Klimaklassifikation
Eine Klimaklassifikation ist die Gliederung der Erde in Teilbereiche (Klimaregionen oder -gebiete) mit vergleichbaren Klimaten (Klimaptypen) mit der Zielsetzung: „So wenige wie möglich, aber so viele wie nötig“.
Eine erste Einteilung orientiert sich häufig am geozonalen Modell der (thermischen) Klimazonen, die anschließend anhand der großklimatischen Systeme (Genetische Klassifikation) oder konkreter Klimaprofile lokaler Stationen (Effektive Klassifikation) weiter untergliedert werden. Werden beide Methoden kombiniert, handelt es sich um eine (Integrative Klassifikation).
Definition
„Klimaklassifikationen geben das vielschichtige Ineinander der Klimaelemente und Klimafaktoren sowie deren Wirkungen auf die Erdoberfläche in Klimatypen wieder, die ihrerseits als Klimagürtel, Klimazonen, Klimagebiete usw. ihren kartographischen Niederschlag finden.“
Klimaklassifikationen dienen der Einteilung der Erde nach meteorologischen und klimatologischen Gesichtspunkten auf regionaler Maßstabsebene. Vergleicht man die klimatischen Bedingungen verschiedener Gebiete der Erde und fasst die Daten zu ähnlichen Kombinationen zusammen, spricht man von einem Klimatyp.
Klassifikationen nach räumlichen Kriterien
- Der gröbste Ansatz der Klassifikation ist die Untergliederung der Erde in (solare oder thermische) Klimagürtel respektive Klimazonen, die sich aus den unterschiedlichen Strahlungs- oder Wärmebilanzen je nach geographischer Breite ergeben. Sie umspannen die gesamte Erde gürtelförmig (zonal), vom Äquator – wo die Sonneneinstrahlung in der Summe am stärksten und die Jahresdurchschnittstemperatur am höchsten ist – (Tropenklimate) über die Subtropen und Mittelbreiten hin zu den Polen (Polarklimate) – wo der niedrige mittlere Sonnenstand zu den geringsten Strahlungssummen und Mitteltemperaturen führt.
- Eine weitere Klassifikationsmethode ist die Modellierung nach der Oberflächengestalt der Erde (der Landmassen und Meeresregionen), die dann charakteristische Beeinflussungsgebiete ergibt. Dazu gehören allgemeine Klimaprofile wie Meeresklima oder kontinentales Klima. Durch die global herrschenden Passatwinde bis zu den Wendekreisen, die Westwinddrift der mittleren Breiten und die immerwährenden Polarwirbel sind Klimagebiete der Tropen jeweils von Osten, außertropisch vorwiegend von Westen beeinflusst.
- Die dritte Klassifikationsart ist nach der Geomorphologie – etwa Gebirgsklimate – oder nach ökologischen Aspekten – etwa Wüstenklima.
Zu allen drei Methodologien gibt es verschiedene Ansätze der Typologisierung, und daraus resultierend auch verschiedene Abgrenzungen verwandter Typen zwischen den einzelnen Systemen.
Aus diesen drei Klassifikationsmethoden lassen sich dann auch einzelne Gebiete für sich charakterisieren (spezielle Klimatypologie, etwa Alpenklima oder Mittelmeerklima). Das beruht meist auf Überlagerung diverser Klimaklassifikationstypen (Mittelmeerklima des Mittelmeerraumes: Subtropisches marines Klima, sommertrocken und winterfeucht, unter Einfluss des Atlantischen Klimas Europas, des eurasischen Kontintalklimas und des Wüstenklimas Nordafrikas, durch die Wetterscheiden der Gebirge Europas, Vorderasiens und Afrikas beckenförmig isoliert).
Klassifikationen nach Ursache oder Wirkung
Genetische Klassifikation
Werden regionale Klimatypen aus globalen Klimafaktoren abgeleitet, handelt es sich um eine genetische Klimaklassifikation. Somit steht die Entstehung (Genese) des Klimas im Mittelpunkt und die einzelnen Klimaregionen werden qualitativ aus der Lage im irdischen Klimasystem abgeleitet.
Diese Modelle werden verwendet, um das Klima für Orte zu bestimmen, für die keine oder nur unzureichende Messdaten vorliegen.[1]
Räume gleicher Klimate werden also zum Beispiel nach der Kontinentalität bzw. Maritimität eines Teilraumes bestimmt. Zentrale Grundlagen der genetischen Klimaklassifikationen ist die Energiebilanz der Erde, basierend auf der Bilanz aus ein- und ausgestrahlter Energie, und die darauf beruhende allgemeine Zirkulation der Atmosphäre.
Eine frühe genetische Klimaklassifikation legte Hermann Flohn vor, auf die auch die heute gebräuchlichste Variante von Ernst Neef aufbaut.
Effektive Klassifikation
Eine effektive Klimaklassifikation ist die Gliederung der Erde in Klimaregionen mit vergleichbaren Klimaten, indem lokal ermittelte Klimaelemente und maßgeblich vom Klima beeinflusste Eigenschaften (z. B. Vegetation, Bodenbeschaffenheit, Wasserhaushalt) verwendet werden. Somit stehen die Wirkungen (Effekte) des Klimas im Mittelpunkt und die einzelnen Klimaregionen werden quantitativ über ähnliche Muster benachbarter Stationen abgeleitet.[2]
Aus den örtlichen Klimaprofilen – dargestellt in einem Klimadiagramm – und den weiteren Eigenschaften wird demnach ein charakteristisches Merkmalsprofil erarbeitet. Dann werden ähnliche Profile – etwa im Abgleich mit gleichartigen Pflanzenformationen – zu größeren Räumen aggregiert, die innerhalb von bestimmten Grenz- und Richtwerten der gleichen Klimaparameter (und damit ungefähr das gleiche Klima) aufweisen. Die kleinsträumlichen Unterschiede müssen hierbei den großen Regelhaftigkeiten der Klimate weichen.
Der Abgleich mit weiteren Landschaftsmerkmalen rückt die effektiven Klimaklassifikationen in die Nähe der verschiedenen geozonalen Modelle der Landschaftszonen – insbesondere der Vegetationszonen – mit denen sie eine weitgehende Parallelität aufweisen.[3][4]
Die bekanntesten sind die Gliederungen von Köppen, von Geiger weitergeführt, und die Gemeinschaftsarbeit von Troll und Paffen.
Um die Klimatypen genauer abgrenzen zu können, ist neben dem Thermoisoplethendiagramm nach Troll auch das System der Klimadiagramme nach Walter und Lieth zu nennen, die übersichtlich bestimmten Klimata und lokalen Variationen zugeordnet werden können. In der Phänologie werden Eckdaten wie der Frühlingseinzug zoniert.
Integrative Klassifikation
Integrative Klimaklassifikationen nutzen sowohl Ansätze der genetischen als auch der effektiven Klassifikation und stellen die modernste Methodik dar.
Das bekannteste Beispiel ist die ökophysiologische Klimaklassifikation von Wilhelm Lauer, Daud Rafiqpoor und Peter Frankenberg. Die grundlegende Zonierung in diesem Modell ist genetisch und beruht in erster Linie auf dem tatsächlichen Strahlungshaushalt je nach Breitengrad, während etwa Troll und Paffen die Klimazonen aus der Vegetation abgeleitet und anschließend passende Klimaparameter zur Abgrenzung gesucht haben. Da jedoch für jede Zone unterschiedliche Parameter gelten, ist ihr Modell an dieser Stelle nicht widerspruchsfrei. Die Abgrenzung der regionalen Klimatypen bezieht auch nach der ökophysiologischen Methode wiederum maßgeblich die effektive Vegetation mit ein.
Literatur
- Albrecht Penk: Versuch einer Klimaklassifikation auf physio-geographischer Grundlage. 1910.
- Hermann Flohn: Zur Frage der Einteilung der Klimazonen, in Erdkunde, Band 11, Heft 3, Dümmler, Bonn 1957, S. 161–175.
- Peter Hupfer: Das Klimasystem der Erde. 1991, ISBN 3-05-500712-3.
- W. Lauer: Klimatologie. 1995, ISBN 3-14-160284-0.
- W. Lauer, P. Frankenberg: Klimaklassifikation der Erde. In: Geographische Rundschau. 40, 1988, Westermann Verlag, Braunschweig.
- A. Siegmund, P. Frankenberg: Die Klimatypen der Erde – ein didaktisch begründeter Klassifikationsversuch. In: Geographische Rundschau. 51. Jg., H. 9, 1999, S. 494–499.
- W. Lauer, D. Rafiqpoor, P. Frankenberg: Die Klimate der Erde. Eine Klassifikation auf ökophysiologischer Grundlage der realen Vegetation. In Erdkunde, Band 50, Heft 4, Boss, Kleve 1996, S. 275–300 u. Beilagen.
Weblinks
- Klimaklassifikationen, Department für Geographie der Universität München
- Matthias Forkel: Infoblatt Klimaklassifikationen auf TERRA-Online, 2012. (klett.de)
- http://www.ph-karlsruhe.de/wp/siegmund/Klimaklass/index_Klima.htm (Memento vom 2. Juli 2007 im Internet Archive), Klimagliederung nach Siegmund / Frankenberg, Universität Karlsruhe
- A. Siegmund: Klimagliederung im Baukastensystem. In: Zeitschrift 360°. Heft "Klimawandel" 2 / 2008, S. 8–11. (online auf diercke.de)
- Webgeo - Onlinekurs, Uni Freiburg Webgeo - Onlinekurs, Uni Freiburg
- Klimatypen bei Google Bücher
Einzelnachweise
- dwd.de: „Klimaklassifikation - genetische“, Eintrag im Wetter- und Klimalexikon des deutschen Wetterdienstes, abgerufen am 7. Januar 2022.
- dwd.de: „Klimaklassifikation - effektive“, Eintrag im Wetter- und Klimalexikon des deutschen Wetterdienstes, abgerufen am 7. Januar 2022.
- Richard Pott: Allgemeine Geobotanik. Springer, Berlin/ Heidelberg 2005, ISBN 3-540-23058-0.
- Dieter Heinrich, Manfred Hergt: dtv-Atlas zur Ökologie. (= dtv. 3228). 3. Auflage. Dt. Taschenbuch-Verlag, München 1994, ISBN 3-423-03228-6.