Kinder- und Jugendparlament
Ein Kinder- und Jugendparlament, -(stadt)rat oder -forum stellt eine konkrete Umsetzung von Jugendpartizipation dar.
In Jugendparlamenten nehmen Vertreter Interessen für Kinder und Jugendliche gegenüber den jeweiligen Gemeinden wahr. Dabei werden Fragen zur Schulhofgestaltung, zu Radwegen oder Freizeitanlagen ebenso behandelt wie auch Probleme des Umweltschutzes. Mögliche Lösungsvorschläge werden in Form von Anträgen den Politikern vorgelegt. Es ist auch möglich, dass das Jugendparlament einen eigenen Etat zur Verfügung hat, über den es frei verfügen kann.
Dagegen ist ein Kinder- und Jugendforum eine niedrigschwellige partizipatorische Form eines Jugendparlamentes. Hierbei kann jeder Jugendliche sich in Projektgruppen beziehungsweise Arbeitsgruppen engagieren und selbst solche gründen.
Staaten
Deutschland
In den 1960er Jahren entstanden in vielen deutschen Städten Jugendparlamente, um Jugendliche in der Nachkriegszeit an die Demokratie heranzuführen und zugleich die aufkommende Jugendprotestbewegung zu kanalisieren. Zusammensetzung, Befugnisse und Tagungsweise dieser Parlamente unterschieden sich. Als besonders wegweisend gilt das Wolfsburger Jugendparlament, das 1962 unter anderem von Walter E. Lellek ins Leben gerufen wurde.[1]
Jugendräte oder Ähnliches sind seit den 1980er-Jahren in Deutschland und anderen europäischen Ländern verstärkt gefördert worden. Als geläufige Form der Jugendpartizipation haben sie sich aber noch nicht durchgesetzt.
Beispielsweise treffen sich seit 2004 die Jugendgremien aus Nordrhein-Westfalen in Herne. Im sogenannten „Workshop unter Palmen“ (WuP) 2006 wurden die fünf Sprecher des Kinder- und Jugendrates NRW gewählt. Diese leiteten die erste Sitzung im Januar 2007 im Familienministerium. Minister Armin Laschet eröffnete die rund dreistündige Sitzung, an der viele Jugendgremien mit je zwei Vertretern (ein Stimmberechtigter und ein Vertreter) teilnahmen.
2003 wurde in Berlin das Kinder- und Jugendparlament Charlottenburg-Wilmersdorf gegründet. Zwei Jahre später folgte das Kinder- und Jugendparlament Tempelhof-Schöneberg. Die Unabhängigkeit von Erwachsenen sowie die Arbeitsweise variiert stark.
In Bayern wurde bereits mehrfach versucht, einen überregionalen Dachverband zu finden. Hauptinitiatoren waren das Jugendparlament Pfaffenhofen sowie der Jugendrat Dachau. Seit März 2012 besteht der "Verband bayerischer Jugendbeteiligungsplattformen", nachdem eine erneute Initiative aus Pfaffenhofen, einen solchen Verband zu gründen, erfolgreich durchgeführt wurde.[2]
Das Goethe-Institut hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern internationale Jugendparlamente organisiert, so in den Jahren 2007/2008 ein deutsch-russisches Jugendparlament[3] und 2010 das Jugendparlament Lateinamerika – Europa – Afrika: ein verbindender Dialog[4].
2019 wurde in Nordrhein-Westfalen die Initiative Jugendparlament e.V. mit dem Ziel gegründet, deutschlandweit an Standorten ohne Jugendparlament, auf die Gründung eines solchen hinzuwirken.[5]
Schweiz
In der Schweiz entstehen Kinder- und Jugendräte mit Unterstützung der Kinder- und Jugendarbeit. Die Aufgabe liegt in der Kompetenz der einzelnen Gemeinde und kann nicht vom Kanton vorgegeben werden. Deshalb entstehen unterschiedliche Formen und Gefässe. Der Dachverband Schweizer Jugendparlamente unterstützt die einzelnen Mitglieder auf freiwilliger Basis.
Auf nationaler Ebene existiert in der Schweiz die Eidgenössische Jugendsession. Sie ist ein jährlich stattfindender Anlass, bei welchem 200 Jugendliche im Bundeshaus politische Forderungen erarbeiten und diese dem Präsidenten oder der Präsidentin des Nationalrates übergeben. Die Forderungen werden den Parlamentskommissionen in der Form von Petitionen weitergeleitet. Die Eidgenössische Jugendsession wird von der Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände organisiert.
Liechtenstein
In Liechtenstein besteht die Jugendbeteiligung Liechtenstein (JUBEL) als Partizipationsmodell für junge Leute im Pflichtschulalter.[6] Um die Lücke zwischen dem Austritt aus der Pflichtschule und dem offiziellen Wahlalter zu schließen, wurde von Jugendlichen ein Jugendrat Liechtenstein gegründet.[7][8]
Weblinks
Einzelnachweise
- Alexander Buerstedde: Aufbruch aus der Retorte? Der bundesrepublikanische Jugendparlamentarismus der langen 1960er Jahre zwischen Reform und Revolte. Wallstein, Göttingen 2019, ISBN 978-3-8353-3567-7.
- Pfaffenhofener zum Vorsitzenden der bayerischen Jugendparlamente gewählt Onlineartikel im Donaukurier vom 19. März 2012; abgerufen: 31. Oktober 2012
- Deutsch-russisches Jugendparlament in Wiesbaden und St. Petersburg 2007/2008.
- Jugendparlament Lateinamerika – Europa – Afrika. vom 5. bis lernen die Jugendlichen an zwei Tagen verschiedenes zum Thema Jugendpolitik. 2005 ist der erste überregionale Jugendrat entstanden. zum 11. Juli 2010
- Startseite | Jugendparlament | Hamm. Abgerufen am 18. August 2020 (englisch).
- Über JUBEL (Memento des Originals vom 30. September 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. abgerufen am 8. August 2013
- Geschichte - Jugendrat Liechtenstein abgerufen am 14. Januar 2015
- Weitere Jugendparlamente - dsj.ch (Memento des Originals vom 15. Juni 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. abgerufen am 13. Januar 2015