Klara Neuburger
Klara Neuburger (* 11. Mai 1882 in Stuttgart; † 8. Januar 1945 in Paterson (New Jersey))[1][2] war eine deutsche Malerin jüdischer Familienherkunft.[3]
Leben und Werk
Klara Neuburger wurde 1882 in der damaligen Stuttgarter Gartenstraße 15 (heute Fritz-Elsas-Straße) als fünftes Kind von Martin Neuburger, Fabrikant, (Bad Buchau 1840-1914 Stuttgart) und seiner Ehefrau Luise (Stuttgart 1853-1944 New York) geboren. Nach zwei Jahren zog die Familie in die Jägerstraße 37 um. Hier wohnte Klara Neuburger bis 1940, als sie gezwungen wurde, in ein sog. "Judenhaus" im Oberen Hoppenlauweg umzuziehen.[9]
Klara Neuburger studierte von 1905 - 1913 bei Adolf Hölzel und Gustav Igler an der Kunstakademie Stuttgart Malerei. Sie nahm an bedeutenden Ausstellungen moderner Kunst wie der Stuttgarter Sezession und der Juryfreien Stuttgarter Künstlervereinigung teil. Ab 1933 wurde sie aus rassischen Gründen von solchen frei zugänglichen Ausstellungen ausgeschlossen und konnte nur noch auf vier geschlossenen jüdischen Ausstellungen künstlerisch präsent sein.[3]
Laut Rainer Vogt (Der lange Weg, Stuttgarter Nachrichten vom 20. März 2015) konnte Klara Neuburger, ähnlich wie Dina Cymbalist und Elli Heimann, Deutschland im letzten Moment in Richtung Vereinigte Staaten verlassen.[4] Laut der Genealogiedatenbank des Jüdischen Museums Hohenems konnte Klara Neuburger am 2. September 1941 aus Deutschland nach New York emigrieren und somit der NS-Verfolgung entkommen. Klara Neuburger erhielt ebenso wie ihre 88-jährige Mutter Luise Neuburger im Mai 1941 in Stuttgart noch ein USA-Visum. Nach zwei unerwartet notwendigen Umbuchungen der Reederei konnten die beiden Frauen endlich Mitte August aus Deutschland ausreisen. Ihr Flüchtlingsschiff „Mouzinho“ legte am 20. August in Lissabon ab und erreichte New York am 2. September 1941.[6]
Das Landeskundeportal LEO-BW[5] wie auch Hans Dieter Mück in seiner referierten Veröffentlichung zur Stuttgarter Sezession von 1987 gehen dagegen davon aus, dass Klara Neuburger 1941 in das in Polen liegende Ghetto Izbica deportiert und 1942 dort ermordet wurde.
Seit 1991 erinnern auf Initiative des Bezirksbeirats in Stuttgart-Riedenberg vier Straßennamen an vom NS-Staat verfolgte Malerinnen und Maler: Wilhelm Geyer, Käthe Loewenthal, Fred Uhlman und Klara Neuburger[7]. Für das Erläuterungsschild zur Klara-Neuburger-Straße (s. Foto) legte der beschließende Verwaltungsausschuss des Stuttgarter Gemeinderats die damals von Kunsthistorikern wie Hans Dieter Mück, Günther Wirth, Eugen Keuerleber u.a. vertretenen Informationen zu Grunde: Geburtsjahr 1888, Todesjahr 1942, was bedeutete, dass Klara Neuburger ein „Opfer des Naziregimes“ geworden war, also wie Käthe Loewenthal nach der Deportation am 26. April 1942 vom Stuttgarter Nordbahnhof aus ins Durchgangslager Izbica im Holocaust umgekommen sei. Diese Angaben wurden erstmals 1999 von der Stuttgarter Kunsthistorikerin Edith Neumann in ihrer Dissertation bezweifelt und durch die zutreffenden Daten ersetzt: 1882-1945, Flucht in die USA 1941.
Im Zusammenhang des Festjahres 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland veranstalteten die Evang. Kirchengemeinde Stgt-Riedenberg in Kooperation mit dem Geschwister-Scholl-Gymnasium Stgt-Sillenbuch im Herbst 2021 ein Erinnerungsprojekt. Dabei konnten die oben berichteten Widersprüchlichkeiten zu Klara Neuburgers Schicksal endgültig geklärt werden: Es gab in Stuttgart in den 1930er Jahren zwei Personen mit dem Namen Klara Neuburger.[8] [9] Die Historikerin Maria Zelzer nennt in ihrem Standardwerk „Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden“ (1964) beide. Von Klara Neuburger, geb. 1888 und Holocaust-Opfer 1942, wusste sie, dass diese eine geborene Henle war. Von der Malerin Klara Neuburger kannte Zelzer aus der „Gemeinde-Zeitung für die israelit. Gemeinden Württembergs“(GZ)[10] nur deren Ausstellungsbeteiligungen bei der „Stuttgarter jüdischen Kunstgemeinschaft“, aber keine Lebensdaten. Also auch nicht, dass sie ledig geblieben und dem Holocaust entkommen war. Für Zelzer gab es noch keinen Zugang zu den Akten im Staatsarchiv Ludwigsburg, so wie für den heutigen Forscher.
In der Gedenkstätte „Zeichen der Erinnerung“ am Nordbahnhof Stuttgart wird seit 2006 zu Recht an die andere Klara Neuburger als nach Izbica deportiertes Opfer erinnert. In Riedenberg musste nach 2021 die Klara-Neuburger-Straße nicht umbenannt werden, sondern nur das Erläuterungsschild von 1991 ausgetauscht werden (s. Foto). Die Malerin ist nun mit ihren in den Stuttgarter Passakten im Staatsarchiv Ludwigsburg[11 ] entdeckten Fotos auch von Angesicht bekannt.
Ausstellungsteilnahmen (Auszug)
- 1909, 1910, 1912: Württembergischer Malerinnenverein in Stuttgart.
- 1923, 1924, 1926, 1927, 1947 (posthum): Stuttgarter Sezession.
- 1920, 1920, 1927: Ausstellungen des Frauenkunstverbandes in Stuttgart.
- 1931, 1932: Juryfreie Künstlervereinigung Stuttgart.
- 1934, 1935, 1937, 1938: Stuttgarter jüdische Kunstgemeinschaft in den Räumen der „Stuttgart-Loge Bnej Brith“, Gartenstr. 30 (heute Fritz-Elsas-Str.).
Werke (vorläufige Auswahl)
In öffentlichem Besitz sind folgende Bilder von Klara Neuburger:
Kunstmuseum Stuttgart
· Dame im Park, Aquarell / Papier, 1923, signiert mit der Widmung u.r. für Adolf Hölzel zu dessen 70.Geburtstag "z.13.5.1923", Kunstmuseum Stuttgart (früher: Galerie der Stadt Stuttgart)
Städtische Galerie Böblingen
· Schloss Seefeld am Ammersee, Öl, um 1920, signiert, Städtische Galerie Böblingen.
In privatem Besitz waren / sind folgende Bilder von Klara Neuburger bekannt:
· Früchte-Stilleben, Öl, o.J. [12]
Literatur
- Klara Neuburger. In: Hans-Dieter Mück: Stuttgarter Sezession – Ausstellungen 1923–1932, 1947. Unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Lothar Späth. Hrsg.: Städtische Galerie Böblingen, Galerie Schlichtenmaier Grafenau. Bde. 1 u. 2. Grafik Druck GmbH Stuttgart, Stuttgart 1987, ISBN 3-89298-009-8, S. Bd.1: S. 25–30, 157; Bd.2: S. 239.
- Klara Neuburger. In: Maria Zelzer, Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden, Ein Gedenkbuch, hrsg. von der Stadt Stuttgart, Klett-Verlag, Stuttgart 1964, S. 350, 489, 522, 576.
- Staatliche Archivverwaltung Baden-Württemberg, Archivdirektion Stuttgart (Hg.): Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Baden-Württemberg 1933-1945. Ein Gedenkbuch, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1969, S. 256.
- Klara Neuburger. In: Galerie der Stadt Stuttgart, Eugen Keuerleber (Hg.): Adolf Hölzel von seinen Schülern: eine Gratulationsmappe 1923. Ausstellungskatalog „Raum 1“: 7. Okt. bis 26. Nov.1978, S. 36, S. 59.
- Klara Neuburger. In: Günther Wirth: Verbotene Kunst 1933-1945: verfolgte Künstler im deutschen Südwesten, Hatje-Verlag, Stuttgart 1987, S. 123-125, 319.
- Klara Neuburger. In: Edith Neumann: Künstlerinnen in Württemberg: zur Geschichte des Württembergischen Malerinnen-Vereins und des Bundes Bildender Künstlerinnen Württembergs, Klett-Cotta-Verlag, Stgt 1999 (Veröffentlichungen d. Archivs d. Stadt Stgt: Bd.81), Bd.1: S. 121, 137, 144f., 170, 172, 312; Bd.2: S. 114, 176, 265, 372.
- Zeichen der Erinnerung e.V., Roland Ostertag (Hg.): Zeichen der Erinnerung, Gedenkstätte im Stuttgarter Nordbahnhof für die aus Stuttgart, Württemberg und Hohenzollern deportierten Menschen jüdischen Glaubens. Hintergrund – Werdegang – Realisierung, Karl Krämer- Verlag, Stuttgart 2. überarb. Aufl. 2006, S. 87 (Namenliste: Klara Neuburger).
- Klara Neuburger. In: Städtische Galerie Böblingen, Corinna Steimel (Hg.): Die Klasse der Damen – Künstlerinnen erobern sich die Moderne. Katalog zur Ausstellung 8. März bis 5. Juli 2015, 2. überarb., erw. u. akt. Auflage 2020, S. 32, 36f., 97, 120, 155.
Einzelnachweise
- Klara Neuburger. In: Hohenems Genealogie (Genealogiedatenbank des Jüdischen Museums Hohenems). Jüdisches Museum Hohenems, abgerufen am 19. Dezember 2020.
- Hans-Dieter Mück gibt mit der Landesbibliographie Baden-Württemberg und der GND abweichend als Geburtsdatum den 2. Oktober 1888 an.
- Abschnitt nach: Hans-Dieter Mück: Klara Neuburger. In: Stuttgarter Sezession.
- Rainer Vogt: Der lange Weg. 20. März 2015, archiviert vom Original am 19. Dezember 2020; abgerufen am 19. Dezember 2020.
- Neuburger, Klara. In: Portal LeoBW. Landesarchiv Baden-Württemberg, abgerufen am 19. Dezember 2020.