Julian Tuwim
Julian Tuwim (* 13. September 1894 in Łódź, Russisches Kaiserreich; † 27. Dezember 1953 in Zakopane) war ein polnischer Lyriker.
Leben
Tuwim wurde in einer polnisch-jüdischen Familie geboren. Sein Vater war Bankkaufmann. Tuwim studierte 1916–1918 Jura und Philosophie an der Warschauer Universität. Nach Kriegsausbruch im September 1939 flüchtete Tuwim durch Rumänien zunächst nach Frankreich, dann nach Südamerika und in die USA. Seine Mutter wurde Opfer des Holocaust.[1] Nach dem Krieg war er einer der ersten Schriftsteller, die nach Polen zurückkehrten. Er starb 1953 an einem Schlaganfall.
Werk
Seine Poesie ist gekennzeichnet durch einen feinsinnigen Humor. Er war 1919 Gründer der Poeten-Gruppe Skamander und einer der herausragenden Vertreter des literarischen Kabaretts der 1920er und 1930er Jahre. Außerdem war er Übersetzer aus dem Russischen. Er übersetzte u. a. Puschkin, Lermontow, Gogol und Pasternak ins Polnische.
Tuwims Werk ist bis heute Lektüre in den polnischen Schulen. Besonders beliebt sind seine witzigen Kindergedichte, die mittlerweile auch als Hörbücher vorliegen.
Tuwim war Meister der Lautmalerei. Ein Beispiel dazu ist sein Kindergedicht „Die Lokomotive“ (deutsch von James Krüss).[2]
Tuwim war politisch engagiert. In den ersten Jahren nach 1918 war Tuwim begeistert vom wiederauferstandenen Polen und dem Staatsoberhaupt Piłsudski[3], aber dann verschoben sich seine Anschauungen allmählich nach links, was seine Beziehungen zu den Freunden aus den Regierungskreisen keineswegs störte. Seine Dichtung „Der Opernball“ (Bal w operze)[4] – eine scharfe Kritik der damaligen Elite – wurde von der Zensur verboten. Während des Krieges schuf Tuwim im Exil sein Meisterwerk – das Epos „Polnische Blumen“ (Kwiaty polskie)[5] – das zur rücksichtslosen Abrechnung mit der polnischen Vergangenheit wurde. Nach der Rückkehr aus Amerika verband er anfangs mit dem Nachkriegspolen große Hoffnungen, aber nach den Eingriffen der staatlichen Zensur kam die Ernüchterung. In der Wirklichkeit der ersten Nachkriegsjahre schuf Tuwim wenige Werke.[6] Er widmete sich dem Sammeln literarischer Raritäten und Kuriositäten, die er in der Monatsschrift Problemy und in drei Bänden Cicer cum Caule veröffentlichte.
Literatur
- Ilja Ehrenburg: Menschen – Jahre – Leben (Memoiren), München 1962, Sonderausgabe München 1965, Band II 1923–1941, S. 31–44 (Porträt), ISBN 3-463-00512-3.
Weblinks
- Literatur von und über Julian Tuwim im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kultureller Schutzpatron des Jahres 2013
- Julian Tuwim biografie und gedichte (polnisch)
- Biografie auf Culture.pl (engl.)
Fußnoten
- Bettina Kümmerling-Meibauer: Holly-Jane Rahlens, in: Bettina Kümmerling-Meibauer (Hrsg.): Jüdische Kinderliteratur : Geschichte, Traditionen, Perspektiven. Ausstellungskatalog. Wiesbaden 2005, S. 134 f.
- Die Lokomotive YouTube-Video eines zweisprachigen Vortrags des Gedichts.
- Julian Tuwim: Józef Piłsudski. in: Julian Tuwim: Wiersze 2. Czytelnik Warszawa 1986 str. 387-388 ISBN 83-07-01018-7 ISBN 83-07-01019-5.
- Julian Tuwim: Bal w Operze in: Poezje Wybrane. Czytelnik, Warszawa 1977.
- Julian Tuwim: Kwiaty Polskie. Czytelnik 1955.
- Julian Tuwim: Do narodu radzieckiego. in: Julian Tuwim: Wiersze 2. Czytelnik, Warszawa 1986, S. 344 ISBN 83-07-01018-7 ISBN 83-07-01019-5.