Karōshi
Als Karōshi (jap. 過労死, Tod durch Überarbeiten) bezeichnet man in Japan einen plötzlichen berufsbezogenen Tod. Todesursache ist meist ein durch Stress ausgelöster Herzinfarkt oder Schlaganfall. Umstritten ist, ob Suizide, die auf arbeitsbedingte psychische Erkrankungen zurückzuführen sind (過労自殺 Karōjisatsu), unter die Definition fallen.[1] Etwa 40 japanische Kliniken haben sich auf Karōshi-gefährdete Fälle spezialisiert. Das Phänomen ist auch in Südkorea verbreitet und wird dort kwarosa (과로사, 過勞死) genannt.[2] In China wird der durch Überarbeitung herbeigeführte Tod als guòláosǐ (过劳死) bezeichnet.[3]
Geschichte
Der erste Fall von Karōshi wurde 1969 gemeldet, als ein 29-jähriger verheirateter Arbeiter in der Versandabteilung der größten japanischen Zeitung an einem Schlaganfall starb. Die Medien wurden jedoch erst Ende 1980 auf dieses Phänomen aufmerksam, nachdem mehrere geschäftsführende Manager im mittleren Alter ohne vorherige Anzeichen einer Erkrankung plötzlich gestorben waren. Dieses Phänomen wurde kurz darauf als Karōshi bezeichnet, und als 1987 die öffentliche Sorge darüber zunahm, begann das japanische Arbeitsministerium mit der Veröffentlichung von Karōshi-Statistiken.
Ursache und Folgen
Als Ursache für die Karōshi-Fälle gilt der rasante wirtschaftliche Aufstieg Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Mittlerweile ist anerkannt, dass Erwerbstätige nicht über Jahre hinweg sechs bis sieben Tage pro Woche mehr als zwölf Stunden täglich arbeiten können, ohne körperlich und geistig darunter zu leiden.
Aufgrund der mittlerweile erfolgten juristischen Anerkennung als haftungspflichtige Todesart verklagen immer mehr Angehörige von Karōshi-Opfern die jeweiligen Arbeitgeber auf Entschädigungszahlungen. Bevor jedoch eine Entschädigung zuerkannt werden kann, muss die Arbeitsüberwachungsbehörde den Fall als berufsbedingten Tod anerkennen.
Literatur
- Oliver Tieste: Karôshi, ein japanisches Phänomen? Ursachen und rechtliche Hintergründe betreffend den Tod am Arbeitsplatz. Eine rechtsvergleichende Studie. Lang, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-631-36608-6.
- Oliver Tieste: Der Tod durch Überarbeitung. Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Hintergründe, materiellrechtliche, epidemiologische und betriebliche Rahmenbedingungen des Karoshi-Phänomens in Japan und Deutschland. Lang, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-50869-7.
- Oliver Tieste: Haftungsfall Stresserkrankung. Grenzen und Umfang der Haftung des Arbeitgebers für stressinduzierte Erkrankungen von Beschäftigten. Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaften 2005, ISBN 3-86509-245-4.
Weblinks
- Christoph Neidhart: Überarbeitung in Japan - Schuften bis zum Tod. In: Süddeutsche Zeitung. Süddeutscher Verlag, 17. Mai 2010, abgerufen am 12. Februar 2019.
- Japan working itself to an early grave. Statistiken für 2006
- Bericht über Karoshi (1997) (Memento vom 24. November 2015 im Webarchiv archive.today)
Einzelnachweise
- 第2章 産業精神保健の動向. 厚生労働省, abgerufen am 15. März 2017 (japanisch).
- Ko Dong-hwan: Koreans being overworked to death in 'kwarosa'. In: The Korea Times. 27. Februar 2017, abgerufen am 27. Februar 2017 (englisch).
- Shai Oster: Is Work Killing You? In China, Workers Die at Their Desks. In: Bloomberg. 30. Juni 2014, abgerufen am 27. Februar 2017 (englisch).