Klosterhof (Heilbronn)
Der Klosterhof ist ein Geschäftshaus in Heilbronn im Stil der Postmoderne, mit 5.000 m² Grundfläche und 11.000 m² Verkaufsfläche. Es befindet sich auf einem Carrée, das vom Kiliansplatz, der oberen Kaiserstraße, der Klostergasse und der Klarastraße eingegrenzt wird. Es wurde 2009 für die ITG Düsseldorf nach Entwürfen von Mattes Sekiguchi, Franz-Josef Mattes und Stefan Takanori Sekiguchi aus Heilbronn erbaut.[1] Der Klosterhof wurde Gegenstand eingehender Beschreibung in Heilbronn: Neue Architektur in Stadt und Landkreis.
Vorgängerbauten
Klarakloster und Klostergasse
Zu dem überbauten Gebiet gehört auch die ehemalige Klostergasse, die zum Heilbronner Klarakloster führte. Das Haus der Stadtgeschichte hat zu den Bewohnern der Klostergasse 29 (Sektkellerei „Zeller & Rauch“), 31, 32 (Knabenschule und Familie Orth), 34, 35 (Drautz und Georg Klett), 37, 39, 40 und 44 veröffentlicht.[2]
Besonders bekannt war das Gebäude Klostergasse 4 (1433), das einst dem Reformator Lachmann gehörte.[3] Bei den Bauarbeiten für die neue Kilianspassage wurde der alte Keller unter Nr. 4 wieder freigelegt.[3] In dem Haus wurde ein Christuskopf gefunden, der möglicherweise während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges als Spolie für das Haus verwendet worden ist.[4][5][6][7] 1526 gehörte das Haus dem Reformator Johannes Lachmann; über zwei Fenstern im Hof befand sich die Inschrift „Anno domini 1526 sub Johanne Lachmanno“.[8]
1795 wurde das Haus von Georg Andreas Cluß, Sohn der Unternehmerfamilie Cluss erworben, der Architekt Adolf Cluss wurde in dem Cluss’schen Haus geboren.[9][10]
Seit 1870 gehörte das Haus dem Weinhändler Johann Ehrmann aus Bretten.[3]
1965 veräußerte Robert Friedrich Ehrmann das Grundstück Kilianstraße 7 für den Neubau der Kilianspassage. Das Gebäude wurde 1966 für die Kilianspassage abgebrochen. Bei den Abbrucharbeiten im Jahre 1966 ging auch der steinerne Kopf verloren, der zum ehemaligen Ehrmannschen Haus Ecke Kilianstraße/Klostergasse gehörte.[11] 1971 ging das Unternehmen in Konkurs.[12]
Kilianspassage (1971–2009)
1971 wurde nach Entwürfen des Architekten Kurt Marohn die neue Kilianspassage im Stil des béton brut (wörtlich „roher Beton“, französischer Ausdruck für Sichtbeton) erbaut. Laut der Beschreibung von Werner Föll entsprach der Betonbau einer „großstädtischen Bauweise“ und setzte „neue Akzente“ in der Stadtarchitektur. Der Gemeinderat hatte zuvor durch entsprechende Veränderungen bei den Bebauungsplänen die Voraussetzungen zur „großstädtischen Bauweise“ geschaffen.[13]
Dort war auch das „Musikhaus Sproesser“ beheimatet, das antiquarische Noten, klassische Musikinstrumente und Saiten verkaufte.[14] Gründer des Musikhauses als Zentrum der klassischen Musik für Musiklehrer und ihre Schüler im Unterland waren im Jahre 1946 Axel Sproesser Senior – Spezialist für Akkordeon-, Flöten-, Saxofon- und Klarinettenreparaturen im Unterland –, dessen Ehefrau Martha und Cousine Johanna Lude. Zuvor hatte sich das Musikhaus Axel Sproesser an der Allee 16 eingemietet, bevor man 1970 den Laden in der Kilianspassage kaufte.[15]
Architektur und Rezeption des Klosterhofs
Die Fassade des Klosterhofs wurde mit verschieden starken Platten aus Sandstein verblendet, womit auf den Materialstil der Reformarchitektur hingewiesen wird.
Markus Löffelhardt bemerkt, dass der historische Kontext des Carrées den Klosterhof-Neubau wesentlich beeinflusst habe – so sei der Neubau „vom Gedanken an Gründerzeitbauten“ inspiriert und sei „unter Würdigung des historischen Kontexts [als] eine zeitgemäße und eigenständige Neuinterpretation des Typus Stadthaus“ entstanden.[16]
„Geleitet vom Gedanken an Gründerzeithäuser und als angemessene Antwort auf das Gegenüber der historischen Kirche wurde der für Heilbronn ehemals typische, jedoch in Vergessenheit geratene Sandstein gewählt. Verschiedene Plattenstärken geben der Fassade über eine rhythmisierte Ordnung Lebendigkeit - ein ornamentales Gestaltungsprinzip, das sich mit variierenden Themen über den Gebäudekomplex legt. Das Material in seiner differenzierten Ausformung vermittelt Wertigkeit, die Architektur schafft unter Würdigung des historischen Kontexts eine zeitgemäßige und eigenständige Neuinterpretation des Typus Stadthaus.[16]“
Einzelnachweise
- Franziska Feinäugle: Klosterhof: Das neue Herz der Stadt. In: Heilbronner Stimme. 1. Februar 2012 (online [abgerufen am 5. Mai 2012]).
- Medienpräsentation: Hausgeschichten aus der Klostergasse (Auswahl) auf stadtgeschichte-heilbronn.de
- Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn mit Böckingen, Neckargartach, Sontheim. Die alte Stadt in Wort und Bild. 3. Auflage. Konrad, Weißenhorn 1966 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn, 14), [Nr. 16 Klostergasse mit Blick auf Kilianskirche, um 1934].
- Suelmertor, Stadtarchiv Heilbronn.
- Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn – Geschichte und Leben einer Stadt. 2. Auflage. Anton H. Konrad Verlag, Weißenhorn 1973, S. 102, Nr. 289 [Christuskopf, 1505].
- Peter Wanner: Hans Seyfer, Johann Lachmann und Adolf Cluss: Das Steinkreuz vor dem Sülmertor und der Christuskopf aus der Klostergasse. (Memento vom 10. Dezember 2014 im Internet Archive) (PDF; 608 kB) In: Christhard Schrenk, Peter Wanner (Hrsg.): Heilbronnica. 2. Beiträge zur Stadtgeschichte. Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 2003. ISBN 978-3-928990-85-1. S. 163–176.
- Das (Doppel-)Haus Nr. 39 (Klostergasse 4); 1935 auf stadtgeschichte-heilbronn.de
- Moriz von Rauch: Johann Lachmann, der Reformator Heilbronns. Weinsberg 1991 (Nachdruck von 1923), S. 51, Anm. 12.
- Das Cluss’sche Haus in der Klostergasse
- nach Stadtarchiv Heilbronn, Zeitgeschichtliche Sammlung Signatur A034-2886, Eintrag zu Alte Nr. 39 (Neue Nr. 4) in der Datenbank HEUSS
- klostergasse ehrmann (Memento vom 12. April 2013 im Webarchiv archive.today) auf stimme.de
- nach Stadtarchiv Heilbronn, Zeitgeschichtliche Sammlung Signatur ZS-2231, Eintrag Klostergasse 4 – J. Ehrmann Weingroßhandlung GmbH in der Datenbank HEUSS
- Werner Föll: Chronik der Stadt Heilbronn. Band X: 1970–1974. Heilbronn 1999, [Einleitung ab XXXI].
- Signatur ZS-3579 auf heuss.stadtarchiv-heilbronn.de
- Uwe Grosser: Es war einmal ein Klassikparadies. Das Musikhaus Sproesser schließt und beginnt heute mit dem Ausverkauf. In: Heilbronner Stimme. 1. Februar 2012 (online [abgerufen am 5. Mai 2012]).
- Markus Löffelhardt (Autor), Dirk Vogel (Vorwort): Heilbronn: Neue Architektur in Stadt und Landkreis. Nr. 12, S. 28.