereich der Innenstadt. Noch heute ist der Umriss der Kirche aus dem 10. Jahrhundert auf dem Marktplatz besonders gekennzeichnet.[3]
„Haus zum Stern“
An der Ecke zur Schuhstraße befand sich ein sehr großes Fachwerkhaus, das bereits 1356 als „to dem guldenen Sterne“ – „zu dem goldenen Stern“ – bezeichnet wurde, da es an der Westfassade einen großen, goldenen Stern aufwies. Schon Gotthold Ephraim Lessing ist dort bei seinen Besuchen in Braunschweig abgestiegen. Seiner Braut Eva König schrieb er: „Aber in der Rose [= „Haus zur Rose“, s. u.] müssen Sie nicht logieren, sondern gleich daneben im ‚Stern’. Da ist jetzt mein Absteigequartier und Zimmer und alles ist besser …“[4]. Trotz erheblicher Proteste der Bevölkerung, wurde es 1894 abgerissen und durch ein modernes Steingebäude ersetzt, das, nach Beseitigung von Bombenschäden des Zweiten Weltkriegs, auch heute noch dort steht.
„Haus zur Rose“
Ebenfalls an der Ecke Schuhstraße befindet sich neben dem „Haus zum Stern“ das „Haus zur Rose“. Ein erster Bau stand hier bereits 1268, er wurde 1309 erweitert. Die heute sichtbare Front stammt aus dem Jahre 1590 ist mit einer großen goldenen Rose geschmückt und weist Ähnlichkeiten mit der Ostfassade des nur wenige Meter entfernten Gewandhauses auf. Die Fensterrahmen des „Hauses zur Rose“ zeigen noch den Stil der Spätgotik, wohingegen Erdgeschosswölbungen wahrscheinlich auf Restaurierungsarbeiten des Jahres 1865 zurückgehen. Viele Jahrzehnte hindurch befand sich im Erdgeschoss das „Café Central“.
„Haus zur Sonne“
Das „Haus zur Sonne“ befindet sich wie die beiden anderen an der Ecke zur Schuhstraße, aber diesen gegenüber. Seine Fassade ist mit einer goldenen Sonne geschmückt. An Stelle des bereits im Mittelalter bezeugten Baus, errichtete Christian Gottlob Langwagen 1792/93 einen steinernen Neubau, der wiederum 1885 von Constantin Uhde im Stil der Deutschen Renaissance verändert wurde.
Synagoge
Von 1779 bis 1875 befand sich auf der Westseite des Platzes in einem Hintergebäude (Kohlmarkt 290) die Synagoge der jüdischen Gemeinde. Ab 1875 nutzte diese dann die von C. Uhde erbaute „Neue Synagoge“ in der Alten Knochenhauerstraße.
„Haus Leuenturm“
Bis 1639 stand am Übergang vom Kohlmarkt in die Straße Hutfiltern der „Leuenturm“ („Leu“ = „Löwe“). Gelegentlich wurde er auch nach der nahen Kirche als „Ulrichsturm“ bezeichnet. Auf der Fassade eines Hauses, das sich heute wahrscheinlich am Standort des Turmes befindet, ist ein Turm mit einem (Braunschweiger) Löwen abgebildet.
Weitere Gebäude
Ebenfalls am oder auf dem Marktplatz stand die Waage der Altstadt (erbaut 1354) und Ecke Schützenstraße befand sich die Münzschmiede.
Der Kohlmarktbrunnen
Ein erster Markt- bzw. Trinkwasser-Brunnen ist bereits für 1391 belegt, er versorgte die Bewohner im Bereich des Marktplatzes bis 1865 mit Wasser. Der Brunnen wurde „Joghetbronnen“ oder auch „Ulrichsbrunnen“ genannt. 1869 wurde nach einem Entwurf des Frankfurter Architekten Oskar Sommer der Brunnen errichtet, der noch heute dort zu sehen ist.
In den letzten Jahrzehnten seit Kriegsende wurde der Kohlmarkt vielfach umgestaltet. Durch die Ansiedelung von Cafés und Restaurants mit Außenflächen wurde der Marktplatz in jüngster Zeit wieder belebt und bietet wieder Platz für vielfältige Veranstaltungen. Durch Lichtinstallationen werden diese abends ins rechte Licht gesetzt.
Literatur
- Elmar Arnhold Braunschweiger Plätze in Geschichte und Gegenwart. Häuser, Köln 2021, ISBN 978-3-9823115-0-0.
- Reinhard Dorn: Mittelalterliche Kirchen in Braunschweig. Verlag CW Niemeyer, Hameln 1978, ISBN 3-87585-043-2.
- Jürgen Hodemacher: Braunschweigs Straßen – ihre Namen und ihre Geschichten, Band 1: Innenstadt, Cremlingen 1995, ISBN 3-927060-11-9.
- Günter Jahn: Altstadtmarkt. In: Luitgard Camerer, Manfred Garzmann, Wolf-Dieter Schuegraf (Hrsg.): Braunschweiger Stadtlexikon. Joh. Heinr. Meyer Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-926701-14-5, S. 14 f.
- Wolfgang Kimpflinger: Baudenkmale in Niedersachsen. Band 1.1.: Stadt Braunschweig. Teil 1. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland.) Hameln 1993, ISBN 3-87585-252-4.
- Stadt Braunschweig, Bauverwaltung (Hrsg.): Untersuchung zur Baugeschichte des Kohlmarktes. (= Stadtgestaltung in Braunschweig.) Braunschweig 1980, OCLC 256207412.
Einzelnachweise
- Jürgen Hodemacher: Braunschweigs Straßen – ihre Namen und ihre Geschichten, Band 1: Innenstadt, Cremlingen 1995, S. 188
- Reinhard Dorn: Mittelalterliche Kirchen in Braunschweig. Hameln, 1978, S. 253
- Wolfgang Kimpflinger: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Niedersachsen, Band 1.1.: Stadt Braunschweig, Teil 1, S. 94
- Karlwalther Rohmann: Braunschweig – so wie es war, 2. Auflage, Düsseldorf 1977, S. 15