Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie
Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie ist ein 1942 veröffentlichtes Werk von Joseph Schumpeter. Es gehört zu den Klassikern der politischen Ökonomie und wurde in 20 Sprachen übersetzt. Sein Kern ist die Analyse des Kapitalismus, seiner Errungenschaften und Zukunftsaussichten. Schumpeter zieht hierzu historische, sozialpsychologische und politische Aspekte heran. Besonders bekannt geworden ist der Begriff der schöpferischen Zerstörung, der im siebten Kapitel des Werkes als Kernelement der kapitalistischen Wirtschaft entwickelt wird.
Schumpeter würdigt geradezu enthusiastisch die historischen Erfolge des Kapitalismus. Dennoch werde der Kapitalismus eines Tages zu Grunde gehen, und zwar nicht auf Grund wirtschaftlicher Fehlschläge und auch nicht infolge einer gewaltsamen Revolution, wie Karl Marx es angenommen hat, sondern paradoxerweise auf Grund seiner Erfolge, die Bedingungen schaffen, unter denen das System nicht überleben kann, und die zwangsläufig einen Übergang zum Sozialismus zur Folge haben werden. Schumpeter beginnt sein Werk mit einer Analyse der marxistischen Wirtschaftstheorie. Man kann Schumpeter als „kritischen Bewunderer“ Karl Marx’ ansehen, der dessen Leistungen stärker würdigt, als es unter Ökonomen des 20. Jahrhunderts üblich ist, aber dessen Schwachpunkte trotzdem kritisiert. So führte er den Erfolg der Lehre Marx’ darauf zurück, dass es diesem „gelang, jene außerrationalen Sehnsüchte, die die Religion auf ihrem Rückzug wie herrenlos herumlaufende Hunde zurückgelassen hatte, mit den rationalistischen und materialistischen Strömungen der Zeit zu verknüpfen […]“.[1]
Inhalt
Marxistische Wirtschaftstheorie
Schumpeter charakterisiert die marxistische Wirtschaftstheorie mittels folgender vier Elemente:
- Theorie des Klassenkampfes
- natürliche Feindschaft zwischen Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse
- Theorie der Ausbeutung
- Der Mehrwert, d. h. die Differenz zwischen dem Wert der vom Arbeiter hergestellten Ware und dem Wert der zur Produktion eingesetzten Arbeitskraft, verbleibt allein beim Kapitalisten.
- Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate
- Ein Teil des Mehrwertes wird in Produktionsmittel investiert, sodass bei gleichbleibenden Mehrwerten die Ertragsrate des Gesamtkapitals (Profitrate) abnimmt; nur die größeren Kapitalisten können sich durch immer stärkeren Kapitaleinsatz behaupten.
- Verelendungstheorie
- Der vermehrte Einsatz von Kapital führt dazu, dass Arbeiter durch Maschinen ersetzt werden. In der Folge sinkt die Lohnsumme; d. h. dort, wo die Löhne der Arbeiter oberhalb ihres Existenzminimums liegen, kommt es zu Lohnsenkungen; dort, wo kein Spielraum für Lohnsenkungen mehr besteht, zu Arbeitslosigkeit. Im Ergebnis sinkt der Lebensstandard der Massen bis hin zu einer allgemeinen Verelendung. In der Folge erhebt sich die Arbeiterklasse und enteignet die Kapitalistenklasse im Zuge einer Weltrevolution.
Schumpeter bezweifelt insbesondere die Richtigkeit der Theorie der Ausbeutung, da Marx den Wert der Arbeitskraft unzutreffend mit dem Wert der reproduktiven Arbeit gleichsetzt, die benötigt wird, um den Arbeiter großzuziehen, zu ernähren, zu kleiden und unterzubringen. Die Höhe des Arbeitslohnes bestimme sich aber nach ganz anderen Gesichtspunkten, und es sei keinesfalls gewährleistet, dass der „Mehrwert“ allein beim Kapitalisten verbleibt. Dafür habe Marx aber bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die Tendenz zur Unternehmenskonzentration erkannt und sei einer der ersten Ökonomen gewesen, der das Phänomen der Konjunkturschwankungen analysiert hat. Von der Geschichte sei Marx insofern widerlegt worden, als die von ihm prophezeite Verelendung der Massen und die darauf folgende Weltrevolution nicht eingetreten sind. Dennoch stimmt Schumpeter Marx im Ergebnis zu, dass der Kapitalismus eines Tages von einem sozialistischen System abgelöst werden wird – aber nicht durch eine Weltrevolution, sondern auf „sanftem Wege“.
Die historischen Leistungen des Kapitalismus
Schumpeter stimmt mit den meisten Ökonomen darin überein, dass das Gewinnmotiv die Unternehmer veranlasst, sich auf das Äußerste anzustrengen, um eine optimale Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten zu minimalen Produktionskosten zu erreichen. Zu diesem Zweck führt der Unternehmenssektor ständig neue Produkte und Produktionsmethoden, neue Absatzwege usw. ein, und die Resultate bestehen jedes Mal in einer Lawine von Konsumgütern, die den Lebensstandard der Massen erhöhen, wenngleich sie zunächst Irritationen, Verluste und Arbeitslosigkeit hervorrufen können. (Schumpeter nennt als Beispiel die Erfindung der Eisenbahn, die zunächst die Betreiber von Postkutschen hart getroffen und in diesem Bereich Arbeitslosigkeit hervorgerufen hat, aber langfristig für schnellere und kostengünstigere Transporte zum Wohle der gesamten Bevölkerung gesorgt hat.) Alles in allem ist die kapitalistische Produktionsmaschine eine Maschine der Massenproduktion und damit einer Produktion für die Massen. Das Wesen des Kapitalismus besteht nicht darin, Luxusgüter für einige Privilegierte einzuführen, sondern die Massen mit Gütern zu versorgen, die einst Luxusgüter gewesen sind; denn nur durch eine Massenproduktion können die Unternehmer ihren Profit maximieren. Es ist der allgemeine Wohlstand, den der Kapitalismus geschaffen hat, der darüber hinaus die Einführung einer umfassenden Sozialgesetzgebung überhaupt erst finanzierbar gemacht hat. Nach Schumpeter ist der Kapitalismus also nicht nur in der Lage, insgesamt steigenden Wohlstand zu erzeugen, sondern auch eine gerechtere Verteilung des allgemeinen Wohlstandes zu ermöglichen.
Auch die etwa Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende Vorherrschaft der großen Konzerne hat der wirtschaftlichen Entwicklung keinesfalls geschadet. Die Großunternehmung hat sich gegenüber den vielen kleinen Industriebetrieben durchgesetzt, weil sie überlegen war. Nur die Großindustrie kann die Innovationen finanzieren, welche den technischen Fortschritt und die langfristige Ausdehnung der kostengünstigen Massenproduktion ermöglichen, die den allgemeinen Wohlstand im Laufe der Jahrzehnte so eindrucksvoll haben ansteigen lassen. Die dem Kapitalismus innewohnende Tendenz zur Unternehmenskonzentration ist damit wesentlich für seinen historischen Erfolg verantwortlich.
Laut Schumpeter ist es der kapitalistische Prozess, der über viele Jahrzehnte den Lebensstandard der Massen gehoben und zusätzlich auch noch die Mittel für soziale Gesetzgebung und moderne soziale Einrichtungen geschaffen hat. Somit sind nicht nur Autos, Flugzeuge und Fernsehapparate Produkte der kapitalistischen Profitwirtschaft, sondern z. B. auch modern ausgestattete und leistungsfähige Krankenhäuser für alle Schichten der Bevölkerung. Dennoch geht Schumpeter davon aus, dass der Kapitalismus trotz seiner großen Erfolge, die in einem sozialistischen System in diesem Ausmaß nie möglich gewesen wären, eines Tages vom Sozialismus abgelöst wird – zu einem Zeitpunkt, wo der Sozialismus auf Grund veränderter Bedingungen, die der Kapitalismus selbst geschaffen hat, überlegen sein wird.
Der Niedergang des Kapitalismus
Die Produktion neuartiger Waren, die Anwendung neuer Produktionsmethoden, die Erschließung neuer Beschaffungsmärkte oder Absatzgebiete, die Neuorganisation einer bestehenden Unternehmung, all das ist nach Schumpeters Theorie verantwortlich für die oben beschriebenen Erfolge des Kapitalismus. Als Unternehmer solche Dinge zu betreiben, verlangt besondere Fähigkeiten, die nur ein kleiner Teil der Bevölkerung besitzt, weil die Anforderungen weit über alle Routineaufgaben hinausgehen und weil derartige Neuerungen stets nur gegen innerbetrieblichen und gesellschaftlichen Widerstand durchzusetzen sind. Die Rolle des kapitalistischen Unternehmers ist vergleichbar mit der Rolle eines antiken Feldherrn, eine Form individueller Führerschaft, die auf Grund persönlicher Kraft und persönlicher Verantwortlichkeit nach Erfolg strebte. Im modernen Großunternehmen ist der technische Fortschritt aber zunehmend keine Angelegenheit eines genialen Führers mehr, sondern wird mehr und mehr zu einer Sache geschulter Spezialistengruppen. An die Stelle des Eigentümers (= Unternehmers) mit seinem spezifischen Eigentumsinteresse sind bezahlte Manager getreten, deren Interesse vorrangig in der Maximierung ihres eigenen Nutzens[2] besteht und nicht zwangsläufig des Nutzens des Betriebes, der sie gerade beschäftigt. Durch die personelle Trennung der Führung des Unternehmens vom Eigentum am Unternehmen und die fortschreitende, arbeitsbezogene Entfremdung des Eigentümers verschwindet die moralische Treuepflicht, die den früheren Unternehmer ausmachte, der sich mit „seinem Unternehmen“ vollständig identifizierte, während Aktionäre jederzeit ihre Aktien verkaufen und angestellte Manager jederzeit ihren Arbeitgeber wechseln können.
Eine weitere Ursache für den prognostizierten Niedergang des Kapitalismus sieht Schumpeter im Aufkommen der Klasse der „Intellektuellen“. Als Intellektuelle werden Menschen höherer Bildung bezeichnet, welche sich schriftlich oder mündlich zu gesellschaftlichen Angelegenheiten zu äußern pflegen, für die sie nicht direkt verantwortlich sind; sie setzen sich für die Interessen gesellschaftlicher Klassen ein, denen sie nicht angehören. Es gehört zu den großen Errungenschaften des Kapitalismus, immer mehr Menschen eine höhere Bildung ermöglicht zu haben, während zu vorkapitalistischen Zeiten (im Zeitalter des Feudalismus) das Gut „höhere Bildung“ nur einigen wenigen Menschen vorbehalten war. Da die Zahl der Arbeitsplätze für Führungskräfte aber nicht automatisch dadurch wächst, dass mehr Menschen eine höhere Bildung genießen, werden viele Gebildete unbefriedigend beschäftigt oder bleiben arbeitslos – die Zahl der Intellektuellen steigt an. Ihre Unzufriedenheit versuchen die Intellektuellen auf ihre Mitmenschen zu übertragen, sie organisieren Protest gegen die bestehenden Zustände, sie fassen sozialkritisches Denken in Worte und liefern der Arbeiterbewegung Theorien und Schlagworte (wie das vom Klassenkampf). Sie schüren Unmut über das wirtschaftliche und politische System, versprechen der Arbeiterschaft bessere Zustände, wenn sie ihnen folgt, und schaffen so eine dem Kapitalismus gegenüber feindselig eingestellte Atmosphäre.
Wenn die einst gewaltigen durchschnittlichen Steigerungsraten der kapitalistischen Produktion eines Tages Geschichte geworden sind, wenn sich also die Wirtschaft einem stationären Zustand, das heißt einem Zustand mit nur noch geringem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum nähert, dann ist nach Schumpeter der Zeitpunkt gekommen, wo ein Übergang von der kapitalistischen zu einer sozialistischen Wirtschaftsordnung erfolgen soll und wird. Dieser Übergang ist unproblematisch, weil die ehemalige Konkurrenz vieler kleiner Unternehmen den Großbetrieben gewichen und der frühere Unternehmertyp weitgehend verschwunden ist und weil der Kapitalismus seine Unterstützung in der Bevölkerung verliert.
Der Sozialismus als „natürlicher Erbe“ des Kapitalismus
Während der Kapitalismus durch das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Regelung des Produktionsprozesses durch private Leitung gekennzeichnet ist, definiert Schumpeter den Sozialismus als ein System, in dem die Kontrolle über die Produktionsmittel und über die Produktion selbst einer zentralen Behörde unterliegt. Da in einem sozialistischen System alle Betriebe dem Staat gehören, ist ein Wettbewerb zwischen vielen Kleinbetrieben im Sozialismus per se nicht möglich. Die dem kapitalistischen Prozess innewohnende Tendenz zum Großbetrieb und das Ende des früheren kapitalistischen Unternehmers kommen dem Übergang zum Sozialismus entgegen, da auch für den Sozialismus Großbetriebe und bezahlte Betriebsleiter kennzeichnend sind.
Der Übergang stellt folglich keinen fundamentalen Umbruch mehr dar, sondern im Grunde nur einen Wandel, der sich ohne Revolution und Gewalt – also durch Wahlen demokratisch legitimiert – zu einem demokratischen Sozialismus vollziehen kann. Wenn die Bevölkerungsmehrheit dem Kapitalismus ihre Gefolgschaft versagt, werden die Aktionäre einer Enteignung gegen eine angemessene Entschädigung keinen großen Widerstand entgegensetzen. Während das kapitalistische System in Zeiten dynamischer Wirtschaftsentwicklung überlegen war, kann nun, wo die gesamte Wirtschaft zunehmend statisch wird, der Sozialismus seine Vorteile ausspielen, die laut Schumpeter im Fehlen störender Konjunkturzyklen, größerer Planungssicherheit der Betriebe und geringerer Arbeitslosigkeit bestehen sollen.
Die maximale Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse soll im Sozialismus durch folgende Regel gewährleistet werden: Die Produktionsbetriebe bestellen die benötigten Produktionsgüter bei der Zentralbehörde und erhalten sie in der gewünschten Menge unter folgenden Bedingungen:
- Die Betriebe müssen so wirtschaftlich wie möglich produzieren.
- Die Betriebe zahlen der Zentralbehörde für die Produktionsgüter einen von der Behörde festgesetzten Preis, den sie so festlegt, dass er gerade „markträumend“ ist, das heißt, dass die Nachfrage dem Angebot entspricht.
- Die Betriebe müssen solche Mengen anfordern (und nicht weniger!), wie sie bei wirtschaftlicher Produktionsweise verwenden können, ohne einen Teil ihrer Produkte unterhalb der Beschaffungskosten verkaufen zu müssen.
Wenn hiernach verfahren wird, ist laut Schumpeter eine effiziente, an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtete Produktion sichergestellt – ohne die dem Kapitalismus innewohnenden Tendenzen zu Konjunkturschwankungen, Arbeitslosigkeit und schwindender Akzeptanz des Systems.
Rezeption
Das Buch wurde in 20 Sprachen übersetzt und hat als akademischer Bestseller weltweite Aufmerksamkeit erfahren.[3] Das Spätwerk wird von Volker Kunz als bekanntestes Werk Schumpeters bezeichnet, dessen Überlegungen zur Kapitalismus- und Demokratietheorie für die Politikwissenschaft von großer Bedeutung seien.[4] Karl Schiller zählt es zu den großen Werken der Ökonomie und der Sozialwissenschaften.[5]
Die von Edgar Salin besorgte deutschsprachige Ausgabe ist sowohl in der erster Auflage (1945) wie in zweiter Auflage (1949) unvollständig. Schumpeter hat das anscheinend erst später erfahren. Schumpeters Witwe, Elisabeth Boody untersagte schließlich Salin, diesen Torso des Schumpeterschen Werkes weiter zu verbreiten. Gleichwohl erschien es so in insgesamt neun Auflagen. Erst nach 76 Jahren liegt mit der 10. Auflage dieses Werk vollständig auch in deutscher Sprache vor, herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Heinz D. Kurz.
Edgar Salin bezeichnete Schumpeter im Vorwort als Sozialisten, mehr noch: Er sei ein „überzeugte[r] Sozialist“.[6] Freunde und Schüler wiesen die Umdeutung Schumpeters zu einem Sozialisten zurück, so Wolfgang F. Stolper[7] und der Schumpeter-Biograph Richard Swedberg nannte ihn einen „eingefleischten Feind des Sozialismus“ (Personally an inveterate foe of socialism)[8]. Gleichwohl ist der Unsinn vom „Sozialisten Schumpeter“ immer wieder gelegentlich zu lesen.[9] Schumpeter selbst war dazu öffentlich zurückhaltend, sah sich aber veranlasst, in einem Vortrag am 30. Dezember 1949 klarzustellen: „Wir können deshalb den Marsch in den Sozialismus als gleichbedeutend mit der Eroberung der Privatwirtschaft durch den Staat ansehen. […] Ich rede dem Sozialismus nicht das Wort. Ebenso habe ich nicht die Absicht, seine Wünschbarkeit oder Nichtwünschbarkeit, was man auch immer darunter verstehen mag, zu untersuchen. Noch wichtiger ist es jedoch, keinen Zweifel darüber zu lassen, dass ich ihn weder «prophezeie» noch voraussage.“[10]
Wieso Salin dieses Buch in deutscher Sprache herausgab, ist unklar. Salin behauptete zwar, Schumpeter habe ihm „die Gestaltung der deutschen Ausgabe völlig […] überlassen“[11], aber soweit aus dem Edgar-Salin-Nachlaß der Universitätsbibliothek Basel zu schließen ist, unterrichtete der Schumpeter von der deutschen Ausgabe erst nach deren Erscheinen. Am 20. März 1947 schrieb Schumpeter an Salin (Salins Briefe sind nicht erhalten): „Ich habe bislang kein Exemplar der deutschen Übersetzung von Kapitalismus etc. erhalten oder zu Gesicht bekommen.“ Er habe bislang „überhaupt nichts von der ganzen Angelegenheit gehört“, meinte dann aber, „dass die Übersetzung bei Ihnen in den bestmöglichen Händen war, stand ja a priori fest.“[12] Erst am 19. April 1947 bedankte Schumpeter sich für die ihm zugegangenen Exemplare und für die Übersetzung des Buches, das bereits 1945 erschienen war (Das Impressum weist dagegen das Erscheinungsjahr 1946 aus.). Dass die Übersetzung bei Salin nicht in den bestmöglichen Händen war, konnte Schumpeter nicht wissen: 1944 hatte Salin eine negative Besprechung von Schumpeters Buch veröffentlicht[13] und es ist unklar, ob die dem überhaupt je zur Kenntnis gelangte. Salin ließ den fünften Teil A Historical Sketch of Socialist Parties[14] weg, in dem sich Schumpeter mit den gängigen Sozialismen auseinandersetzte. Der fehlt auch in der zweiten von Salin besorgten Auflage (1949), darüber hinaus fehlte Schumpeters klare Distanzierung vom Sowjetregime und das für die zweite englische Ausgabe von 1946 verfasste Schlusskapitel The Consequences of the Second World War[15] Salin behauptete in seinem Vorbericht zur zweiten Auflage, Schumpeter habe sich „ablehnend gegen eine Übertragung dieses Kapitels“ verhalten.[16] Tatsächlich schrieb er am 12. Dezember 1949 an Schumpeter, dieses neue Kapitel XXVIII werde er nicht in die zweite Auflage aufnehmen und Schumpeters Vorwort zur zweiten englischen Auflage „kupieren“.
Ausgaben
- Joseph A. Schumpeter: Capitalism, socialism and democracy. Harper, New York/London 1942; 3. Auflage ebd. 1950
- deutsch
- Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Übersetzt von Susanne Preiswerk. Einleitung von Edgar Salin. Francke, Bern 1946; 2. erweiterte Auflage ebd. 1950; 3. Aufl. 1972, ISBN 3-7720-0917-4
- Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Einführung von Eberhard K. Seifert. 7. erweiterte Auflage. UTB, Stuttgart 1993, ISBN 3-8252-0172-4
- Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. 10., vervollständigte Auflage. Mit einer Einführung von Heinz D. Kurz; übersetzt von Susanne Preiswerk (Teil I-IV) und Theresa Hager, Philipp Kohlgruber und Patrick Mellacher (Teil V) Narr Francke Attempto, Tübingen 2020, ISBN 978-3-8252-5317-2 (Print), ISBN 978-3-8385-5317-7 (ePDF)
- Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Einführung von Eberhard K. Seifert. 7. erweiterte Auflage. UTB, Stuttgart 1993, ISBN 3-8252-0172-4
Literatur
- Ralf Horstmann: Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Reihe Volkswirtschaftslehre I Studienbrief 0 der Hamburger Fern-Hochschule. 2. Auflage Hamburg 2010, S. 47–50.
- Manfred Timmermann (Hrsg.): Die ökonomischen Lehren von Marx, Keynes, Schumpeter. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1987, ISBN 3-17-008440-2.
Fußnoten
- Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. 1946, S. 21.
- Siehe auch unter Entfremdung der Arbeit des angestellten Managers
- Ingo Pies: Ironie bei Schumpeter: Ein Interpretationsvorschlag zum 75. Jubiläum von Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. In: ORDO – Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Band 68, Heft 1, 2018, S. 339–362, doi:10.1515/ordo-2018-0017.
- Volker Kunz: Joseph A. Schumpeter, Capitalism, Socialism, Democracy, New York 1942. In: Steffen Kailitz (Hrsg.): Schlüsselwerke der Politikwissenschaft, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007, S. 441–446, doi:10.1007/978-3-531-90400-9_117.
- Karl Schiller: Joseph Alois Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. In: Die Zeit 25/1983.
- Hiet zitiert nach dem Wiederabdruck in der 10. deutschsprachigen Ausgabe 2020 S. 542 und 543
- Wolfgang F. Stolper: Comments to Professor Bülow's Review of Schumpeter's Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. In: Weltwirtschaftliches Archiv. Bd. 70 (1953) S. 67
- Richard Swedberg: Introduction. In J. A. Schumpeter: Capitalism, Socialism and Democracy. London, New York 1994, S. xviii.
- Karen Horn (Zum 50. Todestag von Joseph Schumpeter. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. Januar 2000) steigerte diesen Unsinn noch, indem sie ihn als einen der „Vertreter des so genannten wissenschaftlichen Sozialismus“ bezeichnete.
- Der Vortrag The March into Socialism wurde nach Stichworten vor der American Economic Association in New York gehalten, später von Schumpeter ausgearbeitet, die Schlusspassage von seiner Frau nach ihrer Erinnerung und Schumpeters Stichworten ergänzt. Hier zitiert ins Deutsche übersetzt nach der 10. Auflage von Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie S. 560.
- Zitat ebd. S. 543
- Siehe dazu Im Umfeld von Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. In: Schumpeter-Archiv
- Edgar Salin: Nochmals ein dritter Weg? In: Zeitschrift für schweizerische Statistik und Wissenschaft. 80. Jg. (1944)
- In der 10. Auflage S. 401–494.
- In der 10. Auflage S. 495–533.
- Zitier nach dem Abdruck in der 10. Auflage S. 546.