Juan Moreno (Journalist)
Juan Moreno (geboren am 6. Oktober 1972 in Huércal-Overa, Provinz Almería, Spanien)[1] ist ein spanischer[2] Journalist und Schriftsteller, der in Deutschland aufgewachsen ist. Er schreibt seit 2007 für das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und deckte im Jahr 2018 die Manipulationen seines Kollegen Claas Relotius auf.
Leben
Juan Moreno ist der Sohn andalusischer Bauern, die in den 1970er-Jahren nach Deutschland auswanderten und als Gastarbeiter in einer Reifenfabrik in Hanau arbeiteten.[3] Moreno studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Konstanz, an der Universität Florenz und an der Universität zu Köln und absolvierte die Deutsche Journalistenschule.[4]
Moreno arbeitete zunächst als Redakteur für Talkshows der ARD, als Radiomoderator für den Westdeutschen Rundfunk und als Fernsehmoderator für den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Phoenix. Von 2000 bis 2007 arbeitete er für die Süddeutsche Zeitung, in deren Wochenendbeilage seine Kolumne „Von mir aus“ erschien.
Seit 2007 ist er Reporter des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Er ist dort ständiger freier Autor.[5][6] Seine Themenschwerpunkte lagen zunächst in den Ressorts Sport und Gesellschaft.[1][4]
Als Buchautor legte er unter anderem eine Auswahl seiner Kolumnen und eine Biografie des Sportfunktionärs Uli Hoeneß vor. Sein mit Jochen-Martin Gutsch verfasster Roman Cindy liebt mich nicht erschien 2005. Er wurde 2010 von Hannah Schweier, ebenfalls unter dem Titel Cindy liebt mich nicht, verfilmt und 2011 im ZDF ausgestrahlt.
Moreno schreibt beim Spiegel vor allem für das Ressort Ausland[7], von 2020 bis 2021 moderierte er für das Magazin den Auslandspodcast „Acht Milliarden“.[8] Seit 2021 ist er einer der beiden Moderatoren des täglichen Podcasts Spiegel Daily.[9]
Im Dezember 2020 wurde Moreno in das PEN-Zentrum Deutschland aufgenommen.[10]
Juan Moreno ist verheiratet und Vater von vier Töchtern.[11]
Aufdeckung von Manipulationen Claas Relotius'
Am 19. Dezember 2018 gab Der Spiegel durch seinen Chefredakteur Ullrich Fichtner bekannt, dass der mit zahlreichen Journalistenpreisen ausgezeichnete Spiegel-Journalist Claas Relotius „in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert“ habe. Die Fälschungen wurden aufgedeckt, nachdem Juan Moreno, der gemeinsam mit Relotius an der Reportage Jaegers Grenze gearbeitet hatte, im November 2018 Unstimmigkeiten im Text bemerkt, Angaben geprüft und sich mit seinem Verdacht an die Ressortleitung gewandt hatte.[12] Weil Der Spiegel seinen Vorwürfen anfangs nicht glaubte, recherchierte Moreno seinem Kollegen Relotius auf eigene Kosten in den USA hinterher. Die Redaktionsleitung ließ sich nur schwer überzeugen, hielt zunächst zum vielfachen Preisträger Relotius und die Ressortleitung sagte Moreno, dass der Fall entweder für Relotius oder für ihn selbst Konsequenzen haben werde.[13][14][12] In einem späteren Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte Moreno: „Die Geschichte von Relotius endete mit einem Schuss, den die Grenzer abfeuerten. Diesen Schluss bekam ich aber erst im zweiten Textentwurf. Wenn ich dabei bin, wie da jemand potenziell auf Mexikaner ballert, dann erwähne ich das definitiv nicht in meinem zweiten Textentwurf. Das ist wahrscheinlich eher mein Einstieg.“[15]
Ende März 2019 wurde bekannt, dass Moreno an einem Buch zum Fall Relotius arbeitete, das unter dem Titel Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus im Herbst 2019 erschien[16] und dessen Filmrechte zeitnah vergeben worden seien.[17]
Würdigungen
Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Moreno den Spiegel gerettet.[18][19] Für seine Verdienste um diese Enthüllungen wurde Moreno vom Fachmagazin Medium Magazin im Dezember 2019 mit dem Titel „Journalist des Jahres“ ausgezeichnet.[20] Im Mai 2019 wurde Moreno der Leuchtturm-Preis für 2019 zuerkannt.
Veröffentlichungen (chronologische Auswahl)
- Von mir aus. Wahre Geschichten. DVA, München 2004, ISBN 3-421-05834-2.
- dtv, München 2006, ISBN 978-3-423-20927-4. (Paperback)
- Der Hörverlag, München 2004, ISBN 3-89940-429-7. (CD, Lesung)
- mit Jochen-Martin Gutsch: Cindy liebt mich nicht. Roman, Kiepenheuer und Witsch, Köln 2005, ISBN 3-462-03485-5.
- Frühlingswindumwehte Lämmerschwänzchen und die heiligen Vorhäute Christi. Nachwort. In: Feridun Zaimoglu (Hg.): Literature to go. Edition AVL Berlin, Berlin 2008, ISBN 978-3-9809753-1-5.
- Teufelsköche. An den heißesten Herden der Welt. Piper, München 2011, ISBN 978-3-492-05468-3.
- Mein fremdes Land, Der Spiegel 2012, Nr. 31, S. 56–60.
- Uli Hoeneß. Piper, München 2014, ISBN 978-3-492-05660-1.
- mit Claas Relotius: Jaegers Grenze. Bürgerwehr gegen Flüchtlinge, Der Spiegel, 16. November 2018.
- Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus. Rowohlt Berlin, Berlin 2019, ISBN 978-3-7371-0086-1.
- Glück ist kein Ort. Geschichten von unterwegs. Rowohlt Berlin, Berlin 2021, ISBN 978-3-7371-0131-8.
Weblinks
- Literatur und Tonträger von Juan Moreno im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Juan Moreno bei perlentaucher.de
- Juan Moreno in der Internet Movie Database (englisch)
- Juan Moreno auf der Website Reporterforum
- Juan Moreno im Gespräch mit Gabi Toepsch, Interview im Rahmen der Reihe BR alpha Forum, Sendung vom 21. Februar 2012, Text als PDF, 115 kB
- Der Fall Relotius: "Es war ein Gefühl." In: Spiegel Online, 22. Dezember 2018 (mit Video).
- Der Fall Relotius. Wie das SPIEGEL-Sicherungssystem an Grenzen stieß (Zu den teilweise von Moreno aufgedeckten Manipulationen von Claas Relotius, Spiegel Online vom 19. Dezember 2018).
Einzelnachweise
- Journalist: Moreno, Juan, Website des Bayerischen Rundfunks, 13. Februar 2012, abgerufen am 20. Dezember 2018.
- Juan Moreno, DER SPIEGEL: Juan Carlos: Mein König, der peinliche Onkel - Podcast von Juan Moreno - DER SPIEGEL - Politik. Abgerufen am 31. August 2020. Zitat Juan Moreno (03:50): "Denn ich glaube, dass ich ziemlich genau erklären kann, was gerade in vielen Spaniern vorgeht. Ich bin Spanier. Ich habe keinen deutschen Pass."
- Juan Moreno: Mein fremdes Land, Der Spiegel 2012, Nr. 31, S. 56–60, abgerufen am 20. Dezember 2018.
- Juan Moreno, Impressum von Spiegel Online, abgerufen am 20. Dezember 2018.
- Ärger um den Relotius-Aufdecker. Abgerufen am 3. Juni 2021 (deutsch).
- Impressum. In: Spiegel Online. Abgerufen am 7. September 2019.
- SPIEGEL-Impressum, spiegel.de, abgerufen am 15. Juli 2020
- Hör-Tipp: „Spiegel“ startet den Auslands-Podcast „Acht Milliarden“ mit Juan Moreno., turi2.de, abgerufen am 15. Juli 2020
- Ab heute hören Sie SPIEGEL Daily, spiegel.de, abgerufen am 28. März 2021
- Neue PEN-Mitglieder: Kehlmann und Moreno (Memento des Originals vom 22. April 2021 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , deutschlandfunkkultur.de, 9. Dezember 2020, abgerufen am 10. Dezember 2020.
- 180 Juan Moreno - Puls. Warum der Spagat zwischen autoritärer und politisch korrekter Erziehung manchmal zu groß ist daily.spiegel.de, abgerufen am 20. Dezember 2018
- Betrugsfall Claas Relotius: „Spiegel“-Reporter Moreno wurde offenbar mit Rauswurf gedroht. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 25. Dezember 2018]).
- Ullrich Fichtner: Manipulation durch Reporter: SPIEGEL legt Betrugsfall im eigenen Haus offen. In: Spiegel Online. 19. Dezember 2018 (spiegel.de [abgerufen am 19. Dezember 2018]).
- Agence France-Presse: Der Spiegel says top journalist faked stories for years. In: The Guardian. 19. Dezember 2018, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 19. Dezember 2018]).
- Interview von Ralf Wiegand: Ich wusste, dass er lügt. In: sueddeutsche.de. 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 22. Dezember 2018]).
- Christian Meier: „Ich fürchte, der ‚Spiegel‘ hat seinen Wesenskern verloren“, WeltN24, 14. September 2019.
- Filmrechte laut FAZ-Bericht schon gesichert: Relotius-Affäre kommt in die Kinos, meedia.de, erschienen und abgerufen am 29. März 2019
- Michael Hanfeld: Wie ein Reporter den „Spiegel“ rettete. FAZ, 17. September 2019, Nr. 216, S. 9
- Ralf Wiegand: Schau an, ein Held. Abgerufen am 10. Dezember 2019.
- Juan Moreno ist der Journalist des Jahres 2019, mediummagazin.de, abgerufen am 18. Dezember 2019