Keratoconjunctivitis epidemica
Die Keratoconjunctivitis epidemica (medizinischer Kurzjargon: Epidemica oder KCE) ist eine Viruserkrankung der Binde- und Hornhaut des Auges. Aufgrund der starken Kontagiosität (Übertragbarkeit) und der geringen Therapiemöglichkeiten wird die Erkrankung volkstümlich auch oft Augengrippe genannt.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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B30.0+ | Keratokonjunktivitis durch Adenoviren |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Erreger
Erreger sind in der Regel humanpathogene Adenoviren, und zwar von der Spezies Humanes Mastadenovirus D die Serotypen 8, 19 (nur der Subtyp 19a, 19p verursacht hämorrhagische Cystitis) und 37. Diese zeichnen sich durch besondere Widerstandsfähigkeit und langanhaltende Infektiosität außerhalb des Wirtskörpers aus.
Infektionsweg
Es handelt sich um eine hochinfektiöse Schmierinfektion, die über Handtücher, Türgriffe (vor allem in Schwimmbädern) usw. übertragen werden kann. Daher stehen Maßnahmen zur Prävention oder Verhinderung der Infektionsausbreitung im Vordergrund. Hygienemaßnahmen (etwa Händedesinfektion) sind wichtig. Da bis zum 14. Tag nach Krankheitsbeginn am zweiten Auge Infektiosität besteht, ist eine Isolierung Betroffener durch zusätzliche Krankschreibung für etwa 14 Tage sinnvoll.
Krankheitsverlauf
Die Inkubationszeit der Erkrankung beträgt acht bis neun Tage. Typisch ist ein plötzlicher einseitiger Krankheitsbeginn mit massivem Tränenlaufen, Rötung der Bindehaut, Brennen, Fremdkörpergefühl, Schwellung des Oberlides und der Nickhaut (Plica semilunaris) sowie teilweise schmerzhafter Schwellung eines Lymphknotens (Lymphadenopathie) direkt vor dem Ohr oder am Unterkiefer. In der Regel kommt es nach wenigen Tagen zu einer (milderen) Beteiligung des zweiten Auges.
Als Spätfolgen entstehen bei 25 % der Erkrankten Nummuli, charakteristische Hornhauttrübungen, die das Sehen langfristig beeinträchtigen können. Auch ein Versagen der Hornhaut-Epithel-bildenden Stammzellen des Limbus und das Auftreten eines Keratokonus wird mit einer durchgemachten Keratoconjunctivitis epidemica korreliert.[1]
Ursächlich beteiligt an der Bildung dieser Trübungen ist ein vom Immunsystem vermittelter Prozess, in dem sog. CD4 T-Helferzellen und die Aktivierung von Immunoglobulin E eine Rolle spielen. Dies scheint auch die Wirksamkeit von Cyclosporin A Augentropfen zu erklären, die in jüngster Zeit zum Einsatz kommen, nachdem ihre Wirkung in einer großen multizentrischen Studie nachgewiesen wurde.
Diagnose
Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel durch den Augenarzt aufgrund des klinischen Krankheitsbildes. Der Nachweis erfolgt bei epidemischen Ausbrüchen durch Amplifikation und Sequenzierung der Proben. Es werden vor allem die Hexon- und die Fiber-Komponente sequenziert. In manchen Fällen ist es sinnvoll, das ganze Genom zu sequenzieren.
Therapie
Der natürliche Verlauf der Erkrankung ist selbstbegrenzend. Es gibt keine ursächliche Therapie. Antivirale Medikamente zeigen wenig Erfolg, symptomatisch können Tränenersatzmittel als Augentropfen in der Akutphase der Erkrankung sinnvoll sein. Im Juli 2017 hat das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) die Zulassung von Ciclosporin für die Behandlung der Keratoconjunctivitis empfohlen.[2]
Eine mögliche Behandlungsmethode ist die lokale Applikation von Povidon-Iod in Tropfen- oder Gelform. In einer kleinen klinischen Studie[3] zeigte sich eine geringe Reduktion der Krankheitsdauer sowie eine etwas reduzierte Nummulihäufigkeit. Auch eine operative Abtragung der Trübungen durch einen Excimerlaser (phototherapeutische Keratektomie, PTK) kann helfen.
Meldepflicht
Die Keratoconjunctivitis epidemica gehört zu den in Deutschland meldepflichtigen Krankheiten. Meldepflicht besteht nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes allerdings nur beim direkten Nachweis des Erregers Adenoviren im Augenabstrich für Labore usw. oder bei gehäuftem Auftreten.
Literatur
- Birthe Meyer-Rüsenberg et al.: Keratokonjunktivitis epidemica. Infektionslage und aktuelle Hinweise zu Prophylaxe und Therapie. In: Deutsches Ärzteblatt. 108, Nr. 27, 2011, S. 475–480. (online; PDF; 426 kB)
Weblinks
- Keratoconjunctivitis epidemica und andere Konjunktivitiden durch Adenoviren (PDF; 54 kB) – RKI.de (HTML-Version (Memento vom 3. März 2013 im Internet Archive))
- Hochansteckende Virusinfektion Was ist Augengrippe?, auf: n-tv vom 8. Februar 2020
- Bilder in Atlas of Ophthalmology
Einzelnachweise
- Singhal D et al: Vernal konjunktivitis. Hrsg.: Surv Ophthalmol. Elsevir, New York 2018.
- Meeting highlights from the Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) 17-20 July 2017, PM der EMA vom 21. Juli 2017, abgerufen am 28. Juli 2017
- H. Hutter: Keratokonjunktivitis epidemica: Therapieergebnisse während einer Epidemie (pdf, 95 kB); Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde Nr. 197 (1990)