Jervisit
Jervisit ist ein sehr seltenes Mineral der Mineralklasse der Silikate und Germanate. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung NaSc3+[Si2O6][1] und ist damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Natrium-Scandium-Silikat. Strukturell gehört Jervisit zu den Ketten- und Bandsilikaten.
Jervisit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | NaSc3+[Si2O6][1] bzw. (Na,Ca,Fe2+)(Sc,Mg,Fe2+)[Si2O6][2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.DA.25 (8. Auflage: VIII/F.01) 65.01.3c.06 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | Monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | C2/c (Nr. 15) |
Gitterparameter | a = 9,853 Å; b = 9,042 Å; c = 5,312 Å β = 106,17°[2] |
Formeleinheiten | Z = 4[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 6[3] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,22[4]; berechnet: 3,272[4] bis 3,31[2] |
Spaltbarkeit | Vollkommen nach {110} |
Farbe | Hellgrün |
Strichfarbe | weiß[3] |
Transparenz | durchscheinend bis undurchsichtig |
Glanz | Glasglanz[2] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,683[3] nβ = 1,715[3] nγ = 1,724[3] |
Doppelbrechung | δ = 0,041[3] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ[3] |
Jervisit bildet kleine Splitter mit einer Größe von unter einem Millimeter auf länglichen Kristallen.[2]
Mit einer Mohshärte von 6 gehört der Jervisit zu den mittelharten Mineralen.
Etymologie und Geschichte
Das Mineral wurde 1982 von M. Mellini, S. Merlino, R. Renaldi und P. Orlandi zum ersten Mal beschrieben. Sie benannten das Mineral Jervisit nach William P. Jervis. William P. Jervis war Konservator des Museo Industriale Italieno di Torino und Autor eines Buches über italienische Minerale.[5]
In der Erstbeschreibung beschrieben Mellini, Merlino, Renaldi und Orlandi Jervisit mit der chemischen Zusammensetzung (Na0,43Ca0,31Fe2+0,14) (Sc0,66Fe2+0,15Mg0,19)Si2O6. Zudem gaben sie an, Jervisit sei das natürliche Analogon zu NaScSi2O6.[5]
Bis heute existieren zwei Schreibweisen der chemischen Formel: Die International Mineralogical Association (IMA) gibt in ihrer Liste der Mineralen die Formel NaSc3+Si2O6 an,[1] das Handbook of Mineralogy der Mineralogical Society of America gibt dagegen (Na,Ca,Fe2+)(Sc,Mg,Fe2+)Si2O6 an.[2]
2006 erschien von Merlino und Orlandi eine neue Veröffentlichung im Periodico di Mineralogia. Darin beschrieben sie weitere Fundorte und korrigierten chemische und kristallographische Daten.
Jervisit ist eines von nur rund 14 bekannten Sc-Mineralen und mit Davisit das zweite aus der Pyroxengruppe.[6]
Klassifikation
Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Jervisit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er zur großen sogenannten Pyroxengruppe gehört. Dabei gehört er in die Untergruppe der Klinopyroxene (Systemnummer VIII/F.01), zusammen mit Aegirin, Augit, Diopsid, Esseneit, Hedenbergit, Jadeit, Johannsenit, Kanoit, Klinoenstatit, Klinoferrosilit, Kosmochlor, Namansilit, Natalyit, Omphacit, Petedunnit, Pigeonit und Spodumen.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ordnet den Jervisit ebenfalls in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Länge und Form der Silikatketten, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; Pyroxen-Familie“ zu finden ist, wo er Aegirin, Jadeit, Kosmochlor, Namansilit und Natalyit die Na-Klinopyroxene oder Jadeitgruppe bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Jervisit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Kettensilikatminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Jadeit, Aegirin, Namansilit, Kosmochlor und Natalyit in der Gruppe der „C2/c Klinopyroxene (Na-Klinopyroxene)“ mit der Systemnummer 65.01.03c innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ zu finden.
Kristallstruktur
Jervisit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15) mit den Gitterparametern a = 9,853 Å; b = 9,042 Å, c = 5,312 Å und β = 5,312 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Bildung und Fundorte
Von Jervisit sind sechs Fundstellen bekannt.[7]
Die Typlokalität sowie vier weitere Fundstellen befinden sich in Provinz Verbano-Cusio-Ossola im Norden von Italien. In der Umgebung von Baveno wurde in Feriolo im Ratti-Steinbruch und Oltrefiume im Locatelli-Steinbruch sowie in der Seula-Mine Jervisit gefunden. Bei Omegna in Agrano wurde das Mineral sowohl im Agrano-Granit-Steinbruch als auch Giacomini-Steinbruch gefunden. Letzteres ist die Typlokalität.[7]
Einen Fundort des Minerals gibt es auch in Kanada. Dort wurde es in der Provinz Ontario in Thunder Bay District bei Walsh Township gefunden.[7]
Siehe auch
Literatur
- Stefano Merlino, Paolo Orlandi: Jervisite, NaScSi2O6: a new occurrence, chemical data and crystal structure. In: PERIODICO di MINERALOGIA. Band 75, 2006, S. 189–194 (PDF).
Weblinks
- Webmineral – Jervisite (englisch)
Einzelnachweise
- IMA/CNMNC List of Minerals; May 2015 (PDF 1,6 MB; S. 52).
- Jervisite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy. Mineralogical Society of America, 2001 (PDF).
- Mindat - Jervisite (englisch).
- Mineralienatlas:Jervisit
- M. Mellini, S. Merlino, P. Orlandi, R. Renaldi: Cascandite and jervisite, two new scandium silicates from Baveno, Italy. In: American Mineralogist. Band 67, 1982, S. 599–603 (PDF).
- Webmineral - Mineral Species containing Scandium.
- Fundortliste für Jervisit beim Mineralienatlas und bei Mindat.