Juan Diego
Juan Diego, Cuauhtlatoatzin, in anderen Quellen auch Cuauhtlatohuac genannt (* um 1474 in Cuauhtlithan/Cuautlitlán bei Tenochtitlán, dem heutigen Mexiko-Stadt; † 30. Mai 1548), ist ein Heiliger der römisch-katholischen Kirche. Er wurde bekannt durch seine Berichte von der Erscheinung der Jungfrau Maria in Guadalupe im Jahr 1531. Die Erscheinung spielte eine wesentliche Rolle bei der Verbreitung des Katholizismus in Lateinamerika. Er wurde 2002 als erster Ureinwohner Amerikas heiliggesprochen.
Leben
Der Legende nach hatte er am 9. Dezember 1531[1] auf dem Berg Tepeyac eine Erscheinung der Jungfrau Maria. Diese erschien ihm als indigene Frau und gab ihm in seiner Sprache den Auftrag, ihr zu Ehren eine Kapelle auf dem Berg zu errichten. Der Bischof, der Franziskanerpater Juan de Zumárraga, glaubte ihm nicht. Der Hügel, auf dem Maria dem Juan Diego erschienen ist, war in vorspanischer Zeit ein Heiligtum, in dem die Azteken Tonantzin verehrt haben, die mütterliche Göttin des Getreides.[2] Der Bischof dachte, Juan Diego beabsichtige, unter dem Mantel des Christentums die alten Kulte weiter zu pflegen und zeigte sich skeptisch.[1]
Bei einer weiteren Erscheinung an selber Stelle drei Tage später erhielt Juan Diego von Maria den Auftrag, an einer bestimmten Stelle am Berg Rosen zu pflücken und dem Bischof als Beweis zu bringen. Er fand die versprochenen, trotz des Schnees blühenden Rosen und nahm sie in seinen Mantel. Als er sie vor dem Bischof ausschüttete, zeichnete sich in seinem Mantel, dort wo er die Blumen getragen hatte, das Bild der Jungfrau Maria ab. Der Bischof erkannte darin das Bild der „Jungfrau von Guadalupe“, welches in Spanien verehrt wird. Er gab die Erlaubnis zum Bau der Kapelle und gewährte Juan Diego nahe dieser bis zu seinem Lebensende als Eremit zu wohnen. An der Stelle der Erscheinung wurde dann eine Kirche errichtet. Johannes Paul II. sprach Juan Diego auf seinen Mexiko-Reisen 1990 selig und 2002 heilig.[3]
Für die Missionierung Lateinamerikas war die Marienerscheinung „Unsere Liebe Frau von Guadalupe“ ein bedeutendes Ereignis, weil das Christentum bisher unter den Ureinwohnern als fremd empfunden wurde. Nachher wurde die Religion von den Einheimischen schneller angenommen, weil die Gottesmutter sich in ihrer Erscheinung als indigene Frau gezeigt hatte.[1]
Kritik
Gegen die Authentizität der Überlieferung wird angeführt, dass Bischof Juan de Zumárraga in seiner reichen Korrespondenz und anderen Schriften nicht auf die Erscheinung Bezug nimmt. Dasselbe gilt von dem Franziskaner Bernardino de Sahagún, in dessen reichem literarischen Werk ein Hinweis zu erwarten wäre. Namen von Indianern aus zwei christlichen Vornamen, die man mit Juan Diego vergleichen könnte, treten erst Ende des 16. Jahrhunderts auf. Der kurz vor Abschluss der Kanonisierung aufgetauchte und bisher nicht adäquat veröffentlichte Codex Escalada oder Codex 1548, der aus einem Blatt mit Zeichnungen, kurzen Texten in Náhuatl und Spanisch und der Unterschrift von Bernardino de Sahagún besteht, wird von Historikern nicht als authentisch akzeptiert, da die entsprechenden Vorlagen nachweisbar sind.[4]
Mehrere Historiker (Stafford Poole, Louise Burkhart und David Brading) haben daher in Frage gestellt, ob Juan Diego eine historische Person ist. Sie weisen auf die Tatsache hin, dass es vor der Publikation der Nican Mopohua keine schriftlichen Hinweise auf seine Person gibt. Der genannte Text erschien ein Jahrhundert nach Diegos Tod, im Jahr 1649.[5] Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe bestehend aus über 20 Forschern stellte 2002 jedoch fest, dass Diegos Person im 16. Jahrhundert historisch belegt ist.[6]
Verehrung
Die Verehrung des einfachen Indigenen, dessen Mut dazu beitrug, dass Lateinamerika katholisch wurde, war immer in die Verehrung Unserer Lieben Frau von Guadalupe eingeschlossen. Auch wegen Diegos geringer gesellschaftlicher Stellung wurde die Marienerscheinung von Guadalupe ein beliebtes mexikanisches Nationalsymbol und auch politisch belegt. Als 1810 Miguel Hidalgo zum Kampf für mexikanische Unabhängigkeit aufrief, lautete der Aufruf „Tod den Spaniern – es lebe die Jungfrau von Guadalupe!“[7]
Die Geschichte von Juan Diego wurde in dem mexikanischen Stummfilm Tepeyac (El milagro de Tepeyac) aus dem Jahr 1917 geschildert.
Literatur
- Paul Badde: Maria von Guadalupe. Wie das Erscheinen der Jungfrau Weltgeschichte schrieb. Ullstein, Berlin 2004, ISBN 3-550-07581-2.[8]
- Virgil Elizondo: Guadalupe. Mother of a New Creation. Orbis Books, Maryknoll, New York 1997.
- Jacques Lafaye: Quetzacoatl and Guadalupe. The Formation of Mexican National Consciousness, 1531–1813. University of Chicago Press, Chicago 1976 (mit einem Vorwort von Octavio Paz).
- Miguel León-Portilla, Antonio Valeriano: Tonantzin Guadalupe. Pensamiento náhuatl y mensaje cristiano en el „Nicān mopōhua“. El Colegio Nacional y Fondo de Cultura Económica, Mexiko-Stadt 2000, ISBN 968-16-6209-1.
- Xavier Noguez: Documentos guadalupanos, un estudio sobre las fuentes de información tempranas en torno a las mariofanías en el Tepeyac. El Coleguo Mexiquense, Toluca 1993, ISBN 968-16-4206-6.
- Stafford Poole: Our Lady of Guadalupe. The Origins and Sources of a Mexican National Symbol, 1531–1797. University of Arizona Press, Tucson 1995.
- Didier van Cauwelaert: Die Erscheinung. Aufbau, Berlin 2007, ISBN 978-3-7466-2330-6.
Einzelnachweise
- Kath.net: ... Nur in die Knie gehen, staunen und beten 24. November 2006
- Paul Badde: Maria von Guadalupe. Wie das Erscheinen der Jungfrau Weltgeschichte schrieb. Ullstein, Berlin 2004, ISBN 3-550-07581-2
- Der Heilige Stuhl: Apostolische Reise nach Toronto, Guatemala-Stadt und Mexiko-Stadt 30. Juli 2002
- Alberto Peralta de Legarreta: El Códice 1548, crítica de una supuesta fuente del siglo xvi. Archivlink (Memento vom 9. Februar 2007 im Internet Archive)
- Stafford Poole: Our Lady of Guadalupe. The Origins and Sources of a Mexican National Symbol, 1531-1797. University of Arizona Press, Tucson 1995; Louise Burkhart: Before Guadalupe: The Virgin Mary in Early Colonial Nahuatl Literature. IMS Monograph Series Publication No. 13. Albany, NY; Vertrieb durch University of Texas Press. ISBN 0-942041-21-6.
- L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in englischer Sprache vom 23. Januar 2002, Seite 8.
- Klaus Schreiner: Maria: Leben, Legenden, Symbole, München 2003, S. 61.
- Vgl. die Rezension von Felix Hinz
Weblinks
- Literatur über Juan Diego im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Juan Diego im Ökumenischen Heiligenlexikon
- Biographie auf der Website des Vatikans (englisch)