Karl Türk (Politiker)
Karl Türk (geboren 1840 in Jägerndorf, Österreichisch-Schlesien, Kaisertum Österreich; gestorben 30. April 1908 in Hillersdorf, Österreich-Ungarn) war ein österreichischer Arzt und Politiker.
Leben
Karl Türk stammte aus einfachen Verhältnissen und wurde an der Medizinisch-chirurgischen Akademie in Olmütz zum Wund- und Geburtsarzt ausgebildet.[1] Er arbeitete als Arzt und bewirtschaftete ein durch Heirat erworbenes landwirtschaftliches Gut. Ein Sohn war der Hämatologe Wilhelm Türk. Ab 1891 war er Gemeindearzt in Hillersdorf. Er saß von 1885 bis 1890 und 1897 bis 1901 als Abgeordneter im Schlesischen Landtag und im Abgeordnetenhaus des Österreichischen Reichsrats. Er war Mitglied im Deutschen Schulverein und Vorsitzender des Deutschen Volksvereins, einer von Max Liebermann von Sonnenberg und Bernhard Förster gegründeten Antisemitenorganisation.
Im Reichsrat trat Türk als deutsch-nationaler Antisemit und Gefolgsmann Georg von Schönerers auf und war nach Schönerers Mandatsentzug der Kristallisationspunkt der deutsch-nationalen Abgeordneten. In der Reichsratsberatung über die Gesetzesvorlage zu den „Rechtsverhältnissen der israelitischen Religionsgesellschaften“ im Februar 1890[2] brachte er die acht Jahre zurückliegende Affäre von Tiszaeszlár zur Sprache, um die Blutbeschuldigung gegen die Juden in den Raum zu stellen, und es gelang ihm, die Debatte in diese Richtung abzulenken.[3]
In den Reichsratssitzungen zwischen dem 8. und 16. November 1899 über die Unruhen in Mähren wurde auch der aktuelle Fall Hilsner thematisiert, und Türk gelang es mit seinem ersten Debattenbeitrag am 9. November erneut, die Blutbeschuldigung zum parlamentarischen Thema zu machen.[3]
Schriften
- Böhmen, Mähren und Schlesien. Mit einer Sprachenkarte. J. F. Lehmann, München 1898, OCLC 22466348 (= Der Kampf um das Deutschtum, Heft 6); als Faksimilie: Wolfgang Witiko Marko (Hrsg.): im Verlag Böhmische Dörfer, Trier 2004, ISBN 3-937369-40-6.
- Die Ritter vom Gelde. Roman, 1891; siehe Matthew Lange: Die Ritter vom Gelde (Roman von Karl Türk, 1891). In: Handbuch des Antisemitismus, Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Band 7. Literatur, Film, Theater und Kunst, 2014, S. 405–407, ISBN 978-3-11-025873-8.
- Die Verjudung Oesterreichs eine Warnung für das deutsche Reich. Rede gehalten zu Berlin im „Großen Kaisersaal von Buggenhagen“ [Moritzplatz] am 18. Juni 1889, G. Hoeppner, Berlin 1889, OCLC 39462819.
Literatur
- Hans Henning Hahn (Hrsg.): Hundert Jahre sudetendeutsche Geschichte: eine völkische Bewegung in drei Staaten. (teilweise deutsch und teilweise englisch). Lang, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-631-55372-5 (= Die Deutschen und das östliche Europa, Band 1).
- Michael Wladika: Hitlers Vätergeneration: die Ursprünge des Nationalsozialismus in der k.u.k. Monarchie. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 2005, ISBN 978-3-205-77337-5.
- Abg. Türk, Nachruf, in: Bohemia, 30. April 1908
- Oskar Hein: Auch ein Abgeordneter: Porträt eines „Unverfälschten Deutschen“. Selbstverlag, Teschen 1888, OCLC 778831908.
- Rainer Erb (Hrsg.): Die Legende vom Ritualmord: zur Geschichte der Blutbeschuldigung gegen Juden, Metropol, Berlin 1993, ISBN 3-926893-15-X (= Technische Universität Berlin. Zentrum für Antisemitismusforschung: Reihe Dokumente, Texte, Materialien, Band 6).
Einzelnachweise
- D. Angetter; H. Bergmann: Türk Wilhelm. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 14, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2015, ISBN 978-3-7001-7794-4, S. 503 f. (Direktlinks auf S. 503, S. 504). , dort biografische Daten zum Vater Karl Türk
- Israelitische Religionsgesellschaft in Österreich (anerkannt seit 1890), Gesetz vom 21. März 1890, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft. StF: RGBl. Nr. 57/1890; novelliert April 2012 (i.d.g.F. online, ris.bka).
- Albert Lichtblau: Die Debatten über die Ritualmordbeschuldigungen im österreichischen Abgeordnetenhaus am Ende des 19. Jahrhunderts, in: Rainer Erb (Hrsg.): Die Legende vom Ritualmord. Zur Geschichte der Blutbeschuldigung gegen Juden, Berlin 1993, S. 267–292, hier S. 271–275