Johann Christoph Röder
Johann Christoph Röder (* 29. März 1729 in Zellerfeld; † 21. Juni 1813 in Goslar) war ein deutscher Bergmeister.
Namensschreibweise
Die ursprüngliche und von ihm selbst gebrauchte Schreibweise seines Familiennamens war Röder. Während der Zeit der französischen Besatzung bzw. des Königreiches Westphalen und der damit einhergehenden französischen Verwaltung der Harzer Bergwerke benutzte er die umlautlose Schreibweise Roeder, kehrte nach Abzug der Franzosen aber wieder zu Röder zurück.[1]
Leben
Röder wurde am 29. März 1729 in der Bergstadt Zellerfeld als Sohn von Johann Rudolf Röder geboren. Zunächst war er Bergbeamter am Bergamt Zellerfeld, später war er für die Grunder Gruben zuständig. Im Jahre 1764 erhielt Röder eine Stelle als Geschworener am Bergamt Goslar, wo er Karriere machte. Bereits 1767 wurde er Obergeschworener, 1773 Vize-, 1777 Bergvogt. Vier Jahre darauf wurde Röder zum Vizebergmeister ernannt, bevor er schließlich 1797 als Oberbergmeister die höchste Stufe seiner Laufbahn erreichte.[2][1] 1771 erhielt er das Goslarer Bürgerrecht. Röder war viermal verheiratet; 10 seiner insgesamt 12 Kinder starben früh und von den überlebenden zweien starb ein Sohn 1810 im Alter von dreißig Jahren.[3] Nur seine letzte Ehefrau und die jüngste Tochter überlebten ihn.[2]
Im Jahre 1810 trat Röder in den Ruhestand; er starb 1813 in Goslar.
Leistungen
Im Jahre 1765 plante Röder eine Wasserkunst für die Grunder Bergwerke.[4] Dazu war ein übertägiges Kunstrad mit 5 Lr. Durchmesser in der Nähe der neuen Ölmühle vorgesehen, welches mit dem bereits durch die obere Mahl- und die neue Ölmühle genutzten Wasser beaufschlagt werden sollte. Vom Kunstrad führte ein insgesamt 298 Lr. langes Feldgestänge zum Kupferschacht (in der Nähe des Iberger Kaffeehauses) der spätere Grube Prinz Regent.
Die Röderschen Reformen 1797–1805
Das Hauptwerk Röders bestand in der grundlegenden Reorganisation und Modernisierung des Bergwerkes am Rammelsberg, den sogenannten „Röderschen Reformen“. Röder plante diese Arbeiten seit den 1780er Jahren, ab 1797 wurden sie umgesetzt.[1]
Ausgangssituation
Die Förderung aller Rammelsberger Bergwerke lag vor den Röderschen Reformen insgesamt bei etwa 12.000 Jahrestonnen.[5] Röder begann nach seiner Beförderung zum Oberbergmeister 1797 damit, die ehedem selbständigen Bergwerke, die aber unter einer gemeinsamen Bergverwaltung standen, zu modernisieren. Damit wollte er die Kosten senken und die Förderleistung steigern.
Die Erze wurden bis 1797 über mehrere Tagesschächte bis auf das Niveau des Maltermeisterturmes gefördert und von dort mit Pferdefuhrwerken zur Hütte Oker abgefahren. Der tiefste Wasserlösungsstollen mit etwa 22 Lr. Teufe unter dem Rathstiefsten Stolln war der Tiefe Julius-Fortunatus-Stolln. Der Abbau ging im Wesentlichen unterhalb der Stollensohle um. Die vorherrschende Abbaumethode war der Weitungsbau, das Abbauverfahren das Feuersetzen. Immer wieder gingen Weitungen zu Bruch, diese Brüche wurden Tretungen genannt und verursachten große Schäden an der Tagesoberfläche.[6] Das war nicht ganz so gravierend, da das Gebiet über dem alten Lager unbebaut war, jedoch wurden immer wieder die Schächte in Mitleidenschaft gezogen.
Am Herzberger Teich war ein übertägiges Kehrrad aufgestellt, das durch ein Feldgestänge dem Neuen Treibschacht, dem Serenissimorum tiefsten Schacht und dem Kanekuhler Treibschacht als Fördermaschine diente.[1][6] Dieses System hieß Kanekuhler Treibkunst .[7] Die Wasserhaltung bestand aus drei Kunsträdern, dem oberen, mittleren und unteren Kunstrad, die nacheinander die Fallhöhe zwischen dem oberen Wasserlauf und dem Rathstiefsten Stolln ausnutzten. Sie trieben je ein Kunstgezeug an. Die Kunstgezeuge waren im Alten Kunstschacht (oder Bulgenschacht) und dem Neuen Kunstschacht eingehängt.[8][1]
Röders Plan
Röder wollte den Abbau planmäßig neu organisieren. Dazu gehörte, die Abbaumethode auf den Versatzbau umzustellen, um das Zusammengehen der Tretungen zu vermeiden und so stehengelassene Erzfesten[9] gewinnen zu können. Weiterhin ließ er neue Sohlen ausrichten, von denen aus das alte Lager systematisch in Angriff genommen wurde. Die wichtigste dieser Sohlen war die Tagesförderstrecke, die im Bereich der heutigen Tagesanlagen ihr Mundloch hat – bis dahin befanden sich alle Tagesanlagen auf dem Maltermeisterplateau, daher verlegte Röder, um die 80 m Förderhöhe einsparen zu können, die Tagesanlagen ins Tal. Als neue Hauptförderschächte bestimmte Röder den Kanekuhler Schacht, der die Erztonnen nunmehr nur noch bis zum Niveau der Tagesförderstrecke zu heben hatte, und den neu zu teufenden Neuen Serenissimorum tiefsten Treib- und Kunstschacht – einen Blindschacht, der vom Niveau des Oberen Wasserlaufes (dem heutigen Röderstolln) bis zur 7. Sohle abgeteuft wurde. Der nunmehr nicht mehr zur Förderung benötigte Serenissimorum Tiefste Treibschacht (der Tagesschacht) wurde weiterhin für die Wetterführung genutzt und nunmehr Serenissimorum Wetterschacht bzw. Deutscher Wetterschacht genannt. In späteren Jahren wurde der Blindschacht dann nur noch Serenissimorum Tiefster Schacht genannt.[1]
Um die Weitungen versetzen können, war eine große Menge an Versatzmaterial notwendig. Um dieses zu gewinnen, ließ Röder oberhalb des Maltermeisterplateaus den Kommunionsteinbruch anlegen. Die gebrochenen Steine wurden über einen übertägigen Bremsberg auf das Maltermeisterplateau und von dort durch den Bergeschacht unter Ausnutzung der Schwerkraft in die Grube gefördert.
Die umfangreichste Reform war aber die der Wasserhaltung. Die Fallhöhe bis zum Julius-Fortunatus-Stollen stand nicht zur Verfügung, da das Aufschlagwasser Anliegern der Abzucht zustand. Wasser, das dem Herzberger Teich entnommen wurde, musste der Abzucht oberhalb dieser Nutzungsberechtigten wieder zugeführt werden. Dadurch konnte Röder das energetische Potential zwischen Herzberger Teich und Julius-Fortunatus-Stollen nicht voll ausnutzen, sondern war gezwungen, dieselbe geringe Fallhöhe zu nutzen, die auch die alte Wasserkunst seit jeher eingeengt hatte. Die drei alten Kunsträder konnten nicht parallel betrieben werden – das Aufschlagwasser konnte, nachdem es das obere Kunstrad angetrieben hatte, entweder das mittlere oder aber das untere Kunstrad beaufschlagen.[1] Außerdem waren die alten Radstuben im Hangenden des alten Lagers angelegt worden, wodurch sie ständig unter hohem Gebirgsdruck standen und laufend umgebaut werden mussten; die untere Radstube war schließlich kaum noch zu halten.[1]
Röder ersetzte dieses System durch nur zwei Kunsträder mit einer höheren Gesamtleistung, deren Radstuben er ebenso wie die Radstuben der beiden Kehrräder für die Förderung im Kanekuhler und Serenissimorum Tiefsten Schacht im Liegenden des Lagers anlegen ließ. Dadurch war eine lange Standzeit dieser Grubenbaue (bis in die heutige Zeit) gewährleistet, auch wenn die Auffahrungskosten etwas höher lagen. Die Förderschächte selbst aber führten direkt ins Erzlager und hatten etwa 60–80 Meter horizontalen Abstand zu den Radstuben. Diese Distanz wurde mit Seilstrecken überbrückt, über dem Schacht selbst befanden sich nur die beiden Seilscheiben. In den Seilstrecken verlief auch das Schützengestänge, der Schützer selbst stand an der Hängebank und schützte von dort aus das Kehrrad an und ab. Die beiden Kunstgezeuge der Kunsträder waren ebenfalls im Serenissimorum tiefsten Schacht eingehängt.[1]
Diese weitreichenden Reformen hatten bis 1905 Bestand, als eine neue, elektrisch betriebene Wasserhaltung eingebaut wurde. Die Förderleistung stieg zunächst auf etwa 15.000 Jahrestonnen. Als 1859 mit dem Schürfer Suchort endlich das schon lang erhoffte Neue Lager gefunden wurde, stieg die Jahresförderung auf bis zu 60.000 t an. Zwar hatte der Kanekuhler Schacht 1875 eine Dampffördermaschine erhalten, diese wurde jedoch ob der hohen Kosten zunächst nur dann betrieben, wenn nicht genügend Aufschlagwasser für die Kehrräder zur Verfügung stand.[6] Vermutlich übernahm die Dampfförderung des Kanekuhler Schachtes nach und nach einen steigenden Anteil der Förderung.[1]
Ehrungen
In Goslar wurde die kurze (nur zwei Häuser) Roederstraße nach ihm benannt.[3]
Literatur
- Emil Kraume: Tausend Jahre Rammelsberg. Preussag, Goslar 1968.
Weblinks
- Friedrich Balck, Thilo Ziegler: Rekonstruktion eines Wasserrades. Aufwältigung und Rekonstruktion eines Wasserrades im Rammelsberg. Technische Universität Clausthal, 2002, abgerufen am 17. November 2015.
Einzelnachweise
- Der Röderstollen. (PDF, 2,9MB) Denkmalpflege und Besucherführungen in der Zeit vor der Museumsgründung. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Jahresgabe 2010/2011 für die Fördervereinsmitglieder. Förderverein Rammelsberger Bergbaumuseum Goslar/Harz e.V, S. 4–6, archiviert vom Original am 24. September 2015; abgerufen am 29. Oktober 2013. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Hans-Georg Dettmer: Zum 200. Todestag von Oberbergmeister Roeder. 21. Juni 2013, abgerufen am 31. Oktober 2013.
- Roederstraße. (PDF, 690kB) In: Straßenverzeichnis der Stadt Goslar. Stadt Goslar, 24. Mai 2012, abgerufen am 31. Oktober 2013 (Mit Originalzeichnung Röders).
- Planung einer Wasserkunstanlage zum Iberg 1765. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Der letzte Förderwagen berichtet. Förderverein Bergbau- und Heimatmuseum Bad Grund e.V., März 2008, archiviert vom Original am 9. April 2014; abgerufen am 31. Oktober 2013. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Stefan Dützer: Auf stählernen Wegen. Eisenbahnen am Rammelsberg. Hrsg.: Weltkulturerbe Rammelsberg. Goslarsche Zeitung, Goslar 2008, ISBN 978-3-9809704-5-7, S. 17.
- Dr. Christoph Bartels: Das Erzbergwerk Rammelsberg. Hrsg.: Preussag AG Metall. Preussag-AG Metall, Goslar 1988, S. 24–30.
- Am Neuen Treibschacht. Stiftung Weltkulturerbe Rammelsberg, abgerufen am 10. November 2013.
- Karl Kaufhold, Hans-Jürgen Gerhard: Struktur und Dimension. Festschrift für Karl Heinrich Kaufhold zum 65. Geburtstag. Band 1. Franz Steiner, 1997 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Wilfried Ließmann: Historischer Bergbau im Harz. 2. Auflage. Springer, Berlin 1997, ISBN 3-540-62930-0, S. 111–125.