Josef Zauritz
Josef Zauritz (* 5. Dezember 1897 in Nitterwitz, Provinz Schlesien; † 30. Januar 1933 in Berlin) war ein deutscher Polizeibeamter. Er wurde bekannt als eines der beiden ersten Todesopfer nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933.
Werdegang in der Polizei
Zauritz nahm ab 1917 mit dem 4. Garde-Regiment zu Fuß am Ersten Weltkrieg teil, in dem er mindestens einmal verwundet wurde.[1] 1921 trat er in die preußische Schutzpolizei ein.
Im Januar 1933 war Zauritz als Oberwachtmeister dem Polizeirevier 131 im Bezirk Charlottenburg von Berlin zugeteilt. Die Vossische Zeitung vom 4. Februar 1933 berichtete anlässlich seines Todes, er sei ein „treuer Republikaner“ gewesen und habe einem „freigewerkschaftlichen Verband“ angehört. Bei den Bewohnern seines Bezirkes war Zauritz beliebt und galt als ein „Freund der Arbeiter“. Die KPD-Zeitung Welt am Abend berichtete am 6. Februar 1933 unter der Überschrift „Wallstraße ehrt Zauritz“, dass „Angehörige revolutionärer Arbeiter-Organisationen“ am 5. Februar 1933 vor dem Haus Wallstraße Nr. 24, wo Zauritz niedergeschossen worden war, zwei große Kränze niederlegt hatten. Die Kranzschleifen trugen die Aufschrift „Die revolutionären Arbeiter Charlottenburgs ihrem von der NSDAP ermordeten Freund, dem Polizeibeamten Josef Zauritz“.[2]
Ermordung
Nach dem Fackelzug durch das Regierungsviertel, mit dem die Berliner SA am Abend es 30. Januars 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler gefeiert hatte, begleitete Zauritz als aufsichtführender Polizeibeamter den Charlottenburger SA-Sturm 33 auf dem Rückmarsch zu seinem Sturmlokal in der Hebbelstraße.
Dabei zog die SA-Kolonne provokatorisch durch eine Hochburg der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) südlich der Berliner Straße. Dabei kam es gegen 22.30 Uhr in der Wallstraße zu einer Schießerei, bei der Zauritz durch einen Brustschuss und der SA-Führer Hans Maikowski durch einen Bauchschuss tödlich verletzt wurden. Beide starben kurz darauf im Krankenhaus Westend. Die beiden Männer waren damit die ersten, die nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten bei einem Zusammenstoß von Nationalsozialisten und Kommunisten ums Leben kamen. Die Umstände der Tat konnten nie endgültig geklärt werden, obwohl die ermittelnde Gestapo im Juni 1933 durch Zeugenaussagen erfahren hatte, dass ein SA-Mann geschossen hätte.
Die nationalsozialistische Propaganda schlachtete den Vorfall aus, indem sie in den Zeitungen die Version veröffentlichten, die heimwandernde SA wäre von Kommunisten aus dem Hinterhalt beschossen worden, wobei die beiden Männer tödlich verwundet worden seien. In der Folge stilisierte sie Maikowski zum Märtyrer der nationalen Erhebung und band den Vorfall in die propagandamäßige Unterstützung der anlaufenden Terrormaßnahmen gegen die KPD ein: Für die beiden Toten fand im Berliner Dom ein Trauergottesdienst statt, zu dem Adolf Hitler und Hermann Göring erschienen. Der Katholik Zauritz wurde in seiner schlesischen Heimat beigesetzt.
Im Jahr 1965 benannte eine an die Staatsanwaltschaft Berlin gerichtete anonyme Anzeige Personen aus den Reihen des Charlottenburger SA-Sturms 33 als Täter in den Mordfällen Maikowski/Zauritz sowie im Fall des Hellsehers Hanussen. Daraufhin rollte die Staatsanwaltschaft beide Fälle neu auf. Im Zuge der Ermittlungen wurden zwei ehemalige SA-Angehörige, die Zeuge der Ereignisse in der Wallstraße geworden waren, ausfindig gemacht. Beide gaben übereinstimmend an, gesehen zu haben, dass es der SA-Mann Alfred Buske (1912–1934) war, der sowohl Zauritz als auch Maikowski erschoss. Eine von der Staatsanwaltschaft im Berlin Document Center ausfindig gemachte, auf den 14. Februar 1943 datierte Geheimnotiz für den Chef der Ordnungspolizei, Kurt Daluege, bestätigte diesen Ereignishergang.[3]
Zauritzweg
Die Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg beschloss am 16. Mai 1933, den Verbindungsweg zwischen der Wallstraße und der Bismarckstraße „Zauritzweg“ zu benennen. Während die „Maikowski-Straße“ nach 1945 „Zillestraße“ hieß, behielt der Zauritzweg seinen Namen. Eine 2009 auf Veranlassung der Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg eingeleitete Überprüfung verschiedener Straßenumbenennungen aus der Zeit von 1933 bis 1945, darunter auch der Zauritzweg, durch das Bezirksamt kam im November 2010 zu dem Ergebnis:
„Die durch die Umbenennungen geehrten Personen stehen nach erfolgten Recherchen nicht im Verdacht, aktive Gegner der Demokratie und zugleich geistig-politische Wegbereiter und Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie und Gewaltherrschaft gewesen zu sein.“[4]
Literatur
- Michael Stricker: Letzter Einsatz. Im Dienst getötete Polizisten in Berlin von 1918 bis 2010, Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt 2010, ISBN 3866761414, (=Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Polizeigeschichte, Band 11), S. 110–112.
- Jay W. Baird: To Die for Germany. Heroes in the Nazi Pantheon, 1990.
- Berliner Illustrierte Nachtausgabe vom 17. Mai 1933.
- A.-K. Busch: Blutzeugen. Ein Beitrag zur Praxis politischer Konflikte in der Weimarer Republik, Nordland-Verlag, Fretterode 2008, ISBN 978-3-9812409-0-0.
Einzelnachweise
- Eintrag zu Zauritz in der Deutschen Verlustliste vom 7. Januar 1919
- Zitate bei Wolfram Pyta: Gutachten über die politische Haltung und das politische Verhalten von Wilhelm Prinz von Preußen (1882–1951), letzter Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, in den Jahren 1923 bis 1945, S. 67 ff.PDF
- Bernhard Sauer: Goebbels „Rabauken“. Zur Geschichte der SA in Berlin-Brandenburg (PDF; 1,7 MB), in: Klaus Dettmar/ Werner Breunig (Hrsg.): Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2006, Gebr. Mann, Berlin 2007, ISBN 978-3-7861-2537-2, S. 107–164. (dort auch ein Faksimile der Geheimnotiz von 1943)
- Stellungnahme des Bezirksamtes Charlottenburg vom 16. November 2010, gezeichnet vom Bezirksbürgermeister Thiemen.