Johan Lorentz der Ältere

Johan Lorentz d​er Ältere (* u​m 1580 i​n Grimma; begraben 18. Juni 1650 i​m Dom z​u Helsingør) w​ar ein deutscher Orgelbauer, d​er in Dänemark wirkte.

Leben und Werk

Lorentz erhielt s​eine Ausbildung b​ei Nikolaus Maaß i​n Stralsund. Als dieser 1602 n​ach Kopenhagen zog, g​ing auch s​ein Schüler mit. Bereits z​wei Jahre später wurden Lorentz u​nd sein Bruder Balthasar n​ach Flensburg gesandt, u​m an d​er dortigen Orgel d​er St. Nikolaus-Kirche z​u arbeiten. Zwischen 1604 u​nd 1609 wirkten Johan u​nd Balthasar Lorentz a​ls Maaß’ Gesellen.[1]

1609 ließ Johan Lorentz s​ich in Flensburg nieder u​nd erhielt e​in Jahr später a​uch das Privileg, Orgeln z​u bauen. Da s​ein ehemaliger Lehrherr Nicolaus Maaß bereits 1615 starb, w​urde Lorentz v​on König Christian IV. v​on Dänemark gebeten, Maaß’ Arbeiten i​n der Kapelle a​uf Schloss Frederiksborg z​u vollenden. Lorentz übernahm a​ls Meistergeselle v​on Maaß dessen Amt a​ls Hoforgelbauer u​nd vollendete d​en Orgelneubau a​uf Rechnung d​er Witwe v​on Maaß.[2] Er siedelte deshalb n​ach Kopenhagen über u​nd betrieb s​eine Werkstatt dort. Lorentz s​tand über Jahrzehnte m​it der Familie v​on Dieterich Buxtehude i​n Kontakt.

Nach seinem Tod i​m Jahr 1650 führte s​ein Meistergeselle Gregor Mülisch d​ie begonnenen Arbeiten i​m Dom z​u Roskilde b​is 1655 z​u Ende. Johan Lorentz’ Sohn gleichen Namens w​urde als Komponist bekannt.

Werkliste

JahrOrtKircheBildManualeRegisterAnmerkungen
1619 Kristianstad (heute Schweden) Dreifaltigkeitskirche
1630 organ case with original pipes
II/P 28 Neubau, der der Orgel in Frederiksborg völlig gleichen sollte[3][4]
1621/1624 Kopenhagen Dom, Frauenkirche (Vor Frue Kirke) Verbesserung oder Renovierung der alten Orgel. Lorentz wird für diese Arbeit vermutet[5]
1624 Kopenhagen Königlicher Hof Ein kleines Clavichord, das von den Söhnen Königs Christian IV., Frederik und Ulrik, gebraucht werden sollte[6]
1624–1625 Helsingør Sct. Olai Kirke, Dom zu Helsingør Renovierung und „Verbesserung“ der Orgel (1570) von Hans Brebos (Kopenhagen)[7]
1625–1626 Odense St. Knud Dom II/P 22 Umsetzung, Aufstellung, Renovierung und Umbau eines gebrauchten Instruments aus Kopenhagen, einem Neubau gleichkommend; unter Wiederverwendung von Pfeifen 1756 durch eine neue Orgel von Amdi Worm (Engum) ersetzt; nicht erhalten (1862 durch eine neue Orgel von Marcussen ersetzt)[8][9]
1627 Sorø Kloster Sorø, Klosterkirche Völlige Erneuerung einer älteren Orgel (1567 oder älter), vermutlich durch Lorentz. Das Rückpositiv-Gehäuse von 1628 ist im Neubau von 1773–74 erhalten[10][11]
1631–1632 Kopenhagen Königliches Schloss Rosenborg „Instrumente“:[12] besaitete Tasteninstrumente: Spinett, Virginal
1634 Nykøbing Falster Schloss Nykøbing Ein Kontrakt über eine Orgel für den Kronprinzen Christian wurde 1634 abgeschlossen. Über das Instrument ist nichts weiter bekannt.[13]
um 1635 (verm.) Kopenhagen Sankt Nicolai Kirke (heute Kunsthallen Nikolaj) III/P 40 Neubau einer Orgel; nicht erhalten. Registerzahl: Hauptwerk 12, Brustwerk 8, Rückpositiv 12, Pedal 8[14]
1635 Odense Sankt Hans Kirke II/P 16 (1719); 15 (1826) Johan Lorentz kann als Erbauer der Orgel vermutet werden. 1841 übernahm P. U. F. Demant ältere Teile (Pfeifen, Windlade u. a.) in einem Neubau in neugotischem Gehäuse. 1905 gingen die Reste der alten Orgel in einem Neubau von Emil Nielsen (Århus) unter.[15]
1635–1636 (vor 1638)[16] Helsingør Marienkirche
II/P 24 Mehrfach umgebaut u. a. 1662 u. 1663 von Hans Christoph Fritzsche in der Zeit als Dieterich Buxtehude dort als Organist tätig war; Gehäuse und 27 Prospektpfeifen in einem rekonstruktiven Neubau (1997) von Marcussen & Søn erhalten.[17][18]
1636 Kopenhagen Königliches Schloss Christiansborg, Schlosskirche I 6 (ca.) Neubau einer kleinen Orgel für 300 dän. Reichstaler; 1726 an die Kirche Fredensborg abgegeben, dort wohl erweitert (1832: 10 Register); nicht erhalten[19]
1636–1639[20] Helsingør Schloss Kronborg, Schlosskirche Die Lorentz-Orgel ersetzte den Neubau einer wohl kleinen Orgel (1582) von Hans Brebos (Kopenhagen), und ihr Prospekt entstand nach einer Zeichnung, die Lorentz 1636 präsentiert wurde.[21] Er ist in der Marcussen & Reuter-Orgel (1843, rest. 2002) erhalten.[22][23]
1639 oder vorher Kopenhagen St.-Petri-Kirche (deutschsprachige Kirche) Neubau einer Orgel[24]
1640 Kopenhagen Königliches Schloss Christiansborg, Schlosskirche Neubau eines Positivs für 300 dän. Reichstaler; möglicherweise 1641 nach Glückstadt versendet; nicht erhalten[25]
1640 Kopenhagen Vor Frelsers Kirke (Erlöserkirche) Neubau eines kleinen Positivs[26]
1640–1641 Haderslev Schloss Hansborg (Haderslevhus) Die Orgel war bemalt und vergoldet und ersetzte ein älteres Werk (1588; 1608) von Hans Brebos (Kopenhagen) bzw. Nicolaus Maas[27]
1641 Helsingborg Sankt-Marien-Kirche II/P 24 Orgelneubau unter Verwendung von Teilen der wohl von Hans Brebos um 1580 gebauten Orgel; mehrfach umgebaut;[28] 1849 in der Kirche von Torrlösa, Schweden, aufgestellt; 1961/1962 durch Frobenius Orgelbyggeri restauriert und um ein Rückpositiv in zeitgenössischer Kastenbauweise ergänzt.[29]
1646 Kopenhagen Holmens Kirke Aufstellung eines wohl kleinen Instruments; nicht erhalten[30]
1648 Nakskov St.-Nikolai-Kirche Prospekt (1648) und Pfeifen aus späterer Zeit (1856, P. M. Gudme) in neuer Orgel (1968) Poul Gerhard Andersens erhalten.[31]
1650 Roskilde Dom zu Roskilde III/P 33 1554 Neubau von Hermann-Raphael-Rodensteen-Pock. 1611 Arbeiten (möglicherweise Nikolaus Maaß). Tiefgreifender Umbau 1650 begonnen von Johann Lorentz; nach dessen Tod vollendet von Gregor Mülisch und Peter Karstensen Botz (?) unter Verwendung älterer Teile; um 1691 Arbeiten der Gebrüder Botzen (?). Restaurierung 1991 Marcussen & Søn: Rekonstruktion auf Zustand von 1654/1655. Erhalten: Gehäuse (Hauptwerk 1654, Rückpositiv 1554), Rückpositiv-Windlade 1554, etliche Register von 1554, 1611, 1654 und ca. 1691.[32][33]

Literatur

  • Alfred Baumgartner: Propyläen Welt der Musik. Bearbeitete Ausgabe. Band 3, Propyläen, Berlin u. a. 1989.
  • Nils Friis: Johan Lorentz. Christian den fjerdes orgelbygger. In: Dansk Musik Tidsskrift. Band 20, Nr. 6, 1945, S. 104–108.
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Maarten Albert Vente: Die Brabanter Orgel. Zur Geschichte der Orgelkunst in Belgien und Holland im Zeitalter der Gotik und der Renaissance. H. J. Paris, Amsterdam 1963.

Einzelnachweise

  1. Fock: Arp Schnitger und seine Schule. 1974, S. 164.
  2. Vente: Die Brabanter Orgel. 1963, S. 108.
  3. Trefaldighetskyrkan, abgerufen am 21. Juli 2016.
  4. Vente: Die Brabanter Orgel. 1963, S. 109.
  5. Victor Hermansen, Aage Roussell, Jan Steenberg: København (= Danmarks kirker. I, Band 1). G. E. C. Gad, København 1958, S. 45–46, 223 (Als Erscheinungsjahr wird 1945–1958 angegeben). Die Orgel hatte bereits ein hohes Alter: 1488 wurde ein Organist erwähnt, 1537 Orgelspiel. Die Orgel wurde wiederholt instand gesetzt, zuletzt 1618 für 465 dän. Reichstaler. Ein unbekannter Orgelbauer baute 1690 eine neue Orgel, die mit der Kirche beim Brand 1728 zerstört wurde.
  6. Friis 1945.
  7. Erik Moltke, Elna Møller: Frederiksborgs Amt (= Danmarks kirker. II, Band 1). G. E. C. Gad, København 1964, S. 200–206. Auf der Lorentz-Orgel war die Jahreszahl 1625 angebracht. Die Empore war mit sechzehn Gemälden geziert, die die sieben freien Künste und die neun olympischen Musen abbildeten. 1649 begann Lorentz eine Reparatur der Orgel, die er wegen seines Todes nicht abschließen konnte: Sein Meistergeselle Gregor Mülisch vollendete die Arbeit 1650. Die Orgel wurde 1726 von Lambert Daniel Kastens an das Westende der Kirche umgesetzt. 1738–1740 wird die reiche bildliche und malerische Ausschmückung der Orgel ausführlich beschrieben. 1854 wurde sie als abgängig bezeichnet und 1865 durch einen Neubau von Marcussen (Apenrade) ersetzt.
  8. Friis 1945. Friis gibt für Lorentz' Arbeit die Jahreszahl 1624–1625 an.
  9. Birgitte Bøggild Johannsen u. Hugo Johannsen: Odense Amt (= Danmarks kirker. IX, Band 2). Nationalmuseet, København 1995, S. 604–605.
  10. Victor Hermansen, Poul Nørlund: Sorø Amt (= Danmarks kirker. V, Band 1). G. E. C. Gad, København 1936, S. 76–77.
  11. Victor Hermansen, Poul Nørlund: Sorø Amt (= Danmarks kirker. V, Band 2). G. E. C. Gad, København 1938, S. 1181. Berichtigung bez. des Orgelbaus 1773–1774
  12. Friis 1945.
  13. Friis 1945.
  14. Victor Hermansen, Aage Roussell, Jan Steenberg: København (= Danmarks kirker. I, Band 1). G. E. C. Gad, København 1958, S. 45–46, 223 (Als Erscheinungsjahr wird 1945–1958 angegeben). 1628 stürzte der Turm ein und zerschlug wohl eine ältere Orgel. Der Orgelbauer Hans-Christoph Fritzsche (Frietzsch) erwähnte 1655, dass die Nicolai-Orgel von Lorentz erbaut worden sei. Möglicherweise war dies der Fall, nachdem der Chor der Kirche Anfang der 1630er neu erbaut worden war. Lorentz' gleichnamiger Sohn (der Jüngere) trat in dieser Kirche 1634 oder 1635 seinen Organistendienst an, den er bis zu seinem Tod 1689 ausübte. 1707 wurde die Orgel um fünf Register erweitert, 1795 aber mit der Kirche zerstört.
  15. Birgitte Bøggild Johannsen, Hugo Johannsen und Karin Kryger: Odense Amt (= Danmarks kirker. IX, Band 3). G. E. C. Gad, København 2001, S. 1394–1396 (Als Erscheinungsjahr wird 1998–2001 angegeben).
  16. Erik Moltke og Elna Møller: Frederiksborg Amt (= Danmarks kirker. II, Band 1). G. E. C. Gad, København 1975, S. 422. Der Kontrakt wurde 1635 geschlossen. Lorentz erhielt die letzte Zahlung 1636. Die Orgel muss in jedem Fall vor 1638 gebaut worden sein.
  17. Sankt Mariæ Kirke, Hovedorgel: „Hovedorgel: Marcussen & Søn 1997; ældre facade og 27 facadepiber i rygpositivet (Joh. Lorentz ca. 1641 og Hans Christoph Frietzsche 1663) genanvendt; 30 stemmer. *).“, abgerufen am 21. Juli 2016.
  18. Sct. Mariæ Kirke · Elsinore, abgerufen am 21. Juli 2016.
  19. Birgitte Bøggild Johannsen: København (= Danmarks kirker. I, Band 5). G. E. C. Gad, København 1984, S. 28, 49 (Als Erscheinungsjahr wird 1983–1984 angegeben).
  20. Marie Louise Jørgensen und Hugo Johannsen: Frederiksborg Amt (= Danmarks kirker. II, Band 4). G. E. C. Gad, København 1975, S. 2802. Lorentz erhielt die letzte Zahlung im Juli 1639. Ob die Orgel auch in diesem Jahr fertiggestellt wurde oder schon eher, ist nicht sicher.
  21. Erik Moltke u. Elna Møller: Frederiksborg Amt (= Danmarks kirker. II, Band 1). G. E. C. Gad, København 1964, S. 628–629. Die Brebos-Orgel wurde im Zuge des Neubaus durch Lorentz der St. Petri Kirke in Kopenhagen geschenkt und vermutlich dort von Lorentz aufgestellt.
  22. Firmenwebseite Marcussen & Søn „Kronborg Palace Chapel/Kronborg Slotskirke · Helsingør“, abgerufen am 21. Juli 2016.
  23. „Kronborg Slotskirkes orgel: Marcussen & Reuter 1843; ældre facade og orgelhus (Joh. Lorentz 1636) genanvendt; restaureret 1982 af Th. Frobenius & Sønner; restaureret 2002 af Marcussen & Søn; 20 stemmer.“, abgerufen am 21. Juli 2016.
  24. Victor Hermansen, Aage Roussell, Jan Steenberg: København (= Danmarks kirker. I, Band 1)). G. E. C. Gad, København 1958, S. 267 (Als Erscheinungsjahr wird 1945–1958 angegeben). Die Orgel wurde 1672 um einige Register erweitert. Vermutlich mit der Kirche beim Brand 1728 zerstört.
  25. Birgitte Bøggild Johannsen: København (= Danmarks kirker. I, Band 5). G. E. C. Gad, København 1984, S. 28, 49 (Als Erscheinungsjahr wird 1983–1984–1958 angegeben). Zusätzlich zu dem 1636 gebauten kleinen Instrument.
  26. Jan Steenberg: København (= Danmarks kirker. I, Band 2)). G. E. C. Gad, København 1965, S. 482 (Als Erscheinungsjahr wird 1960–1965 angegeben). Das Positiv wurde letztmals 1685 genannt und zwar in einem Inventar und bei einer Reparatur im selben Jahr.
  27. Erik Moltke, Elna Møller u. Vibeke Michelsen: Haderslev Amt (= Danmarks kirker. XX, Band 1, Teilbd. 1). G. E. C. Gad, København 1954, S. 238.
    Erik Moltke, Elna Møller u. Vibeke Michelsen: Tilføjelser og rettelser. Kunsthistorisk oversigt. Registre (= Danmarks kirker. XXIII, Band 5). G. E. C. Gad, København 1963, S. 2615.
    1579 gab es einen Organisten. Eine Vorgängerorgel wurde 1587 noch vom „königlichen Orgelmacher“ (Hans Brebos, Kopenhagen) instand gesetzt. Die neue Brebos-Orgel von 1588 wurde 1608 von Nicolaus „orgelbygger“ (vermutlich Nicolaus Maas, Stralsund) völlig renoviert und um neue Register erweitert.
  28. Orgel in Torrlösa, abgerufen am 30. November 2013.
  29. Torrlösa kyrka, abgerufen am 21. Juli 2016.
  30. Jan Steenberg: København (= Danmarks kirker. I, Band 2). G. E. C. Gad, København 1965, S. 109 u. 111 (Als Erscheinungsjahr wird 1960–1965 angegeben). Der Sohn Lorentz', Johan Lorentz der Jüngere, erhielt 1646 vom König die Erlaubnis, eine Orgel in der Holmens Kirche aufzustellen. Da nur sein Vater als Orgelbauer bekannt ist, dürfte die Arbeit von diesem ausgeführt worden sein. Die Orgel wurde 1738 durch ein Instrument von Lambert Daniel Kastens ersetzt.
  31. Nakskov Kirke (Sankt Nicolai Kirke):„Hovedorgel: Poul-Gerhard Andersen 1968; ældre facade (Johan Lorentz 1648) og piber (P.M. Gudme 1856) genanvendt; 31 stemmer.“ Abgerufen am 21. Juli 2016.
  32. Orgel in Roskilde, Abgerufen am 30. November 2013.
  33. Roskilde Domkirkes hovedorgel: „Marcussen & Søn 1991; ældre facade (1654, rygpositiv 1554), rygpositivvindlade (1654?) og piber (Hermann Raphaëlis Rottenstein-Pock 1554, Nicolaus Maas (?) 1611, Gregor Mülisch og Peter Karstensen Botz (?) 1654 samt Brødrene Botzen (?) ca. 1691) genanvendt; 33 stemmer. *)“, abgerufen am 21. Juli 2016.
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